Reformen:EU einigt sich auf Strommarktreform und Lieferkettengesetz

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Wegen extrem gestiegener Strompreise im vergangenen Jahr waren Rufe nach einer Reform des europäischen Strommarktes laut geworden. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Verbraucher in Europa sollen künftig besser vor hohen Strompreisen geschützt werden. Einen Durchbruch gibt es auch bei einem einheitlichen Lieferkettengesetz - damit will die EU weltweit Menschenrechte stärken

Die EU hat sich auf zwei wichtige Gesetzesvorhaben geeinigt: Der Strommarkt in Europa soll reformiert werden, außerdem bekommt die EU ein einheitliches Lieferkettengesetz. Darauf haben sich am Donnerstagmorgen Unterhändler der EU-Staaten sowie des Europaparlaments verständigt.

Das Gesetz zum Umbau des Strommarktes soll Verbraucher in Europa künftig besser vor ausufernden Strompreisen schützen. Neben stabileren Preisen soll mit den Neuerungen der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. Der Kompromiss muss vom EU-Parlament und den Ländern noch formell bestätigt werden.

Wegen extrem gestiegener Strompreise im vergangenen Jahr waren Rufe nach einer Reform des europäischen Strommarktes laut geworden. Grund für die hohen Preise waren unter anderem explodierende Gaspreise wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Auch machte sich bemerkbar, dass zeitweise etwa die Hälfte der französischen Atomkraftwerke ausfiel.

Basis für die gefundene Einigung war ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission aus dem Frühjahr. Dieser sieht vor, Privatleuten ein Recht auf Festpreisverträge als auch auf Verträge mit dynamischen Preisen zu geben. Ein Kernelement der Reformvorschläge sind nach Willen der Mitgliedsstaaten neue langfristige Verträge zwischen Regierungen und Stromerzeugern, sogenannte Contracts for Difference. Damit garantieren die Staaten Stromerzeugern einen Mindestpreis für Strom, wenn sie neue Investitionen tätigen. Gelten soll dies für Investitionen in erneuerbare Energien und in Kernkraft. Fällt der Marktpreis unter einen vereinbarten Preis, springt der Staat ein und gleicht die Differenz aus. Liegt der Preis höher, geht der Überschuss an den Staat. Auf diese Weise sollen Anreize für die heimische Erzeugung von sauberem Strom geschaffen werden.

Grundsätzlich wird der Strommarkt in der EU auch weiter nach dem sogenannten Merit-Order-Prinzip funktionieren. Dies bezeichnet die Einsatzreihenfolge der an der Strombörse anbietenden Kraftwerke. Kraftwerke, die billig Strom produzieren können, werden zuerst herangezogen, um die Nachfrage zu decken. Das sind zum Beispiel Windkraftanlagen. Am Ende richtet sich der Preis aber nach dem zuletzt geschalteten, also teuersten Kraftwerk - oft Gaskraftwerke.

Das EU-Lieferkettengesetz soll große Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Die Unternehmen müssen zudem einen Plan vorlegen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell vereinbar ist mit den Zielen aus dem Pariser Klimaabkommen. Wenn es in den Lieferketten dieser Unternehmen zu Verstößen gegen Menschenrechte kommt, soll es möglich sein, gegen sie vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzugehen.

Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini, sprach von einem guten Tag für die Menschenrechte, sie hätte sich aber noch strengere Regeln für Klima- und Umweltschutz gewünscht. Die Grünen-Politikerin betonte auch, dass das EU-Lieferkettengesetz über das deutsche Gesetz hinausgehe und mehr Unternehmen von den Regeln erfasst würden.

In Deutschland gilt seit Jahresbeginn ein Lieferkettengesetz, dass nun an die neue EU-Regelung angepasst werden muss. Das nationale Gesetz gilt bisher für Firmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden, im EU-Gesetz soll das bereits für Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten gelten. Das deutsche Lieferkettengesetz nimmt zudem nur die direkten Zulieferer in den Blick, während die EU-weite Richtlinie für die gesamte Lieferkette gilt.

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