Religion und Tradition:Wenn die Konfession Wurst ist

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Bundespräsident Steinmeier hat in dieser Woche Franken besucht - und überraschende Dinge herausgefunden. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Frank-Walter Steinmeier darf sich seit dieser Woche als Besitzer eines Domes fühlen, obwohl er gar nicht katholisch ist. Das mit der Religion ist aber eh so eine Sache. Gedanken zum Franken-Besuch des Bundespräsidenten.

Glosse von Katja Auer

In dieser Woche hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Franken besucht und er hat natürlich in Nürnberg Bratwürste gegessen und in Bamberg Rauchbier getrunken, so verlangt es das ewige What-to-do-in-Franconia-Gesetz. Das sieht auch die Begleitung jedes Blitzlicht versprechenden Gastes durch den örtlichen Ministerpräsidenten vor, auch wenn es diesmal kein Foto gab von trauter Zweisamkeit hinter Bratwürsten auf Zinntellern wie mit Armin Laschet, das den noch eine Weile in finsteren Nächten verfolgen dürfte.

Steinmeier besuchte zudem den Bamberger Dom, noch so ein Franken-Highlight, der Erzbischof persönlich führte den Bundespräsidenten, da macht es auch nichts, dass dieser evangelisch-reformierter Christ ist. Als deutsches Staatsoberhaupt dürfe sich Steinmeier als Nachfolger von Kaiser Heinrich fühlen, der dem Dom erbauen ließ, erklärte der Erzbischof. Der Dom gehöre deshalb auch ihm.

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Das hätte - böse Unterstellung - bestimmt auch Markus Söder gerne gehört, der ja immerhin bayerisches Freistaatsoberhaupt ist und gerne öffentlich seinen Glauben demonstriert. Söder ist Protestant, reiste aber trotzdem zum Papst, hängte Kreuze auf. Der Bamberger Dom würde zweifellos gut in sein Portfolio passen, Konfession hin oder her.

Früher war man in Bayern beinahe von Haus aus katholisch, war nicht ein zugezogener Protestant in den Stammbaum geraten. In der Regel blieb man das auch, doch der Kollege K. zum Beispiel war als Jugendlicher wild entschlossen, der Kirche den Rücken zu kehren. Im Rathaus seiner kleinen Stadt überwand er mit seinem Anliegen die eindringliche Ermahnung der Sekretärin, was denn die Oma dazu sagen würde, und wurde mit dem ausgefüllten Austrittsformular ein Büro weiter geschickt. In die Stadtkasse, wo er 30 Mark und ein paar Zehnerle für den Vorgang bezahlen sollte. So viel Geld hatte er nicht bei sich, also ist Kollege K. doch nicht ausgetreten - und zwar bis heute.

Auf diese Strategie werden die Kirchen nicht setzen können, auch wenn die Wartezeiten für Austritte vielerorts so lang sind, dass es sich der eine oder die andere vielleicht noch einmal überlegt. Die Bratwürste jedenfalls, die in Franken zwar ebenfalls konfessionell geprägt sind (katholisch = fein, evangelisch = grob), werden auch künftig unabhängig von Aus- oder Eintritten verzehrt werden können. Nur nicht immer in Gesellschaft des Freistaatsoberhaupts.

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