Mitten in Schönau:Abwasser marsch!

Lesezeit: 1 min

St. Bartholomä auf einer Halbinsel im Königssee ist ein beliebtes Ausflugsziel für Tausende Besucher. Doch die nächste Kläranlage liegt drunten in Berchtesgaden. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Weil er sich von den Behörden zum wiederholten Mal übergangen sieht, klagt der Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land gegen einen eilig verlegten Kanalisationsschlauch durch den Königssee.

Glosse von Matthias Köpf, Schönau am Königssee

Da soll sich noch wer beklagen, in Bayerns Behörden verabschiede sich die Belegschaft am späten Freitagvormittag mit einem letzten, erleichterten "Mahlzeit" ins Wochenende. Rita Poser zum Beispiel beklagt sich da gerade bestimmt nicht, ganz im Gegenteil. Der Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land, dessen Kreisvorsitzende Poser ist, hat neulich Klage eingereicht gegen einen Bescheid, den das Landratsamt in Bad Reichenhall mehr als zwölf Stunden nach dem vermeintlichen Dienstschluss erlassen hat. An einem sehr frühen Samstagmorgen um 1.30 Uhr sei dieser Bescheid ergangen, sagt Poser. Keine halbe Stunde später haben dann die wartenden Arbeiter begonnen, eine gut fünf Kilometer lange Abwasserleitung in Form eines betonbeschwerten Kunststoffschlauchs im Königssee zu versenken.

Dass so etwas im Berchtesgadener Land nicht mehr mit einer nachträglichen Genehmigung oder gar ganz ohne Bescheid geschieht, mag auch am örtlichen Bund Naturschutz liegen, der seine vielen Prozesse gegen mancherlei Projekte gern gewinnt. Gegen die neue Abwasserleitung hätte der BN aber eigentlich gar nichts Prinzipielles. Nur das konkrete Vorgehen findet er wieder mal kläglich, weil er sich durch den schon zuvor aufgebauten Zeitdruck seiner Mitwirkungsrechte als Naturschutzverband beraubt sieht. Außerdem sei bei einer solchen Aktion nicht gesichert, dass die neue Leitung nicht demnächst wieder leckt.

Nötig geworden war das alles, weil vor einem Jahr erstmals eine ähnliche Leitung von zwei Almen und einem Gasthaus durch den Obersee und den Königssee bis St. Bartholomä gezogen wurde. Die 1989 verlegte Leitung, die von dort weiter ans Ufer nach Schönau führte, erwies sich bei einer Druckprüfung als undicht. Zuvor war das nicht aufgefallen, weil es den auch jetzt wieder zugesicherten Vergleich der Durchflussmengen an beiden Enden der Leitung laut Poser nie gegeben hat. Der Wasserqualität des kristallklaren Königssees hat das nach Behördenangaben zwar nicht geschadet, aber appetitlich war das Ganze nicht. Es herrschte Handlungsbedarf, und jetzt herrscht er schon wieder. Der BN hat das Landratsamt und die Gemeinde Schönau mit seiner Klage an den Verhandlungstisch gebracht, für Januar ist ein Gesprächstermin vereinbart. Dann könnte die Sache geklärt werden. Zeit, die Klage in aller Form zu begründen, wäre danach aber immer noch.

Die neue Abwasserleitung wurde von schwimmenden Plattformen aus im Königssee versenkt. (Foto: Kilian Pfeiffer/dpa)
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: