Bildungspolitik:Die neue Normalität

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Kultusminister Michael Piazolo sieht keine Notwendigkeit für eine Rückkehr zu Masken- und Testpflicht in Bayerns Schulen.

Von Johann Osel, München

An Bayerns Schulen fallen derzeit 2,37 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer wegen einer Corona-Infektion aus. Unter den Schülern liege der Anteil bei 0,66 Prozent, erklärte Kultusminister Michael Piazolo (FW) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts. Da aber im Vergleich zum Lehrkörper der Grund des Fehlens oft nicht genannt werde, bleibe letzterer Wert ungenau. In absoluten Zahlen gehe es um 2300 Lehrerinnen und Lehrer. Durch mehrere Maßnahmen, darunter der Corona-Topf mit sogenannten Team-Lehrkräften, versuche man diese Lücke aufzufangen. Piazolo verteidigte den Grundsatz "so viel Normalität wie möglich" - der Wegfall der Maske sei zum Beispiel gerade für den Unterricht von Fremdsprachen "gewinnbringend"; oder für Grundschüler, da die Kinder sehen, wie eine Lehrkraft Worte ausspricht.

Ein Rundschreiben seines Ministeriums empfehle Masken auf Begegnungsflächen, freiwilliges Tragen liege "im eigenen Sicherheitsempfinden" von Lehrkräften oder Schülern, sagte Piazolo. Lüften in Klassenzimmern sowie Luftfilter wirkten unterstützend. Die Filter seien im Eigentum der Kommunen, insofern müssten diese über den Einsatz entscheiden, etwa vor dem Hintergrund der Energiekosten. Es sei nicht vorgesehen, wieder Masken- oder Testpflichten anzuordnen, sagte Piazolo, die Corona-Situation gebe dazu keinen Anlass. Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) ergänzte, das Gesundheitsministerium beobachte die Pandemie mit einem umfassenden Monitoring nach wie vor. Die Lage sei "so stabil", dass man "vernünftig damit umgehen" könne.

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Piazolo ging auch auf den in Berlin vorgestellten IQB-Bildungstrend 2021 ein. Dort lägen Bayerns Viertklässler in allen Kategorien, darunter Lesen und Rechnen, auf Rang eins oder zwei bundesweit. "Auf den ersten Blick erfreulich", sagte Piazolo, allerdings zeige sich im Vergleich zur Studie 2016 sowie 2011 ein Rückgang bei den Kompetenzen. Es sei unklar, ob dies Folge der Lockdowns oder eine Entwicklung unabhängig von Corona sei. Jedenfalls gelte es, noch "Hausaufgaben" zu machen, mit den Programmen zum Aufholen von Lernrückständen sei der Freistaat hier aktiv. Der Minister verwies darauf, dass Länder vorne stünden, die eine konservative Regierung haben, am gegliederten Schulsystem festhalten - und an der differenzierten Lehrerausbildung. Vor zwei Wochen hatte ein Vorstoß von Söder dazu Debatten ausgelöst. Der Ministerpräsident sprach bei einer Veranstaltung über die Vision eines neuen Lehramtsstudiums, dessen Absolventen an allen weiterführenden Schularten anfangen könnten. Piazolo gilt nicht als Anhänger solcher Reformideen.

Der Ministerrat beschäftigte sich am Dienstag zudem mit einer Strategie, damit "die Kultur der Digitalität zur neuen Normalität" an den Schulen wird. Aktuell gibt es 63 000 "digitale Klassenzimmer", knapp 300 000 verleihbare digitale Endgeräte für Schüler sowie 110 000 Lehrergeräte. Mit der nächsten Förderrunde bis 2023 soll zunächst bei den Lehrergeräten "die Vollausstattung erreicht" sein. Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) stellte eine über ihr Haus entwickelte App vor, die spielerisch Medienkompetenz vermittelt. Diese erfreue sich an Schulen bereits großer Beliebtheit. Es gehe darum, so Gerlach, "Digitalisierung nicht nur zu glorifizieren", sondern auch auf die Risiken hinzuweisen - wie Fake News oder Cybermobbing. Kritik kam von der Opposition. 300 000 Geräte für 1,6 Millionen Schülerinnen und Schüler seien "viel zu wenig", tadelte Simone Strohmayr (SPD). Max Deisenhofer (Grüne) nannte "Eigenlob" fehl am Platze angesichts der "zahlreichen Baustellen" bei der Digitalisierung der Schulen.

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