Tourismus in Bayern:Im Allgäu ist die Verzweiflung groß

Lesezeit: 3 Min.

Schloss Neuschwanstein bleibt vorerst geschlossen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Während in vielen Regionen die Hotels öffnen dürfen, rutscht die Sieben-Tage-Inzidenz im Allgäu mit Neuschwanstein nicht rechtzeitig unter die 100. "Schlimmer geht es nicht mehr", ärgern sich die Hoteliers.

Von Florian Fuchs und Felix Schwarz, München

Die Zahlen, auf die sie alle starren, haben sich gebessert die vergangenen Tage, das schon. Aber es reicht halt nicht, und deshalb ist die Verzweiflung nun groß im Allgäu: Da verkündet die Staatsregierung, dass Hotels wieder öffnen dürfen, da gibt es endlich einen Lichtblick nach Monaten des touristischen Lockdowns - und dann will die Sieben-Tage-Inzidenz im Ostallgäu mit Neuschwanstein und im Oberallgäu mit Oberstdorf einfach nicht unter die 100. Oder zumindest nicht rechtzeitig. Am Sonntag lag sie dann nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bei 85 im Ost- und 89,7 im Oberallgäu: Fünf Tage muss der Wert laut Bundesnotbremse unter 100 sein, bevor die Regionen einen Antrag auf Öffnung stellen dürfen. Am achten Tag ist es so weit. Während also in vielen Urlaubsregionen wie fast im kompletten südlichen Oberbayern die Hotels zum nächsten Freitag öffnen dürfen, müssen Betriebe im Allgäu oder auch im Bayerischen Wald noch ein bisschen weiter zuschauen.

Sorgen und Unsicherheit

"Schlimmer geht es nicht mehr", sagt Sybille Wiedenmann. Die Geschäftsführerin der Vereinigung der Top-Hotels im Allgäu kritisiert, dass die Regularien nicht zusammenpassen: Der Bundestag beschließt, dass sich vom vergangenen Donnerstag an Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten mit einer Inzidenz zwischen 50 und 200 freitesten können und keine Quarantäne mehr erforderlich ist. Und ihre Hoteliers dürfen keine Gäste beherbergen. Die Forderungen, die auch die Allgäuer Landrätinnen und Landräte sowie Oberbürgermeister in einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder gestellt haben, sind deshalb klar: Für Hotels soll es eine inzidenzunabhängige Regelung geben, der Freistaat soll sich dafür in Berlin einsetzen.

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Sorgen und Unsicherheit verspürt auch Jeremy Simon, der als Rezeptionist im Vier-Sterne-Hotel Hirsch in Füssen arbeitet. Wenngleich er auch hofft: "Wir freuen uns natürlich, dass wir endlich wieder eine Perspektive haben. Monatelang hatten wir keine Einnahmen." Das Hotel Hirsch rechnet mit sinkenden Infektionszahlen und will am 1. Juni wieder öffnen - freilich mit einem gewissen Risiko: "Wir fahren schon jetzt den Betrieb wieder hoch, beenden die Kurzarbeit von Angestellten und bestellen Waren. Das kann natürlich alles umsonst sein", so Simon, der die Fixierung auf die Inzidenz ebenso für verfehlt hält.

Dem widerspricht Alwin Gericke, Geschäftsführer des Hotels Terrassenhof im oberbayerischen Landkreis Miesbach - auch wenn sein Betrieb im Gegensatz zu den Konkurrenten aus den umliegenden Landkreisen deshalb noch nicht öffnen darf. "Wichtig ist, dass die Zahlen vergleichbar sind und bleiben und die Maßnahmen für alle in Deutschland gleich sind." Dass Menschen aus einem Gebiet mit hohen Inzidenzzahlen umherreisen und sogar ins Ausland dürfen, während sein Hotel trotz Hygiene- und Testkonzept keine Gäste beherbergen darf - da fragt er sich aber schon auch, wer sich das ausgedacht hat. Große Sorgen macht sich Gericke um das Personal: "Wir holen unsere Mitarbeiter jetzt aus der Kurzarbeit zurück. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass wir nicht alle halten konnten." Einige hätten sich während der Schließung einen neuen Job gesucht, da das Kurzarbeitergeld nicht ausreicht.

Weil die Lage so unsicher sei, wollen in Ostbayern Hoteliers mit der Öffnung noch abwarten, obwohl es die Inzidenzen in einigen Landkreisen erlauben würden. "Die Mehrheit will aber das Risiko in Kauf nehmen", sagt Michael Braun. Der geschäftsführende Vorsitzende des Tourismusverbands in Ostbayern ist davon überzeugt, dass auch die Verteilung der Infektionen in den Altersgruppen sowie die Auslastung auf den Intensivstationen eine Rolle spielen sollte. Die Zukunft der Übernachtungsbranche sieht Braun durchaus ambivalent. Seinen Angaben zufolge waren 40 Prozent der Gäste in Stadt-Hotels Geschäftsreisende. Nun gehen diese Buchungen auch wegen der gestiegenen Popularität von Videokonferenzen um 20 Prozent zurück.

Um die mittleren und größeren Hotels macht sich Braun dagegen kaum Sorgen: "Da bei der Überbrückungshilfe III nachgebessert wurde, sollten die meisten Hoteliers durchkommen." Von Zukunftsängsten könne bei vielen keine Rede sein - im Gegenteil: "Zahlreiche Geschäftsführer haben ordentlich Geld in die Hand genommen, um beispielsweise in eine neue Küche oder in einen Wellnessbereich zu investieren", so Braun. Er ist optimistisch: Auch wenn viele Hotels noch nicht öffnen dürfen, könnten sie gestärkt aus der Krise hervorgehen.

© SZ vom 17.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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