Wahlen in Sachsen und Brandenburg:Kramp-Karrenbauer will Rot-Rot-Grün in Brandenburg verhindern

  • Am Tag nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen machen sich die Parteien daran, die Ergebnisse einzuordnen.
  • FDP und Linke geben sich selbstkritisch, auch bei CDU und SPD ist die Laune nicht besonders gut.
  • CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer betonte erneut, es werde in Sachsen keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, auch wenn ein Viertel der Wähler der Partei ihre Stimme gab.
  • SPD-Interimschef Schäfer-Gümbel erklärt sich das starke Abschneiden der AfD mit einem Gefühl des Alleingelassensein bei den AfD-Wählern: Es dürfe keinen Rückzug des Staates in der Daseinsvorsorge geben. In Teilen sei das im Osten passiert.

Die neuesten Entwicklungen im Liveticker:

Benedikt Peters
Benedikt Peters

Tschüss aus der SZ-Redaktion


Das soll es für heute gewesen sein mit der Live-Berichterstattung zu den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Unsere Korrespondenten und Redakteure werden Sie aber weiterhin auf dem Laufenden halten, mit Berichten, Reportagen, Kommentaren und Analysen. Einen guten Abend!
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Frauenanteil sinkt weiter


In Brandenburg sind nur 28 der 88 neu gewählten Landtagsabgeordneten Frauen. Vor der Wahl waren noch 32 und 2004 sogar noch 36 Landtagsabgeordnete Frauen. In wenigen Jahren wird der Landtag dann wohl doch noch krawattenärmer: Brandenburg ist das erste Bundesland, das ein Parité-Gesetz für den Landtag einführt. Ab 2020 sollen bei Landtagswahlen gleich viele Frauen und Männer auf den Landeslisten der Parteien stehen. Direktkandidaten betrifft die Regel nicht - das heißt, der Frauenanteil wird trotz Parité-Gesetz nicht unbedingt 50 Prozent betragen. Aber geringer als die aktuellen 25 Prozent kann er nicht sein.
Benedikt Peters
Benedikt Peters

AfD will Untersuchungsausschuss wegen gekürzter Landesliste


Die sächsische AfD will mit "allen rechtlichen Mitteln" gegen die Kürzung der Landesliste für die Landtagswahl vorgehen. Zunächst wolle sie einen Untersuchungsausschuss dazu im Landtag beantragen und den Vorgang dem Wahlprüfungsausschuss vorlegen, sagte AfD-Generalsekretär Jan Zwerg am Montag in Dresden. Das Verfassungsgericht Leipzig hatte vor der Wahl entschieden, dass die AfD nur mit 30 Listenkandidaten und nicht wie geplant mit 61 antreten kann. Zunächst hatte der Landeswahlausschuss sogar nur 18 Bewerber zugelassen. Als Grund nannte der Ausschuss formale Mängel bei der Listenaufstellung.
Die AfD kam bei der Wahl auf 27,5 Prozent der Zweitstimmen. Nach diesem Ergebnis stünden ihr 39 Sitze im neuen Sächsischen Landtag zu. Infolge der gekürzten Liste bekommt sie aber nur 38 Mandate. "Wir sind der Meinung, dass wir keine Fehler gemacht haben", sagte Zwerg. "Wenn wir die Liste im Nachhinein bestätigt bekommen, dann ist es klar, dass es Neuwahlen gibt." Bereits am Wahlabend hatte Sachsens AfD-Chef Jörg Urban angekündigt, eine Neuwahl anzustreben.
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

"Hallo 10,8 %. Danke Brandenburg"


Die Brandenburger Grünen haben eine gute Chance, an der nächsten Regierung beteiligt zu sein. Entsprechend euphorisch klingt dieser Tweet mit einem Foto ihrer Wahlparty. Sie gratulieren Marie Schäffer, die das erste Direktmandat für die Grünen in Brandenburg überhaupt geholt hat. Die 28-jährige Schäffer gilt übrigens als Vertreterin einer neuen politischen Kultur. Mit einem Transparenzgesetz will die Informatikerin dafür sorgen, dass alle Daten aus der Verwaltung automatisch im Internet veröffentlicht werden. Auch eine Bürgerbeteiligungsplattform für neue Gesetze will sie initiieren.
Philipp Saul
Philipp Saul

SPD fordert Grundrente vor Thüringen-Wahl


Die SPD verlangt in der großen Koalition vor der nächsten Landtagswahl Ende Oktober in Thüringen eine schnelle Einigung auf eine Grundrente. "Wir werden jetzt Druck machen", kündigte Klingbeil an. "Nichts hilft den Menschen so sehr wie konkrete politische Entscheidungen." Die SPD habe eigentlich schon vor den Wahlen in Brandenburg und Sachsen am Sonntag eine Einigung angestrebt, das sei mit der Union jedoch nicht möglich gewesen.

"Wir wollen, dass es schnell zu einer Lösung kommt", betonte Klingbeil. "Die Union muss sich jetzt bewegen." Das Konzept von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) liege schon seit Wochen auf dem Tisch und sei überzeugend.

