Vonovia:Streit ums neue Fenster

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Sanierung eines Altbaus in Berlin: Wenn Vermieter den Wohnwert verbessern, dürfen sie bis zu acht Prozent der Modernisierungskosten auf die jährliche Miete aufschlagen. Doch es gibt Grenzen. (Foto: Lothar Ferstl/dpa)

Erhöhen Vermieter nach Sanierungen die Miete, müssen sie berücksichtigen, wie abgenutzt ersetzte Teile waren. Der Vonovia-Konzern mache das nicht ausreichend, kritisieren Mieterschützer.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Susanne Dirkner und Alwin Bartsch hatten das Gefühl, dass das nicht stimmt. Beide Mieter wohnen jeweils auf 78 Quadratmetern in Dortmund. Voriges Jahr hat ihr Vermieter Vonovia die Siedlung aus den 1970er-Jahren saniert: Heizkörper ersetzt, Fenster erneuert. Es wurde auch mal Zeit. "Die alten Fenster waren von 1986", sagt Dirkner, "die Heizkörper aus der ersten Stunde." Knapp 150 Euro mehr Kaltmiete soll Bartsch seither jeden Monat zahlen. Der Aufschlag für Dirkner war kleiner, ihre Wohnung fiel erst kürzlich aus der Sozialbindung.

All das klingt legal, doch der Teufel steckt im Detail. Vermieter dürfen bis zu acht Prozent ihrer Modernisierungskosten auf die jährliche Miete aufschlagen, wenn sie den Gebrauchswert einer Wohnung erhöhen. Beispielsweise müssen Mieter ja weniger heizen, wenn ihre Fenster dichter sind.

Doch dem hat der Bundesgerichtshof (BGH) vorigen Sommer Grenzen gesetzt: Wenn Vermieter Bauteile ersetzen, die zwar noch funktionieren, aber deren Lebensdauer größtenteils abgelaufen ist, dann dürfen sie nicht die vollen Kosten auf Mieter umlegen. Vielmehr müssen Eigentümer herausrechnen, was eine Reparatur der alten Teile gekostet hätte, urteilten die Richter. Konkret ging es damals etwa um eine etwa 60 Jahre alte Tür. Nach Ansicht des BGH droht sonst folgendes Szenario: Vermieter könnten alte Bauteile schnell noch einer Modernisierung unterziehen, bevor sie diese eines Tages teuer reparieren müssten. Denn sobald etwa eine Heizung kaputtgeht, muss der Eigentümer sie auf eigene Kosten instand setzen.

Der Mieterverein Dortmund kritisiert nun, dass Vonovia dieses Urteil in der Siedlung von Susanne Dirkner und Alwin Bartsch nicht berücksichtige. Der Verein hat etwa 50 Mieterhöhungen in der Dortmunder Anlage beanstandet: Beispielsweise ziehe Deutschlands größer Wohnungskonzern von den Modernisierungskosten der Fenster nur gut zehn Prozent als Instandhaltungsaufwand ab. Das sei zu wenig, gemessen am Alter der Fenster. Im Fall der neuen Heizkörper ziehe Vonovia gar keine Instandhaltungskosten ab.

Der BGH habe mit seinem Urteil "leider nicht für mehr Rechtssicherheit gesorgt", moniert Vonovia

Der Deutsche Mieterbund macht sich die Kritik auf Bundesebene zu eigen. "Wir sind sicher, das Thema ist kein Dortmund-spezifisches Thema", sagt Präsident Lukas Siebenkotten. Er höre vielerorts Zweifel, ob Eigentümer das BGH-Urteil befolgen. "Wir erwarten natürlich auch von Kleinvermietern, dass sie sich darum kümmern", so Siebenkotten. Allerdings habe Vonovia doch besonders viele Fachleute. "Wir erwarten daher, dass Vonovia dieses Urteil umsetzt, und zwar schnell."

Doch glaubt man dem Konzern, ist das gar nicht so leicht. Vonovia schätze mit eigenen Handwerkern oder Ingenieuren, welche Instandhaltungskosten an ersetzten Bauteilen wohl angefallen wären. Doch habe der BGH "leider nicht für mehr Rechtssicherheit gesorgt", moniert der Konzern. Es fehle die Aussage, wie man den ersparten Aufwand nun berechnen sollte: Wie lang seien etwa Standard-Lebensdauern? "Wir freuen uns, wenn bei diesem Thema mehr Rechtssicherheit entsteht oder gemeinsame Standards entwickelt werden", teilt Vonovia mit.

So bleiben in Dortmund einstweilen beide Seiten stur: Die Mieterhöhungen seien "formal und juristisch richtig", bekundet Vonovia, man habe "allen geltenden Kriterien Rechnung getragen". Susanne Dirkner und Alwin Bartsch indes zahlen noch immer ihre alte, niedrigere Miete - bis sich Vonovia und der Mieterverein eines Tages womöglich gütlich einigen. Oder der Streit abermals vor Gericht landet.

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