Umstrittene Fußgänger-Hängebrücke:Lasst uns in Ruhe!

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Die himmlische Ruhe von Lichtenberg - könnte bald Vergangenheit sein. (Foto: Helmut Welte)

Lichtenberg ist ein stilles Städtchen. Doch damit könnte es bald zu Ende sein, falls ein Superlativ-Bauwerk realisiert werden sollte. Es sei denn, ein Brief ist von Erfolg gekrönt.

Kolumne von Olaf Przybilla, Lichtenberg

Lichtenberg in Oberfranken löst bei Reportern zwiespältige Gefühle aus. Viele haben, eines ebenso furchtbaren wie ungelösten Kriminalfalls wegen, viel Zeit ihres Lebens dort verbracht, manchen ist das Städtchen zeitweilig eine Art zweiter Arbeitsplatz geworden. Und viele haben Lichtenberg dabei als einen Flecken Erde erlebt, in dem man Stille noch erleben kann.

Der Blick von der Stadtmauer über den Naturpark Frankenwald, die alte Festungsanlage hoch über dem Höllental, die stoische Ruhe dieses Ortes an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze - das hat man so nur noch ganz selten. Einkaufsinfrastruktur? Eine Bäckerei gab es dort, vor einiger Zeit musste selbst die schließen, inzwischen gibt's wieder jemanden, der tagsüber den Laden aufsperren will.

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Mit der Ruhe wird es vorbei sein, wenn dort tatsächlich - wie geplant - die Frankenwaldbrücken gebaut werden. Die preist der Landkreis Hof als "weltweit einmalig" an, eine der beiden soll 1030 Meter lang werden. In bis zu 100 Metern Höhe wird man quer übers Tal der Selbitz spazieren können, pro Jahr sollen mehrere Hunderttausend Touristen kommen. "Wir lieben unsere Heimat und wollen diese Liebe, die Schönheit und Einzigartigkeit unserer Region gerne mit anderen Menschen teilen", argumentiert Landrat Oliver Bär (CSU).

An diesem Freitag ist Kreistagssitzung in Hof, es soll wieder um die Superlativ-Brücken gehen, wie so oft schon. Die haben längst einen Keil in die Kleinstadt getrieben. Die einen sagen: Wir brauchen die, sie bringen Leben in unser Städtchen. Die anderen sagen: Die Ruhe - das also, was unseren Ort ausmacht - ist dahin dann.

Es braucht keine Fantasie, um sich auszumalen, wie grundlegend der Dissens ist - Öl ins Feuer muss da niemand mehr gießen. Und so haben die Grünen dem Landrat kurz vor Weihnachten einfach einen bittenden Brief geschrieben, ohne Schaum vor dem Mund. Sie fragen leise, ob er die Sache nicht doch aussetzen mag. 2600 Seiten umfassten die überarbeiteten Brückenpläne, unzählige Besprechungsstunden fresse das Ganze, vom Geld gar nicht zu reden.

Man schätzte den "Mut" des CSU-Landrats, seine "visionären Ideen", die "Schaffenskraft", den Willen, "Unmögliches möglich zu machen". Nur schlicht bitten wolle man, die Sache mit den Tourismusbrücken - angesichts all der Krisen, Katastrophen und Probleme - auf sich beruhen zu lassen.

Ein seltener Ton in der politischen Auseinandersetzung. Und ein ungewöhnlich schöner.

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