Beschaffungsprobleme:Polizisten in Unterhosen werden Thema im Landtag

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Das Unterhosen-Video der Deutsche Polizeigewerkschaft in Bayern wurde zum Internet-Hit und beschäftigt nun auch den Landtag. (Foto: dpa)

Mit einem humorigen Internetvideo hat die Polizeigewerkschaft in Bayern auf den Mangel an Dienstkleidung aufmerksam gemacht. Nun fordert die SPD-Fraktion eine schnelle Lösung des Problems.

Von Johann Osel

Zwei uniformierte Polizisten in scheinbar voller Montur steigen aus dem Streifenwagen, sind dann aber nur in Unterhose bekleidet - es war ein Internet-Hit mit breitem Medienecho, den die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern mit diesem Video am 1. April geschaffen hat. Kein Aprilscherz war das, sondern ein Weckruf wegen Lieferengpässen bei der Dienstkleidung. "Aktuell sind 21 Uniformteile, wie Hosen, Jacken und Mützen, nur mit Wartezeiten von mehreren Monaten lieferbar", beklagte DPolG-Landeschef Jürgen Köhnlein und forderte "endlich schnelle Abhilfe" vom Innenministerium. Manche Kollegen verrichteten quasi in der letzten tauglichen Hose ihren Dienst - und ginge diese kaputt, wäre man ja schon bei der Pointe mit der Unterwäsche.

Nun erreicht die Causa auch den Landtag. "Muss die bayerische Polizei bald in Unterhosen auf Streife gehen?" Das ist der flott formulierte Titel einer SPD-Anfrage - der Mangel an Dienstkleidung müsse behoben werden. Christiane Feichtmeier, Mitglied im Innenausschuss und Polizeihauptkommissarin a. D., hat die Anfrage zum Plenum für die Sitzung am Dienstag eingereicht.

Nach dem viel beachteten Video will sie von der Staatsregierung wissen, welche Möglichkeiten zur Beschleunigung der Beschaffung und Vergabe oder welche alternativen Bezugsmöglichkeiten in den vergangenen drei Jahren geprüft wurden - und mit welchen Ergebnissen. "Es darf nicht sein, dass unsere Polizei keine ordentliche Arbeitskleidung hat. Wir brauchen eine schnelle Lösung, und der Innenminister sollte hier ohne Scheuklappen Möglichkeiten prüfen", sagte Feichtmeier der SZ. Sie denkt dabei etwa an mögliche Bestellungen bei den österreichischen Kollegen, die offenbar eine eigene Produktion führen.

Das Innenministerium hatte nach dem DPolG-Video Lieferengpässe bei Uniformteilen als "für uns ein großes Ärgernis" bezeichnet. Landespolizeipräsident Michael Schwald hat offenbar nach seinem Amtsantritt 2022 mehrmals mit Polizeigliederungen und Personalvertretern wegen der Engpässe beraten. Bayerns Polizei bezieht Dienstkleidung über das Logistikzentrum der Polizei Niedersachsen. Probleme bestünden bereits seit Ausbruch der Corona-Krise, so das Ministerium, nun auch angesichts des Kriegs in der Ukraine; hauptsächlich "aufgrund der nachhaltig gestörten Lieferketten". Rückstände bei einzelnen Artikeln konnten zuletzt indes "abgebaut werden", man arbeite "an einer schnellstmöglichen Lösung". Die Einsatzfähigkeit der bayerischen Polizei sei weiterhin "vollständig gegeben", bei Engpässen spezieller Hosentypen wie der "Mehrzweckhose Sommer" könne man auf andere Diensthosenmodelle zurückgreifen. An diesem Mittwoch will das Ministerium auch im Innenausschuss dazu berichten.

Mittelfristig werde die Polizei in Bayern die Uniformbeschaffung wieder selbst übernehmen: In Hof entsteht ein eigenes Logistikzentrum, dessen Endausbau bis 2030 abgeschlossen sein soll. Es soll sich vom Bürostuhl bis zum Helikopter quasi um alles kümmern, was die Polizei benötigt. Mit der Beschaffung der Dienstkleidung könne man frühestens 2027 starten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte das Zentrum vergangenes Jahr eingeweiht, es sei "eine großartige Investition" für die Versorgung der Polizei und eine nachhaltige Stärkung der Region Hof. Durch die zentrale Servicestelle für Beschaffungswesen könnten "zukünftig Lieferengpässe verringert oder ganz verhindert werden", Verfahren effektiver und effizienter werden. In Polizeikreisen wird gleichwohl gemunkelt, dass gerade das womöglich zur derzeitigen Problematik beiträgt - dass Bayern als Kunde, der mittelfristig in Niedersachsen abspringt, dort nicht mehr unbedingt als prioritärer Partner gelte.

Zehn Jahre für eine eigene Beschaffung, geht das nicht schneller?

Angekündigt hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Zentrum in Hof bereits 2020 - als Baustein der "Heimatstrategie" zur Verlagerung von Behörden in die Fläche. Zehn Jahre von der Ankündigung bis zur vollen Inbetriebnahme? SPD-Politikerin Feichtmeier fragt sich, ob man den Aufbau beschleunigen könne. Dass die Schaffung des Zentrums kompliziert ist, hatte die Staatsregierung schon in der vergangenen Wahlperiode in der Antwort auf eine Landtagsanfrage betont, damals gestellt von Sebastian Körber (FDP). Liegenschaft, IT und Prozessmanagement oder auch die Personalrekrutierung würden "wesentliche Zeitanteile beanspruchen und komplexe Abhängigkeiten entwickeln", hieß es damals - daher erfolge der Aufbau sukzessive.

Polizeigewerkschafter Köhnlein hofft im Rückblick, dass die kuriose Video-Aktion ein "Beschleuniger" war, damit sich bei den Uniformteilen etwas tue. Am 1. April habe man sich diese Zuspitzung getraut, das sei "ein Tag, wo man so etwas verzeiht". Formal lief übrigens alles ganz korrekt: Die Polizisten im Video waren Schauspieler, Wagen und Ausrüstung angemietet.

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