Fußball-Bundesliga der Frauen:Endlich mehr Sichtbarkeit

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Zwei Turniere gespielt, eines gewonnen: Sarah Zadrazil (Mitte) hat mit dem FC Bayern München in der Vorbereitung den Titel des Women's French Cup gesichert, beim Women's Cup gewann Racing Louisville das Finale im Elfmeterschießen. (Foto: Tim Nwachukwu/AFP)

Erstmals werden in der Bundesliga alle 132 Spiele übertragen, manche Experten sprechen von einem "neuen Zeitalter". Der Fußball der Frauen gilt schon länger als Wachstumsmarkt - und will sein Potenzial ausschöpfen.

Von Anna Dreher

Zum Abschluss ihrer Vorbereitungsreise kickten die Spielerinnen des FC Bayern in den USA vor 7813 Zuschauern, und das liefert schon den Übergang zum großen Thema, wenn an diesem Freitag die neue Saison der Bundesliga losgeht: Zuschauer. Die Partie im Family Flynn Stadium in Louisville, Kentucky, fand vor einer Kulisse statt, die die Fußballerinnen auch bei ihren Spielen in Deutschland anstreben, von der sie aber noch weit entfernt sind - auch wenn wieder Fans zugelassen sein werden.

Wenn die TSG 1899 Hoffenheim und der SC Freiburg die neue Saison diesen Freitag (19.15 Uhr, Eurosport) eröffnen, ist die Erwartungshaltung an das sportliche Drehbuch eine ähnliche wie in den vergangenen Jahren. Der FC Bayern und der VfL Wolfsburg werden die Meisterschaft wohl unter sich ausmachen. Seit der Saison 2012/2013 ging die Schale sechsmal nach Wolfsburg und dreimal nach München, beide Klubs stellen nach wie vor die potentesten Kader der Liga. Aber zwei Dinge sind dann doch anders und könnten die Dramaturgie beeinflussen: Erstmals seit 2016 kehren die Münchnerinnen als Gejagte aus der Sommerpause zurück, und erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit sind es die Wolfsburgerinnen, die einen Umbruch moderieren müssen.

FC Bayern
:Voll im Plan

Mit dem Gewinn der Meisterschaft erreichen die Fußballerinnen des FC Bayern eines der gesteckten Etappenziele auf dem Weg, sich an der Spitze zu etablieren. Das Team wird sich kaum verändern - was der entscheidende Vorteil gegenüber Dauerkonkurrent Wolfsburg sein könnte.

Von Anna Dreher

Neben Cheftrainer Stroot ist auch die frühere Nationalspielerin Kim Kulig-Soyah neu beim VfL Wolfsburg

Der Schritt, den der FC Bayern im Sommer 2019 mit einem Trainerwechsel und diversen neuen Gesichtern im Kader bewältigen musste, steht dem VfL bevor. Trainer Stephan Lerch (vier DFB-Pokal-Siege, drei Meistertitel in vier Jahren als Cheftrainer) hat den Verein verlassen. Sein Nachfolger Tommy Stroot muss nun gleichzeitig selbst ankommen und dafür sorgen, dass anderen das ebenso schnell gelingt. Neben dem 32 Jahre alten Deutschen, der zuvor beim FC Twente gearbeitet hat, ist auch die frühere Nationalspielerin Kim Kulig-Soyah als Co-Trainerin neu dabei. Sieben Spielerinnen haben den Klub verlassen; acht sind gekommen, darunter vier deutsche Nationalspielerinnen: Lena Lattwein und Tabea Waßmuth (beide Hoffenheim), Sandra Starke (SC Freiburg) und Turid Knaak (Atlético Madrid).

Das größte Novum diese Saison aber ist die größere Sichtbarkeit der Liga, erstmals werden alle 132 Partien live übertragen. "Wir haben einen großen Schritt getan", sagte DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg in einer Medienrunde am Dienstag. "Ich hoffe, das wird gut angenommen und die Qualität der Liga in die Öffentlichkeit bringen." Der Streamingdienst Magenta Sport zeigt jede Partie, Eurosport wird weiterhin eine pro Spieltag im frei empfangbaren Fernsehen präsentieren. Ein Samstagsspiel soll regelmäßig zusammengefasst in der Sportschau der ARD zu sehen sein, die ebenfalls Live-Rechte für ein Spiel pro Spieltag besitzt. Zudem wird die Champions League beim Streamingdienst Dazn übertragen, die mit einem neuen Format erstmals auch zentral vermarktet wird.

Mehr Präsenz wurde von Fußballerinnen und Klubverantwortlichen vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) schon lange gefordert und soll nun deutlich zur Professionalisierung beitragen, wo inzwischen vor allem England Maßstäbe setzt. Frauenfußball wird gemeinhin als Wachstumsmarkt gesehen, bei dem die potentielle Aufmerksamkeit viel höher ist als die aktuelle - zu dem Ergebnis kommen auch die Wirtschaftsprüfer von Deloitte in einem aktuellen Report. Kaum ein Profi-Klub kann es sich noch leisten, kein Frauen-Team mehr zu haben. Borussia Dortmund startet erstmals mit einer eigenen Mannschaft, wenn auch ganz unten in der Kreisliga. Der VfB Stuttgart übernahm die Spielrechte vom VfB Obertürkheim und wird kommende Saison mit einer Mannschaft antreten. Seit eineinhalb Jahren gibt es zudem Überlegungen, die Bundesliga wie die Männer-Bundesliga auch unter dem professionellen Dach der DFL zu organisieren - aktuell ist der DFB zuständig.

In Bayern, Wolfsburg und Hoffenheim könnten diese Saison drei Klubs in der Champions League spielen

"Es ist für mich ein klein bisschen ein neues Zeitalter", sagte Siegfried Dietrich, Vorsitzender DFB-Ausschuss Frauen-Bundesligen und Sportdirektor Frauen von Eintracht Frankfurt. "Das wirkt sich auf alle Bereiche aus. Mehr Aufmerksamkeit heißt auch mehr Sponsoren, und mit den größeren Mitteln dann einen größeren Kampf um talentierte Spielerinnen."

Von denen sind zwar erneut manche ins Ausland gegangen, beispielsweise bei Wolfsburg Torgarantin Fridolina Rolfö und Ingrid Engen zum FC Barcelona. Beim FC Bayern wogen unter den sechs Abgängen jene von Amanda Ilestedt (Paris Saint-Germain) und Simone Boye-Sørensen (FC Arsenal) am schwersten. Aber die Münchnerinnen konnten in Ex-Weltmeisterin Saki Kumagai (Olympique Lyon) und Sofia Jakobsson (Real Madrid) auch zwei international große Namen verpflichten.

Sollten sich die TSG Hoffenheim, welche die Liga-Torschützenkönigin und Deutschlands Fußballerin des Jahres 2021 Nicole Billa halten konnte, sowie Wolfsburg für die Gruppenphase der Champions League qualifizieren, würden neben diesen beiden und dem FC Bayern sogar drei Klubs international spielen. Auch das würde der Bundesliga in Sachen Attraktivität sicher nicht schaden.

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