Politik in Bayern:Die Grünen suchen den Weg aus dem Aufmerksamkeitsloch

Lesezeit: 2 min

Katharina Schulze bei einer Pressekonferenz im Oktober. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Partei tritt auf der Stelle. Ihre nun beginnende Klausur soll es richten. Dabei wird es auch um das Auftreten und die Vermittlung von Themen auf dem Land gehen. Reicht das?

Von Johann Osel

Es ist nicht lange her, da war das zwischen der CSU und den Grünen im Landtag ein Duell. In der vergangenen Wahlperiode lief es manchmal gefühlt auf Augenhöhe, auch wenn die Regierungspartei doppelt so viele Abgeordnete zählte wie die damalige Oppositionsführerin. Bei Regierungserklärungen von Markus Söder zum Beispiel durften gleich danach Katharina Schulze oder Ludwig Hartmann ans Rednerpult, damals beide Fraktionschefs der Grünen, medial fand dann der schwarz-grüne Schlagabtausch breite Resonanz. Bei der Landtagswahl fuhren die Grünen ein Minus von 3,2 Prozentpunkten ein, liegen nur noch auf Platz vier der Parteien. Und jetzt? Stecken sie im Aufmerksamkeitsloch.

Beispiel Dezember, Ministerpräsident Söder legt im Plenum sein Regierungsprogramm dar, länger als angedacht. Dann ist erst mal die AfD als stärkste Oppositionskraft an der Reihe. Zuhören muss man Katrin Ebner-Steiner allein schon deshalb, um denkbare Provokationen und Eklats nicht zu versäumen. Danach kommt die CSU als stärkste Partei, Fraktionschef Klaus Holetschek tritt - im Gegensatz zu seinem Vorgänger - immerhin rhetorisch pointiert auf. Und dann kommen, so die Wahrnehmung, halt auch noch die Grünen. Von einer Konfrontation mit dem Ministerpräsidenten kann man bei so langem Abstand und mit kürzerer Redezeit beim besten Willen nicht sprechen.

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Am Donnerstag beginnt die Grünen-Fraktion ihre zweitägige Winterklausur, inzwischen unter Solo-Führung von Katharina Schulze. Bevor es am Freitag zu einer Exkursion in die Gemeinde Pullach bei München geht - Themen Energie, Geothermie und Wirtschaft -, ist ein interner Klausurtag angesetzt. Um die strategische Aufstellung für die Legislaturperiode soll es gehen, dabei wohl auch um Kommunikation, Auftreten und die Vermittlung von Themen auf dem Land. "Wir sind die einzige verbliebene progressive Kraft in Bayern, die noch hörbar ist. Wir arbeiten daran, dass wir wieder präsenter werden", sagte Fraktionschefin Schulze vor der Klausur. Ein wenig netter Seitenhieb übrigens auf die darbende SPD.

Eine Strategie ist also vonnöten, wieder besser wahrgenommen zu werden mit der Arbeit im Landtag, ja im ganzen Land. Und das nicht nur als erklärter Gegner nahezu aller anderen Parteien und als Zielscheibe gesellschaftlicher Wallungen, Stichworte Bauernproteste und Heizgesetz. Und nicht nur defensiv, wenn Frust über grünen Reformeifer im Bund Gegenwehr verlangt. Sondern über "Vorwärtsbewegung", wie in Grünen-Kreisen zu hören ist. Und das mit weniger "Gesichtern" für draußen. Mehrere Landstriche sind durch die geschrumpfte Fraktion nicht mehr direkt durch grüne Abgeordnete repräsentiert. Das ist selbst in Oberbayern ein Problem, wo fast alle der 14 Abgeordneten aus München und dem Umland kommen.

Es ist ein Problem, das Fraktion und Landesverband momentan gleichermaßen umtreibt. In gut einer Woche gibt es auf einem Parteitag in Lindau Gegenkandidaturen für beide Vorsitzenden. Und auch hierbei geht es in den Debatten um die richtige "Ansprache" der Menschen gerade auf dem Land, um moderne Kommunikation, kurzum: Aufmerksamkeit über die eigene Bubble hinaus.

Der BR24-Bayerntrend vom Mittwoch taxierte die Grünen nur auf 13 Prozent, nochmals weniger als die 14,4 Prozent bei der Landtagswahl im Oktober. Langsam dürfte die Partei wohl bei einer Art Kernwählerschaft angekommen sein, über die hinaus momentan praktisch nichts zu holen ist im Freistaat. Die bayerischen Grünen müssen sich etwas einfallen lassen. Mit Symbolen geht es los: Das Logo der Landtagsfraktion wurde aufgepeppt, jetzt zieren weiß-blaue Rauten einige Blätter der gelben Sonnenblume.

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