Fünf Partien sind es noch bis zum Finale der Europameisterschaft in England. Das Endspiel in Wembley zu erreichen, wäre für die deutschen Nationalspielerinnen ein großer Erfolg. Sie haben die EM zwar schon achtmal gewonnen, bei der jüngsten Auflage 2017 aber im Viertelfinale verloren und seither keinen Titel mehr geholt. Gelänge ihnen dies nun, würden sie vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit einer historisch hohen Prämie belohnt: 60 000 Euro für jede. Das sind zwar deutlich weniger als die 400 000 Euro für die Männer im Falle eines WM-Siegs in Katar - aber nennenswert mehr als die 37 500, die es für einen Triumph vor fünf Jahren gegeben hätte.
Ist das genug? Müsste es mehr sein? Die Hälfte der bei der Frauen-EM vertretenen Verbände haben inzwischen in unterschiedlicher Form beschlossen, dass die Einnahmen zwischen Frauen und Männern gerechter verteilt werden sollen: England, Spanien, Schweden, Norwegen, Finnland, Island, die Niederlande und die Schweiz. Der DFB sieht diesen Punkt noch nicht erreicht, wofür die Nationalspielerinnen Verständnis geäußert haben, etwa Kapitänin Alexandra Popp im SZ-Interview. Erstmal gleiche Bedingungen, bevor wir über gleiche Bezahlung reden, so lautet aktuell das Motto - vor allem für die Frauen-Bundesliga.
Die EM-Prämie hält auch Nationalspielerin Lina Magull für angemessen. Sie hat nun jedoch für das Alltagsgeschäft in den Vereinen mehr Geld gefordert: "Wir Fußballerinnen sollten ab der zweiten Liga so gut verdienen, dass niemand mehr nebenbei arbeiten gehen muss", sagte die 27-Jährige vom FC Bayern der Bild. Mit einem "Mindestgehalt von 2000, 3000 Euro im Monat", so Magull, könnte man die Entwicklung im Frauenfußball nachhaltig voranbringen". Es gehe nicht um mehrere Millionen, sondern um eine Steigerung, mit der "alle - nicht nur die Nationalspielerinnen - ihren Sport professionell ausüben können".
Diese Forderung im Sinne des Fortschritts ist berechtigt. In Deutschland studieren und arbeiten die Spielerinnen neben dem Fußball, nur wenige sind Vollprofis. Während die Top-Verdienerinnen auf fünfstellige Beträge im Monat kommen, gibt es andere, die nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung von wenigen hundert Euro erhalten.
In der spanischen Liga war das nicht anders, bis die Spielerinnen streikten, verhandelten und nun ein Mindestgehalt von 16 000 Euro pro Jahr inklusive Mutterschutz über einen Tarifvertrag garantiert bekommen. Im EM-Gastgeberland England müssen Klubs für eine Lizenz in der Women's Super League gewisse Mindestanforderungen erfüllen, auch bei der Bezahlung. "Ich weiß nicht, warum das in Deutschland nicht geht", sagt Magull. "Wir brauchen mehr Mittel, um die Entwicklung voranzutreiben."
Der Etat für ein gesamtes Frauen-Team in der Bundesliga - in der es neben der Bezahlung auch um infrastrukturelle Themen wie Flutlicht, Rasenheizung und den Zustand von Sanitäranlagen geht - beträgt selbst beim Meister VfL Wolfsburg mit geschätzten sechs Millionen Euro kaum das Jahresgehalt von so manch männlichem Profi. Könnten sich alle voll und ganz auf den Fußball fokussieren und mehr trainieren, würde das die Leistung steigern und damit die Attraktivität eines Sports, der sich technisch und taktisch bereits fortentwickelt hat. Das wiederum würde mehr Sponsoren anlocken - und mehr Geld einbringen.
Aus sich selbst heraus könnten die Frauen-Abteilungen der Bundesligisten einen Mindestlohn nicht finanzieren. In einer Sportart, in der Millionen und Milliarden fließen, stellt sich die Frage "Wer soll das bezahlen?" aber vielleicht gar nicht wirklich. Vielmehr geht es darum, ob die Vereine ein Interesse daran haben.