USA:Viel Wut, keine Hähnchen

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Wer auf Burger steht, geht in den USA gerne zu Chick-fil-A. Das Unternehmen galt als konservativ, doch jetzt hat die Firmenleitung ihre Klientel gegen sich aufgebracht. (Foto: Justin Sullivan/Getty Images via AFP)

Die Fast-Food-Kette Chick-fil-A hat einen Diversity Manager eingestellt, nun gibt es Aufrufe zum Boykott. Kein Einzelfall im aufgeheizten Klima der USA, wo die Konservativen alles bekämpfen, was angeblich "woke" ist.

Von Kathrin Werner

Chick-fil-A war eigentlich das Fast Food der Konservativen. Der Chef wetterte gern gegen die Homoehe, das Unternehmen betonte die eigenen christlichen Wurzeln und spendete für Gruppen, die gegen die Rechte von Homosexuellen und Transmenschen eintraten. Und die Firmenfarbe war so ein passendes Make-America-Great-Rot.

Doch dann passierte das: Ein ultrarechter Stimmungsmacher fand heraus, dass Chick-fil-A es gewagt hat, einen Abteilungsleiter für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion einzustellen. Solche Managerinnen und Manager gibt es inzwischen in fast allen größeren Konzernen, sehr zum Leidwesen der Rechten in den USA. Die Diversitätsmanager sollen sich zum Beispiel dafür einsetzen, dass nicht-weiße Menschen im Bewerbungsverfahren keine Nachteile haben und Frauen und Männer gleich bezahlt werden, so zumindest die Idee der Unternehmen. Die Rechten aber gehen davon aus, dass sie dafür sorgen werden, dass weiße Männer keine Chancen mehr bekommen und alle Topjobs zukünftig mit schwarzen Frauen oder Nagellack tragenden Menschen besetzt werden, die sich selbst keinem der angeblich nur zwei existierenden Geschlechter zuordnen können.

"Woke" ist das Lieblings-Hasswort der Konservativen

Diversität und Inklusion sind zu Kampfbegriffen geworden, ähnlich wie das Lieblings-Hasswort der Konservativen: woke. Es steht dafür, Diskriminierung mit offenen Augen, also wach, zu begegnen. Wenn aber Konservative etwas als woke bezeichnen, ähnelt das einem Boykottaufruf. Gegen Chick-fil-A, Spezialist für Hähnchen-Sandwiches, gibt es nun auch Wokeness-Vorwürfe von rechts und eine direkte Aufforderung zum Boykott - mit mehr als 50 000 Zustimmungen bei Twitter. Konservative Politiker wie Ron DeSantis befeuern die Stimmung.

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Auch andere Marken hat die rechtskonservative Wut bereits hart getroffen, allen voran Bud Light. Der Absatz des zum Brauereikonzern Anheuser-Busch InBev gehörenden Biers ist um 25 Prozent eingebrochen, der Aktienkurs ist abgestürzt. Grund dafür: Bud Light hatte eine Werbekooperation mit der Trans-Influencerin Dylan Mulvaney gestartet, über die sich die Rechten so sehr aufgeregt haben, dass sie zum Boykott aufriefen. Bud Light war vorher eher das Bier der Masse, vor allem auch der Masse rechts der politischen Mitte. Und die Einzelhandelskette Target verlor an der Börse rund 12 Milliarden Dollar an Wert, weil es so heftige Proteste gegen die neue angeblich woke Kinderklamottenkollektion gab, unter anderem T-Shirts mit dem Aufdruck "Trans People will always exist". Marketingexperten analysieren, dass die Konservativen besonders empört sind, wenn sich Unternehmen, die sie als eines von ihren gesehen haben, plötzlich als doch nicht ganz so rechts entpuppen.

Unternehmen können es heute in den USA kaum richtig machen. Setzen sie sich für Bürgerrechte ein, empören sich die Rechten. Präsentieren sie sich als wertkonservativ, verlieren sie die linksliberalen Käufer. Bei Chick-fil-A ist es überwiegend die andere Seite, die das Unternehmen kritisiert, vor allem Gruppen, die sich für LGBTQ-Rechte einsetzen, also für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen. Und dann gibt es noch die große Bevölkerungsgruppe, die sich für Diversitätsmanagement kaum interessiert, aber gerne Chicken Burger isst. Den Boykottaufruf gegen Chick-fil-A lehnte eine knappe Mehrheit der Twitter-Nutzer ab.

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