SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 114:Hitze auf der Intensivstation

Lesezeit: 2 min

Links Bahnenschwimmen, rechts Sprünge in die Tiefe, und ganz hinten im Nichtschwimmerbecken vergnügt man sich auf der Wellenrutsche. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eigentlich sorgt eine Lüftungsanlage für angenehme Temperaturen auf der Station von Pola Gülberg - allerdings nicht, wenn sie kaputt ist. Bei der Pflegerin sorgt das für einen Blick in die Zukunft: Wie soll das werden, wenn es immer häufiger so heiß sein wird?

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Wenn draußen Temperaturen herrschen von jenseits der 30 Grad, wie es in den vergangenen Tagen teilweise der Fall war, dann kommt das Betreten unserer Intensivstation einem Sprung ins Freibad gleich: "Ahhhh, ist das schön kühl hier!" Beinahe zumindest. Als ich neulich meinen Nachtdienst angetreten habe, war das jedoch nicht so. Es dauerte nicht lange und mir kam der Schweiß aus allen Poren geschossen. Zunächst habe ich es noch darauf geschoben, dass ich meinen Kaffee einfach zu schnell getrunken hatte. Aber schnell wurde mir klar: Nein, da muss etwas anderes im Argen liegen. Tat es auch: ein Defekt an der Lüftungsanlage.

In jener Schicht hatten wir auch zwei Isolationspatienten. Die Zimmer sind kleiner als unsere Zwei-Bett-Zimmer, die Türen immer geschlossen - und die ganzen Maschinen wie Dialyse, Beatmung und Monitor sorgen für zusätzliche Wärme. Wenn meine Kollegin, die die Patienten versorgte, zu ihnen ins Zimmer ist, musste sie jedes Mal in einen Einmalkittel schlüpfen, inklusive Maske, Schutzbrille und OP-Haube. Kurz: Ich habe sie nicht beneidet.

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Stattdessen habe ich mir wie einige andere aus unserem Team die Hosenbeine des Kasacks aufgekrempelt. Das klingt nach nicht viel, aber es hilft. Und ich habe unglaublich viel Wasser getrunken. Am Ende meiner Schicht waren es zwei Liter, doppelt so viel, wie ich sonst während der Arbeit trinke.

Auch meinen zwei Patienten habe ich angemerkt, dass ihnen warm ist. Sie waren schwitzig, obwohl beide kein Fieber hatten - das habe ich überprüft. Also war es wichtig, dass ich noch mehr als ohnehin auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr geachtet habe. Die Zudecken habe ich zu ihren Füßen zusammengerollt. Als es dann nachts draußen abkühlte und wir ordentlich lüften konnten, haben meine Patienten fast augenblicklich ruhiger geschlafen.

Die Situation war keinesfalls gefährlich für unsere Patienten, auch für uns Personal nicht. Die Lüftungsanlage war schnell repariert worden und lief längst wieder auf höchster Stufe, aber es dauert eben, ehe der volle Effekt wieder überall ankommt. Doch die Frage, die sich mir aufgrund dieser Erfahrung gestellt hat: Wie soll das in Zukunft werden, wenn es immer häufiger so heiß ist? Wird dann auf einer Intensivstation wie der unseren eine Lüftungsanlage überhaupt noch ausreichen?

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ich glaube nicht. Noch ist es ja so, dass es nachts abkühlt im Vergleich zu den Temperaturen tagsüber. Deshalb ist eine Vollklimatisierung nicht notwendig. Wenn ich aber beispielsweise nach Chile blicke, wo ein Teil meiner Familie lebt, dort sind alle größeren öffentlichen Gebäude vollklimatisiert, auch Krankenhäuser. Weil es gar nicht anders möglich ist. Denn selbst in den Abend- und Nachtstunden sinken die Temperaturen nicht so sehr, als dass man von einer wirklichen Abkühlung sprechen könnte.

Wenn wir über Hitze und Klimawandel sprechen und wie wir uns daran anpassen können, dann sollten wir auch verstärkt darüber diskutieren: über Maßnahmen, die unsere Patienten in den Kliniken, vor allem auf den Intensivstationen schützen werden, und wie das alles finanziert werden soll.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 39-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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