SZ-Klimakolumne:Eine Hintertür für Öl und Gas

Lesezeit: 2 min

Erneuerbare Energien sind auch in Dubai angekommen. Die Fossilen möchten die Vereinigten Arabischen Emirate dennoch gern beibehalten. (Foto: Kamran Jebreili/AP)

Die Gastgeber der nächsten Klimakonferenz in Dubai möchten nicht mehr von fossilen Energien Abschied nehmen, sondern nur noch von fossilen Emissionen. Für den Klimaschutz ein gewaltiger Unterschied.

Von Michael Bauchmüller

Pessimisten muss internationale Klimapolitik eigentlich unweigerlich an den armen Sisyphus und seinen Stein erinnern. Kaum geht es zwei Schritte voran, kommt auch schon der Rückschritt. Ich erinnere mich gut an den Klimagipfel von Bali 2007, als der damalige Chef des UN-Klimasekretariats auf offener Bühne in verzweifelte Tränen ausbrach, und einen nach zähen Stunden errungenen Fortschritt. Der Gipfel wurde umjubelt, machte er doch den Weg frei für ein neues Klimaabkommen. Doch dieser Weg endete zwei Jahre später im Desaster von Kopenhagen. Die Staatengemeinschaft brauchte Jahre, um sich von diesem Schock zu erholen. Erst 2015 gelang in Paris das, was für Kopenhagen geplant war, wenngleich in abgeschwächter Form.

Doch schon wieder droht der Stein rückwärts zu rollen.

Diese Woche habe ich einige Stunden im Weltsaal des Auswärtigen Amtes zugebracht, beim "Petersberger Klimadialog". Das ist ein jährliches Stelldichein von Ministern und Klimadiplomaten ausgewählter Länder, es soll jeweils die nächste Klimakonferenz vorbereiten, die dieses Jahr in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindet. Und so schön es im Weltsaal auch ist, so beflissen sich dort alle für mehr Klimaschutz ausgesprochen haben - das Treffen hatte auch seine beunruhigenden Momente.

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Das betrifft zum einen die Bilanzen der Klimasünder, die beim "COP28"-Gipfel in Dubai fällig werden. Weder bei den Emissionen, noch bei den Finanzzusagen sind die Staaten auf Kurs. Und während sich die nötigen Milliarden, die reiche Staaten einst den ärmeren im Kampf gegen die Klimakrise versprochen haben, mit viel gutem Willen noch irgendwie aufbringen lassen, sieht es bei den Emissionen düster aus. Erstmals sollen sich die Staaten in Dubai gegenseitig Rechenschaft ablegen - über das, was sie in Paris 2015 an Klimaschutz versprochen haben, und das, was sie tatsächlich erreicht haben. Doch im Weltsaal musste von den großen Verursachern einer nach dem anderen einräumen, dass es noch nicht reichen wird - natürlich jeweils unter größtem Bedauern.

Noch bedrohlicher ist der Zungenschlag, den der Gastgeber vom Persischen Golf nun im Kampf gegen die Klimakrise etablieren will. Nicht mehr von fossilen Energien will er perspektivisch Abschied nehmen, sondern von fossilen Emissionen. Soll heißen: Kohle, Öl und Gas können weiter verbrannt werden, wenn nur die entsprechenden Emissionen technisch irgendwie abgeschieden und unterirdisch gespeichert würden. Setzte sich diese Sichtweise durch, dann untergrübe es die Idee, mit erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff eine saubere Alternative zum fossilen System aufzubauen. Nicht von ungefähr bestimmten die Emirate mit Sultan Ahmed Al Jaber einen Mann zum designierten Präsidenten der COP28, der nicht nur sehr smart ist, sondern auch Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc.

Als Pessimist allerdings kommt man nicht weit rund um internationale Klimapolitik. Diejenigen, die von den Anfängen bis heute durchgehalten haben, schaffen das nur auf eine Art: Sie blicken auf den Prozess an sich. Sie feiern jeden kleinen Fortschritt und betrachten den Rest als verbleibende Herausforderung. Zumal eines unumstößlich wahr bleibt: Gäbe es die Konferenzen und Klimadialoge nicht, wäre es um die Welt noch schlechter bestellt.

Zu dieser Sicht neige, von gelegentlichen Frustrationen abgesehen, auch ich. Letztendlich zerrt Al Jaber einen Konflikt auf die offene Bühne, der bislang nur in kleinen Runden besprochen wurde, selten aber mit denen, die fossile Energie reich machte: Was ist die Zukunft fossiler Energie? Wie lange noch darf sie gefördert werden? Und was wird dann aus Ländern wie den Emiraten? Diese Debatte ist Teil des Endspiels um die Fossilen.

Es wird, soviel ist sicher, eine verdammt spannende Konferenz in Dubai - eine, bei der es ans Eingemachte geht, aber auch eine Menge passieren kann. So hart der Klima-Sisyphus auch arbeiten muss: Noch hat er nicht verloren.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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