NS-Raubkunst in München:Bayern LB will Kandinsky-Gemälde zurückgeben

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"Das bunte Leben" von Wassily Kandinsky. (Foto: Florian Peljak/Bildbearbeitung SZ.de)

Die Raubkunst-Kommission hatte die Restitution an die Erbenfamilie empfohlen. Die Landesbank argumentierte in den vergangenen Jahren aber immer wieder dagegen.

Von Kia Vahland

Nun also doch: Wassily Kandinskys "Das bunte Leben" aus dem Münchner Lenbachhaus wird an die jüdische Eigentümerfamilie Lewenstein zurückgegeben. Die hatte das Werk im Krieg in Amsterdam verloren. Aktuelle Besitzerin ist die Bayerische Landesbank, die am Montag als letzte Instanz ihr Ja-Wort zu der Restitution gab. Ein Sprecher bestätigte der SZ den Schritt. Zuvor hatte die Beratende Kommission NS-Raubgut, Limbach-Kommission genannt, die Rückgabe empfohlen; auch der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags hatte sich einverstanden erklärt.

Das hätte auch anders ausgehen können. In den vergangenen Jahren brachte die Landesbank diverse Gegenargumente an, die in der Empfehlung der Kommission dokumentiert sind. Unter anderem unterstellte man, ein Familienmitglied habe das Gemälde in die NS-Auktion eingeliefert, die am 8. Oktober 1940 im besetzten Amsterdam stattfand. Die Bank machte demnach außerdem geltend, das Werk sei von überragendem ideellen Wert für München, weswegen die Leihgabe bleiben solle, wo sie ist. Beides wies die Kommission zurück. Eine "ideelle Ersitzung von Kulturgut in öffentlichen Einrichtungen" könne es angesichts des Grauens der NS-Verbrechen nicht geben.

Entscheidung mit Strahlkraft: Sich auf formaljuristische Positionen zurückziehen, gilt nun nicht mehr

Interessanterweise versuchte die Landesbank aber nie, sich darauf zu berufen, keine öffentliche Institution im Sinne eines Museums zu sein, um womöglich den Washingtoner Prinzipien nicht folgen zu müssen. Diese beinhalten die Selbstverpflichtung zur Rückgabe von im Nationalsozialismus geraubter Kunst. Das Argument wäre angesichts der Beteiligung des Freistaats Bayern an der Bank auch kaum glaubwürdig gewesen. So wird die Entscheidung nun ausstrahlen auf andere private Eigentümer, die fragwürdige Werke besitzen: Sich auf formaljuristische Positionen zurückziehen, gilt nicht mehr.

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Einst war München "Hauptstadt der Bewegung". Nach dem Krieg erfand sich die Stadt als Kulturmetropole neu. Doch wahrscheinlich ist eines der berühmtesten Kandinsky-Bilder im Lenbachhaus NS-Raubkunst. Kläger fordern nun die Rückgabe oder 80 Millionen Dollar.

Von Kia Vahland

Auf diesen Punkt zielt auch der Vertreter der Erben, James Palmer von der Agentur Mondex, wenn er sagt: Die Rückgabe sei auch deshalb so wichtig, weil sie anderen bayerischen Besitzern von geraubten Kunstwerken zeige, "wie wichtig es ist, geraubtes Eigentum zurückzugeben, unabhängig davon, ob dies gesetzlich vorgeschrieben ist." Eine Rückgabe könne den betroffenen Familien "ein Gefühl der Heilung, Gerechtigkeit und Würde" vermitteln.

Die Geschichte des Gemäldes ist eng mit der Stadt München verbunden, die sich in der Nachkriegszeit gerne an die Avantgarde-Künstler der Vorkriegszeit erinnerte - wohl auch, um von der eigenen NS-Geschichte abzulenken. So forcierte das städtische Lenbachhaus in den frühen Siebzigerjahren den Ankauf des Bildes und die Leihgabe der Landesbank, ohne sich groß für die Details der Herkunft zu interessieren.

Es ist gut, dass dies nun anders ist und Raubgut Raubgut genannt wird. Bedauerlich aber bleibt, dass Landesbank, Stadt und Museum bislang offenbar nicht einmal versucht haben, das Gemälde von den rechtmäßigen Eigentümern zurückzukaufen.

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