Tennis:16 Bier und Schneegestöber

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Regenpause: Alexander Zverev harrt in seinem Match gegen den Österreicher Jurij Rodionov gelassen der Dinge. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Die BMW Open präsentieren sich als Schnee-und-Regen-Turnier - doch so schnell lassen sich die Münchner Tennisliebhaber nicht aus der Ruhe bringen. Sogar die Spieler versuchen, das Beste daraus zu machen.

Von Gerald Kleffmann

Die beste Taktik, um sich nicht vom Münchner Wetter während der BMW Open verrückt machen zu lassen, ist die von Alexander Zverev: einfach schlafen! Oder bloß nicht aus dem Fenster schauen! So hatte es ja Deutschlands bester Tennisprofi dieser Tage praktiziert, ehe er am Mittwoch selbst zu seinem ersten Einsatz beim MTTC Iphitos antreten musste. So hatte er es berichtet.

Spaßig war sein Match gegen den tapfer kämpfenden Österreicher Jurij Rodionov einerseits nicht, denn es gab zwei Unterbrechungen wegen Regens, wobei die erste, wie der beflissene Berichterstatter des Sportinformationsdienstes minutengenau stoppte, sich exakt 2:17 Stunden in die Länge zog. Münchner Regen kann zäh sein. Andererseits hatten vor allem die ausharrenden Zuschauer trotzdem ihre Freude beim 7:6 (3), 6:2-Erfolg Zverevs und rissen zum Ende der Partie gar die Arme hoch zur Stadionwelle. "Ich hätte auch 16 Bier getrunken, wenn ich so viel Zeit gehabt hätte", scherzte Zverev beim kurzen Interview auf dem Platz mit der Münchner Platzsprecher-Legende Ralf Exel. Die Laune stimmt bei dem ATP-Turnier, von Wetterkapriolen lassen sie sich hier nicht unterkriegen.

Die Bilder, wie Juan Martín del Potro 2016 im Schneetreiben Bälle schlug, gingen um die Tenniswelt - schöne Gratis-PR

Im Internet fasste ein interessierter Mensch die tatsächlich alljährlich wiederkehrende Lage pointiert zusammen: Drei Dinge seien unabänderlich im Leben: der Tod, die Steuern - und BMW-Open-Wetter. Aufgrund der frühen Terminierung im Jahreskalender hat man hier wahrlich schon oft genug Frühling, Sommer, Herbst und Winter binnen nur einer Woche erlebt. Und manchmal sogar an nur einem Tag.

Eine Polarforscherin? Nicht ganz. Sophia Thomalla, die Freundin von Alexander Zverev, macht Bekanntschaft mit dem launischen Münchner Wetter. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Der argentinische US-Open-Sieger Juan Martín del Potro dürfte bis heute nicht vergessen haben, wie er 2016 bei seiner Teilnahme in Bayerns Landeshauptstadt auf dem Trainingsplatz vor dem schmucken Klubhaus stand und Bälle schlug, während um ihn herum dicke Schneeflocken tanzten. Ein Video davon ist immer noch im Netz zu bestaunen. Die Bilder gingen damals um die Tenniswelt, gratis PR fürs Turnier. Der Profikollege John Peers aus dem warmen Australien warf daraufhin amüsiert die Frage auf: "Gibt es eine Schnee-Regel?" Die Veranstalter der BMW Open kreierten prompt einen werbewirksamen Spruch, der mehr denn je seine Gültigkeit hat, zumindest unter klimatischen Gesichtspunkten: "Wir können mit Fug und Recht immer noch sagen: Wir haben das härteste Sandplatzturnier der Welt", sagt Patrik Kühnen und lächelt.

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Der ehemalige Profi und nun langjährige Münchner Turnierdirektor wirkte auch an diesem Donnerstag folglich sehr tiefenentspannt, denn wieder hatte das Wetter zugeschlagen. Schnee, Regen, Hagel, Regen, schließlich blitzte die Sonne durch, so sieht das hier aus, und niemand wundert sich. Steht der Münchner im Feierabendstau, geht ja jeder sofort an die SUV-Decke. "Natürlich wünschen wir uns alle auch besseres Wetter", sagt Kühnen weiter der SZ. "Aber Dinge, die du nicht ändern kannst, die gilt es eben auch zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Wir bemühen uns, dass wir ein tolles Turnier aufsetzen, das Wetter können wir leider nicht beeinflussen."

Und die Entscheidungshoheit über den Turnierkalender obliegt auch nicht den Münchner Machern. "Wir hatten immer die Turnierwoche über den 1. Mai", sagt Kühnen. "Jetzt hat die ATP Tour aber entschieden, dass die großen Masters-Turniere zwölf Tage dauern. In Zuge dessen musste Platz gefunden werden für Madrid. Das Turnier in Spanien hat nun zusätzlich unsere alte Woche bekommen, und wir sind vorgewandert auf Mitte April." Das Gute aus Sicht Kühnens aber: "Die BMW Open bleiben Teil des Sandplatz-Swings vor den French Open." Das zweite Grand-Slam-Turnier der Saison findet in diesem Jahr von 26. Mai an in Paris statt.

Das Prozedere, wie das Schnee-und-Regen-Turnier am Rande des Englischen Gartens mit dem vielen Nass umgeht, ist derweil stets das Gleiche. In Paris werden ja rasch Planen von einer großen Gruppe Helfer über die berühmte Terre Battue gezogen, sodass der Platz schnell wieder spielbereit ist. In München funktioniert diese Methode nicht. "Zwei Faktoren sind entscheidend", erklärt Kühnen: "Man braucht rechts und links Abflüsse für das Wasser, das sich auf der Plane sammelt. Diese haben wir in der Form nicht. Und zwischen Platz und Plane bildet sich zudem sehr viel Feuchtigkeit. Und dann wird der Platz schmierig." Auf diese Weise würde sich auch das Verletzungsrisiko für die Spieler erhöhen.

Belastungstest für die Münchner Sandplätze: Am Mittwoch fiel auch Schnee beim ATP-Turnier. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

"Wenn der Platz dagegen offen ist, entlüftet er besser. Und wir haben eine sehr gut funktionierende Drainage", sagt Kühnen. "Wenn es aufhört nach dem Regenguss, sind die Plätze schnell wieder bereit zum Spielen. Es sind auch Spieler zu mir gekommen und haben gesagt: Ist ja Wahnsinn, dass man nach einem Regenguss eine Stunde später spielen kann."

Von den Spielern selbst kommen bislang auch keine Beschwerden. Zumindest ist keine Klage bekannt wie jene, die Viktoria Asarenka 2020 bei den French Open bibbernd zum Besten gab. "Mir ist kalt, es ist acht Grad, ich lebe in Florida", jammerte die Belarussin damals während einer Partie. Gegen die Kälte gibt es im Übrigen Mittel, wie Zverev am Mittwoch zeigte. Er trug lange Funktionswäsche, die seine langen Arme und Beine noch länger erscheinen ließen. Aber es half. Und dass die Zuschauer auf bayerisches Bier Zugriff haben, kann zumindest für diese ein Segen bei jeder Wetterlage sein. Es müssen ja nicht gleich 16 sein.

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