Greenwashing:Deutsche-Bank-Tochter muss 19 Millionen Dollar Strafe zahlen

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DWS-Schriftzug am Firmensitz der Fondsgesellschaft in Frankfurt. (Foto: RALPH ORLOWSKI/REUTERS)

Hat die DWS ihre Fonds als nachhaltiger verkauft als sie sind? Die US-Börsenaufsicht hat wohl Anhaltspunkte dafür gefunden. Die Details dürften die ganze Fondsbranche interessieren.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Lange Zeit hatten die Fondsgesellschaft DWS und ihre Konzernmutter Deutsche Bank die Greenwashing-Vorwürfe ihrer früheren Nachhaltigkeitschefin Desiree Fixler als "völlig unbegründet" heruntergespielt - selbst dann noch, als im Sommer 2021 die Börsenaufsicht SEC, die Finanzaufsicht Bafin und wenig später sogar die Strafbehörden in Deutschland Ermittlungen dazu aufnahmen. Und lange Zeit war unklar, wer nun recht hat: Fixler, die ihrem früheren Arbeitgeber vorwarf, Wertpapierfonds viel grüner darzustellen, als sie sind und im Geschäftsbericht dazu falsche Angaben gemacht zu haben, oder die DWS, die alles rigoros zurückwies.

Nun gibt es etwas mehr Klarheit, denn mit der SEC hat jetzt die erste Behörde ihre Untersuchung abgeschlossen und eine Strafe von 19 Millionen Dollar gegen die DWS verhängt. Hinzu kommen sechs Millionen Dollar für laxe Anti-Geldwäsche-Programme. Fixlers Vorwürfe? Waren offensichtlich nicht völlig unbegründet. Wie die SEC am Montag mitteilte, müssten Anlageberater sicherstellen, "dass ihre Handlungen ihren Worten entsprechen". Die DWS aber habe damit geworben, "Nachhaltigkeit" in der DNA zu haben, was der SEC zufolge nicht der Fall gewesen sei: Vielmehr hätten Anlageexperten der DWS die von ihr vermarkteten nachhaltigen Anlageprozesse nicht befolgt, was die Börsenaufsicht als "irreführende Aussagen" wertete. Konkret dazu, wie die DWS bestimmte Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Aktienauswahl für Fonds einbeziehe und dies dann auch kontrolliere.

Für US-Verhältnisse wirkt die Strafe gleichwohl noch überschaubar. Man sei "froh", die Untersuchungen abschließen zu können, die im Zusammenhang stünden mit "früheren Prozessen, Verfahrensweisen und Marketinggepflogenheiten, die wir bereits adressiert haben", teilte ein DWS-Sprecher mit. "Infolge ihrer zweijährigen intensiven Untersuchung" habe die SEC in ihrer ESG-Anordnung keinerlei falsche Angaben in Bezug auf die Finanzveröffentlichungen oder die Offenlegungen in den Fondsprospekten festgestellt, so die DWS. Die Anordnung mache zudem deutlich, dass es keine betrügerische Absicht gegeben habe. Der Aktienkurs der DWS rutschte dennoch leicht ins Minus.

Angst vor dem Greenwashing-Pranger

Andererseits sind 19 Millionen Dollar eben auch fünf mal so viel, wie etwa die US-Großbank Goldman Sachs Ende 2022 wegen Greenwashing an die SEC bezahlen musste. Zudem summierten sich die Anwaltskosten der DWS in dieser Sache bis Mai 2023 auf 39 Millionen Euro, wie die Gesellschaft auf ihrer Hauptversammlung eingestand. An der Börse hatte die DWS wegen der Vorwürfe eine Milliarde Euro an Wert verloren; auch die Reputation der zweitgrößten deutschen Fondsgesellschaft litt gewaltig. Andere Fondsanbieter verfolgten die Vorgänge daher mit einem gewissen Gruseln. Schließlich war die Zahl der angeblich oder tatsächlich nachhaltig verwalteten Fonds zuletzt regelrecht explodiert, die Angst vor dem "Greenwashing-Pranger" wuchs.

Desiree Fixler, Ex-Nachhaltigkeitschefin der DWS (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer/Mark Siaulys Pfeiffer)

Mit Blick auf die DWS hätte sich das Debakel wohl vermeiden lassen, hätte die DWS-Führung die Bedenken ernst genommen. Fixler hatte Anfang 2021 zunächst unternehmensintern bemängelt, die DWS verkaufe sich zu nachhaltig, war damit aber nicht durchgedrungen. Im Gegenteil: Kurz darauf ließ die DWS nicht nur ihren Arbeitsvertrag auslaufen, sondern lancierte ein Memo an die Medien, indem angedeutet wurde, es habe ihr an "Zugkraft" gefehlt. Die Amerikanerin sah ihre Reputation zerstört und wandte sich im Sommer 2021 an das Wall Street Journal. Daraufhin nahmen US-Behörden und auch die deutsche Finanzaufsicht Ermittlungen auf.

Als im Mai 2022 auch noch die Frankfurter Staatsanwaltschaft die DWS wegen des Verdachts auf Prospekt- und Kapitalanlagebetrugs durchsuchte, musste DWS-Chef Asoka Wöhrmann zurücktreten. Auch Karl von Rohr, zuletzt DWS-Aufsichtsratschef und Vizechef der Deutschen Bank, hat den Konzern gerade verlassen, was dem Vernehmen nach ebenfalls mit seinem Umgang mit dem Thema zu tun gehabt haben soll. Wöhrmanns Nachfolger Stefan Hoops hatte die Vorwürfe zwar stets zurückgewiesen, aber immerhin "überschwängliches Marketing" eingestanden.

Desirée Fixler begrüßte die SEC-Entscheidung. "Greenwashing schadet den Anlegern und gefährdet die Finanzstabilität", sagte sie der SZ. Es sei gut, dass sich die Aufseher damit befassten. Auch Greenpeace-Finanzexperte Mauricio Vargas sieht es als Erfolg, dass Greenwashing nun doch Folgen hat. "Die hohe Strafe der mächtigen amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde SEC gegen die DWS zeigt deutlich: Verbrauchertäuschung bei Umweltthemen ist kein Kavaliersdelikt", sagt Vargas. Die Strafe sei ein deutlicher Weckruf an die Kunden der DWS, die sich fragen müssten, ob sie mit ihrem Geld "dieses skandalöse Geschäftsgebaren" unterstützen wollten. Insbesondere professionelle Anleger wie etwa Versorgungswerke müssten prüfen, ob der laxe Umgang mit Umweltthemen bei der DWS mit ihren Prinzipien vereinbar sei.

Offen ist nun auch noch, zu welchem Ergebnis die Staatsanwaltschaft kommt. Im Sommer war bekannt geworden, dass die Behörde seit Januar auch direkt gegen Ex-DWS-Chef Wöhrmann ermittelt. Die DWS hatte zwar stets ventiliert, man stehe kurz davor, sich auf eine Geldbuße zu einigen. Danach sieht es aber nicht aus. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, die Ermittlungen dauerten an. Die Finanzaufsicht Bafin verwies darauf, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt das Verfahren an sich gezogen habe, weshalb die Bafin keine eigenen Bußgelder in dieser Sache erlassen könne. Auch das US-Justizministerium DOJ ermittelt dem Vernehmen nach noch, wobei der aktuelle Stand unklar ist. Ein DWS-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern. Man hoffe aber, dass die Einigung mit der SEC ein wichtiger Schritt sei, das Thema zu einem Ende zu bringen.

Anmerkung der Redaktion: Eine frühere Version des Artikels wurde um weitere Stellungnahmen ergänzt.

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