Bayerischer Landtag:AfD provoziert mit Schlussworten vor der Weihnachtspause

Lesezeit: 3 Min.

"Sowas Verschwörungstheoretisches, Absurdes, Verquastes und Peinliches hat dieses Hohe Haus noch nie erlebt", sagte Söder nach den Schlussworten der AfD-Fraktionschefin. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Es ist der erwartete Eklat: Erstmals darf die Rechtsaußen-Partei für die Opposition die letzte Rede des Jahres halten. Wenig besinnlich fabuliert die Fraktionschefin vom "Bevölkerungszusammenbruch". Ministerpräsident Söder findet deutliche Widerworte.

Von Johann Osel

Bei den traditionellen Schlussworten vor der Weihnachtspause des Parlaments hat die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) die Abgeordneten zu Anstand und verbaler Mäßigung aufgerufen. "Ich werde nicht müde - erst recht nicht jetzt vor Weihnachten - darauf zu bestehen, dass wir bei aller Härte in der Sache anständig bleiben. Dass wir den Stil unter Demokraten wahren und die Würde des Hauses", sagte Aigner bei der letzten Sitzung des Landtags vor den Ferien. Volksverhetzung sei "nicht salonfähig, nicht akzeptabel". Man habe erst lernen müssen, dass "demokratisch gewählt zu sein und Demokrat zu sein, nicht immer dasselbe" sei.

Zwar sprach Aigner in ihrer Rede auch vom "durchaus hitzigen Wahlkampf", den der Freistaat Bayern erlebt habe. Und schon in ihrer Rede zur Eröffnung des Parlaments Ende Oktober hatte sie gemahnt, die Landespolitik müsse wieder raus aus dem Bierzelt-Modus. Doch unverkennbar ist diese Passage in der Weihnachtsansprache eine Spitze gegen die AfD, die erstarkt aus der Landtagswahl im Oktober hervorgegangen war und die vom Verfassungsschutz als gesamter Landesverband beobachtet wird - um aufzuklären, in welche Richtung sich die Partei bewegt und welchen Einfluss extremistische Strömungen innerhalb der AfD haben.

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Wie bereits in den vergangenen fünf Jahren war die AfD-Fraktion mit Skandalen in die neue Wahlperiode gestartet. Da wäre etwa der Trubel um den 22-jährigen AfD-Abgeordneten Daniel Halemba, gegen den die Staatsanwaltschaft Würzburg wegen mutmaßlicher rechtsextremer Umtriebe ermittelt und gegen den mittlerweile sogar der AfD-Bundesvorstand einen Parteiausschluss verhängen will. Dies wurde ebenfalls am Dienstag bekannt. Auch verbale Entgleisungen hat es binnen weniger Wochen in dieser Wahlperiode schon gegeben, ein AfD-Redner sprach im November anlässlich einer Änderung der Geschäftsordnung zu Ungunsten seiner Partei von einem "kleinen Ermächtigungsgesetz".

Als stärkste Oppositionskraft - mit 14,6 Prozent bei der Wahl knapp vor den Grünen - darf die AfD bei zeremoniellen Anlässen wie den Schlussworten, wo es oft um den Wert der Demokratie geht, das Wort ergreifen; es ist bei diesem Format überhaupt nur ein Redebeitrag der Opposition vorgesehen, nämlich jener der stärksten Kraft. AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner hatte somit am Dienstag eine Premiere zu bestreiten. Und sie nutzte die Bühne genau für den Eklat, den man allgemein erwartet hatte.

"Bevölkerungszusammenbruch": AfD-Fraktionschefin Ebner-Steiner bei ihrem Schlusswort im Parlament. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Statt besinnlicher oder staatstragender Worte sprach sie vom "Bevölkerungszusammenbruch", es seien die "Zeichen des Niedergangs überall sichtbar". Während sich die Menschen mit "Woke-sein" und "Klimareligion" beschäftigten, werde das Land "von Sozialforderern überrannt". Und es finde eine "obszöne Unterwerfung" gegenüber Migranten und dem Islam statt. Immerhin etwas trug die AfD-Frau zum eigentlichen Anlass bei: Die Weihnachtsgeschichte sieht Ebner-Steiner als "Selbstbehauptung einer vom Untergang bedrohten Kultur". Man müsse "mit Liebe und Stolz" wieder zu sich selbst zurückfinden, zur christlich-deutschen Kultur.

"Was für Drogen nehmen Sie?"

Aigner verwies danach auf die gute Tradition, versöhnliche Worte zum Jahresabschluss zu finden - ein sehr elegant formulierter Rüffel. Viele Abgeordnete im Saal nahmen Ebner-Steiners Rede mit Fassungslosigkeit hin, manche verließen den Saal. Ein Zwischenruf aus den Reihen der Grünen: "Was für Drogen nehmen Sie?" Ministerpräsident Markus Söder (CSU), gleich nach der AfD-Fraktionschefin an der Reihe, sagte, er sitze seit 1994 im Landtag und habe großartige, fordernde Schlussworte der Opposition gehört. "Sowas Verschwörungstheoretisches, Absurdes, Verquastes und Peinliches hat dieses Hohe Haus noch nie erlebt."

Söder versäumte es in seiner Rede nicht, demonstrativ zu erwähnen, dass nach der Wahl binnen vier Wochen "ohne Nebengeräusche" eine Staatsregierung gebildet wurde - "in schweren Zeiten, wo Demokratie oft nicht mehr zu Lösungen kommt". Anlass zu Angst gebe es indes nicht. Politik sei nicht dazu da, Probleme zu beschreiben, sondern sie anzupacken, das Land zusammenzuhalten. Dazu brauche man "nicht Weltuntergangsprophetie von Rechtsaußen" - Söder blickte zur AfD - und auch nicht - Blick zu den Grünen - den Anspruch, "die Menschen zu erziehen". Es gebe kaum ein Land der Welt, in dem es sich schöner lebe als in Deutschland, und am schönsten in Bayern. Man brauche dafür "Kraft, das richtige Kreuz" und "den Mut, die Themen anzugehen".

Söder warnte zudem davor, die Ukraine im Stich zu lassen, sie verteidige auch Europa. Und er beschwor das Selbstverteidigungsrecht Israels. Deshalb sei auch seine Reise nach Jerusalem und Tel Aviv von diesem Mittwoch an bewusst gewählt.

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Landtagspräsidentin Aigner erinnerte zuvor in ihrer Ansprache ebenfalls an die schwierigen politischen Umstände im Land. "Fest steht: Unsere Zwanzigerjahre sind bislang überhaupt nicht golden. Und für viele ist es einfach nur noch zu viel." Früher seien Schlussworte oft launig gewesen, dies passe nun nicht so recht. Politik müsse "gerne mutig und visionär, aber unbedingt machbar, umsetzbar, wirksam" einen Beitrag für viele Zukunftsfragen leisten. "2024 muss ein Jahr der Ergebnisse werden."

Das Parlament geht nach dem Ende dieser Plenarwoche in die Weihnachtsferien. Nach dem Dreikönigstag werden zunächst Fachausschüsse wieder zusammenkommen, die nächste Vollsitzung des Landtags ist für den 24. Januar angesetzt.

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