Umweltpolitik in Bayern:"Unser Boden ist trocken wie Knäckebrot"

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Nicht nur Wirsing braucht Wasser zum Gedeihen. Dürre und Hitze setzen der Landwirtschaft inzwischen schwer zu. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Umweltminister Glauber warnt bei seiner Regierungserklärung im Landtag vor einer Wasserknappheit. Die Opposition wirft ihm Tatenlosigkeit vor und droht mit Volksbegehren.

Von Andreas Glas, München

Eine gute halbe Stunde wird Thorsten Glauber am Ende gesprochen haben. Über den "Backofen-Effekt", über Knäckebrot und sogar über Gollum, das sabbernde Monster aus der "Herr der Ringe"-Trilogie. Wenn Gollum der Leiter eines Wasserwirtschaftsamtes wäre, sagt der Umweltminister, "dann wüssten wir, was er meint, wenn er dauernd 'mein Schatz' sagt". Und zwar? "Bayerisches Wasser", sagt Glauber (Freie Wähler), das ist ja auch das Thema seiner Regierungserklärung an diesem Mittwoch.

Eigentlich wollte Glauber diese Erklärung schon in der vergangenen Woche halten. Aber dann setzte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kurzfristig eine eigene Regierungserklärung auf die Tagesordnung - und Glauber musste warten. Nun also, kurz nach 13 Uhr, darf er endlich ans Pult im Plenarsaal des Landtags. Und so wirkt er dann auch: Wie ein Rennpferd, das endlich los will. Sehr gehetzt jagt Glauber durch sein Manuskript. So gehetzt, dass Christoph Skutella (FDP) hinterher sagen wird, es habe sich "einiges angestaut" bei Umweltminister Glauber, allerdings nicht inhaltlich, eher "in der Bildsprache". Backofen, Knäckebrot, Gollum, "das sind schon Sprünge, die muss man erst mal nachvollziehen", sagt Skutella.

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Wer Glaubers Regierungserklärung nachvollziehen will, muss im Kalender vier Wochen zurückblättern. Damals, Mitte September, hatte Söder bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion Alarm geschlagen: "Franken beginnt zu verdursten", sagte er. Und kündigte an, eine Expertenkommission zur Wasserversorgung einzusetzen. Bayern brauche Wasserspeicher und ein System von Aquädukten, das Wasser vom feuchten Süden in den Norden liefern kann. An diese Pläne und an Söders Appell knüpft Umweltminister Glauber in seiner Erklärung an. Er sagt: "Wir sind auf dem Weg zum Grundwassernotstand, das muss jedem klar sein."

Ziel seines Programms "Wasserzukunft Bayern 2050", das er am Mittwoch vorstellt, ist es unter anderem, natürliche Wasserspeicher wie Moore, Böden und Wälder zu regenerieren. "Unser Boden ist trocken wie Knäckebrot", sagt Glauber, "wir müssen dafür sorgen, dass Boden nicht weiter entwässert wird." Helfen soll das Prinzip "Sponge-City", das aus China stammt. Wie ein Schwamm sollen Städte und Dörfer das Regenwasser nicht mehr direkt in ihr Kanalsystem abfließen lassen, sondern speichern und erst allmählich und nach Bedarf wieder abgeben.

Neben dem Speichern sei wichtig, das Wasser zu verteilen, sagt Glauber. Dann spricht auch der Umweltminister von "römischen Aquädukten", die vor 2000 Jahren "der Inbegriff von Innovation" gewesen seien. Daran will er offenbar anknüpfen, mit einem "blauen Netz der Daseinsvorsorge", so nennt er das. Hierfür arbeite sein Ministerium an einem Zukunftskonzept zur Fernwasserversorgung. Neben dem Transport des Wassers vom regenreichen Süden Bayerns in den immer trockener werdenden Norden, wie es Söder ankündigte, will Glauber das Wasser "auch vom Norden in den Norden bringen". Was der Minister damit meint: Er will die nördlichen Nachbarbundesländer Thüringen und Sachsen in Bayerns Wasserstrategie einbinden.

Umweltminister Thorsten Glauber (FW) gab im Landtag eine Regierungserklärung zur Sicherung der Wasserversorgung in Bayern ab. Im Norden des Freistaats nimmt der Regenmangel inzwischen bedrohliche Ausmaße an. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Um das Wasser zu schützen, kündigt Glauber zudem an, dass in insgesamt 90 Kläranlagen eine vierte Reinigungsstufe realisiert werden soll, um etwa Mikroplastik besser herauszufiltern. Am Ende seiner Rede appelliert er dann an das Bewusstsein jedes Einzelnen für die Ressource Wasser. Es sei wichtig, das Thema "gesamtstaatlich zu denken". Die Wasserversorgung müsse zwar in kommunalen Händen bleiben, doch es brauche auch eine "nationale Wasserstrategie". Er wolle "nicht pathetisch" werden, sagt Glauber, und wird es dann doch: "Wasser ist heilig, und zwar nicht nur als Weihwasser."

Rhetorisch dick aufgetragen, inhaltlich dagegen dünn, so urteilen danach die Oppositionsfraktionen über die Regierungserklärung. Das Wasser, "unsere wichtigste Ressource", sei für Glauber "nicht mal Nebensache", sagt Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. In Baden-Württemberg seien 26 Prozent der Landfläche Wasserschutzgebiete, in Bayern nicht mal fünf. Daran sehe man, dass der Schutz der Lebensgrundlagen nicht die nötige Priorität habe, sagt Hartmann, weder bei den Freien Wählern noch bei den CSU-Abgeordneten, die er direkt anspricht: "Ernsthafte Umweltpolitiker sind bei Ihnen genauso ausgestorben wie der Auerochse."

Dann droht Hartmann: "Wenn Sie sich weiterhin weigern, unsere Lebensgrundlagen zu schützen, ist das nächste Volksbegehren näher als Sie denken." Auch Florian von Brunn (SPD) wirft Glauber und der Staatsregierung zu wenig Weitsicht beim Umweltschutz vor und zu wenig Mut, etwa um einen neuen Nationalpark zu gründen, den Brunn fordert. Lediglich die AfD wünscht sich nicht mehr Einsatz für die Umwelt, sondern offenbar weniger. Die Umweltpolitik der Staatsregierung orientiere sich zu sehr "am linksgrünen Zeitgeist", so Fraktionschef Ingo Hahn.

© SZ vom 29.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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