Mitten in Bayern:Fränkische Landeskunde

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Sind Wertheimer eigentlich Franken? Wer das nicht weiß: Napoleon ist schuld. Noch komplizierter sind die Grenzen zwischen Oberfranken und der Oberpfalz. Die erste Stufe der bayerischen Gebietsreform hat das vor 50 Jahren nicht leichter gemacht.

Glosse von Olaf Przybilla, Speichersdorf

In der losen Reihe "Franken verstehen", die sich vor allem an Interessenten im Süden des Freistaats wendet, soll hier zunächst auf einige geografische Grundbegriffe zurückgegriffen werden, die als bekannt vorausgesetzt werden. So gehören die Aschaffenburger zu den Bayern, rechnen sich zu den Franken, sprechen aber Kurmainzerisch, das sich für ungeübte Ohren wie eine Art Honoratiorenhessisch anhört. In Mainfranken trinkt man - anders als in Bierfranken - mit Vorliebe Wein, die Aschaffenburger freilich gewinnen diesen eher aus Äpfeln denn aus Trauben.

Wertheim hingegen gehört nicht zu Bayern, rechnet sich aber ebenfalls zu den Franken. Und zwar zu Tauberfranken, obwohl die Stadt auch am Main liegt. Wer sich zurechtlegt, dass sehr nördlich gelegene Regionen eines Landes von entsendeten Staatsbeamten oft mit dem Begriff "Sibirien" traktiert werden und sich noch merkt, dass Bewohner des westlichen Baden-Württembergs als Badener, östliche unbedingt als Württemberger erkannt werden wollen und daraus ableitet, die Region zwischen Mosbach und den Randausläufern Wertheims werde als "schwäbisch Sibirien" verulkt, trifft leider nur mit dem zweiten Begriffsteil ins Schwarze. In Wertheim - sehr schön übrigens - verstehen sie sich als Badener und zwar als deren fränkischen Teil.

Dies nur zu den Grundbegriffen, nun zum komplexeren Teil fränkischer Landeskunde. Wer in geografischen Franken-Fragen nicht durchblickt, darf das gerne mit dem Kampfbegriff "Napoleon" kaschieren - der ist grundsätzlich verantwortlich dafür. Leider aber nicht immer. So hat der Kaiser der Franzosen, wie aus sicherer Quelle zu erfahren ist, absolut nichts mit der ersten Stufe der vor 50 Jahren vollzogenen bayerischen Gebietsreform zu schaffen. Die wiederum machte nicht wenige Oberpfälzer zu Franken.

Helmut Raps etwa, von 1966 bis 2008 Gemeinderat in Speichersdorf. Ein bisschen, sagt er, stecke in ihm "immer noch" ein Oberpfälzer, auch wenn er als Speichersdorfer seit 1971 Oberfranke ist. Wer mit Raps spricht, glaubt trotzdem nur noch zu 49 Prozent einen Oberpfälzer, in der Mehrheit deutlich einen Franken zu hören. Anders etwa als in Wunsiedel, wo Ex-Bürgermeister Karl-Willi Beck mehrheitlich ein astreines Altbaierisch spricht. Wie übrigens viele Wunsiedler. Die aber sind von alters her Franken.

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