Während die SPD auf eine Grundrente ohne Prüfung der Bedürftigkeit pocht, bestehen CDU und CSU genau darauf. Die Koalitionsspitzen hatten sich verständigt, dass eine Arbeitsgruppe einen Kompromiss in dem Streit suchen soll.
Benedikt Peters
Benedikt Peters

Zentralrat der Juden fordert klare Abgrenzung von AfD


Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat der Zentralrat der Juden in Deutschland die anderen Parteien aufgefordert, weiter eine klare politische Auseinandersetzung mit der AfD zu führen. Die Ergebnisse seien zwar ein wenig besser als zeitweise befürchtet, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Jüdischen Allgemeinen. "Trotzdem wäre es verheerend, sich jetzt, da die AfD weder in Potsdam noch in Dresden stärkste Fraktion geworden ist, entspannt zurückzulehnen und weiterzumachen wie bisher." Es gehe darum, eine Politik zu machen, die die Sorgen und Nöte der Bürger ernst nimmt.
Philipp Saul
Philipp Saul

SPD-Vorsitz: Brunner und acht Duos


Klingbeil kommt erneut auf die Suche nach einem neuen SPD-Vorsitzenden zu sprechen. Er bestätigt in seinem Statement, dass es neben acht Bewerberduos auch der bayerische Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner die Voraussetzungen erfüllt und die Unterstützung von mindestens einem Landesverband oder fünf Kreisverbänden gesammelt hat.

Das sind die Bewerber:
Boris Pistorius (59 Jahre) und Petra Köpping (61)
Norbert Walter-Borjans (66) und Saskia Esken (58)
Ralf Stegner (59) und Gesine Schwan (76)
Hilde Mattheis (64) und Dierk Hirschel (48)
Simone Lange (42) und Alexander Ahrens (53)
Michael Roth (49) und Christina Kampmann (39)
Karl-Heinz Brunner (66)
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Meier: Erwarte Abgrenzung gegen Rechts von der CDU in Sachsen


Bei den Grünen fragt dann noch eine Journalistin, ob es auch Bedenken gegen eine Koalition mit der CDU in Sachsen gebe. “Wir haben immer gesagt, wir wollen Verantwortung übernehmen”, sagt Katja Meier, auch wenn das mit der CDU in Sachsen, die auch nach Rechts geblinkt habe, nicht ganz einfach sei. Meier sagt, sie erwarte von der CDU in Sachsen eine klare Abgrenzung gegen Rechts. Grüne Themen im möglichen Koalitionspapier seien Voraussetzung für eine Zusammenarbeit.
Philipp Saul
Philipp Saul

Klingbeil: Vier Punkte gegen die AfD

Nun ist wieder die SPD an der Reihe. Generalsekretär Lars Klingbeil tritt vor die Presse. Auch er sieht seine Partei in Sachsen als Opfer der Polarisierung zwischen CDU und AfD. Lobende Worte findet Klingbeil für Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und dessen erfolgreichen Wahlkampf. Das Ergebnis werde aber dadurch gedämpft, dass große Teile der Bevölkerung in Sachsen und Brandenburg eine "rechtsextreme Partei" gewählt haben.

Mit vier Punkten wolle die SPD Wähler von der AfD zurückgewinnen. Beim politischen Stil solle die Partei das persönliche Gespräch mit den Wählern suchen und auf Themen wie Infrastruktur setzen, die die Menschen direkt betreffen. Gleichzeitig solle gegenüber den Wählern der AfD auch klar benannt werden: "Ihr wählt hier eine rechtsextreme Partei." Und außerdem solle die AfD entlarvt werden: In ihrer Zusammenarbeit mit Neonazis und in Punkten wie der Parlamentsarbeit oder einem fehlenden Rentenkonzept.
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Ländliche Regionen wurden aus Sicht der Grünen vernachlässigt


Baerbock versucht, eine Antwort darauf zu geben, warum die AfD so stark geworden ist. Sie betont, dass das nicht nur ein ostdeutsches Phänomen ist. Bei der Bundestagswahl habe die AfD auch in westdeutschen ländlichen Regionen viele Stimmen bekommen. Das zeige, dass gewisse Themen, die diese Regionen betreffen, lange von der Politik nicht angegangen worden seien. Baerbock nennt beispielsweise die Abdeckung mit Arztpraxen. Zudem sei der Rechtsextremismus über lange Jahre nicht intensiv genug angegangen worden. Das seien zentrale Anliegen für die Grünen, sagt Baerbock.
Benedikt Peters
Benedikt Peters

Der bayerische Blick auf den Osten


Beim Volksfest Gillamoos sind die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg ebenfalls Thema. Wer sich für den bayerischen Blick interessiert: Hier entlang.


Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Baerbock: Rote Linie bei der Kohle


Die Frage des Kohleausstiegs wird aus Sicht der Grünen eine zentrale Frage sein, wenn es in Brandenburg und Sachsen an die Sondierungen und die Koalitionsverhandlungen geht. “Das ist ein dickes Brett”, sagt Baerbock und kündigt an, dass die Grünen dabei eine rote Linie haben. Sie forderte außerdem die Bundesregierung auf, "endlich" das Kohleausstiegsgesetz zu beschließen. Die Menschen vor Ort bräuchten Planungssicherheit. Das angepeilte Ausstiegsdatum von 2038 hält sie für zu spät. Die Grünen nennen als Ziel das Jahr 2030.

Die Brandenburger Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher betonte, dass ihr Landesverband bereit wäre, in die Regierung zu gehen. Allerdings erwarte sie auch bei der Verkehrs- und Agrarpolitik Zugeständnisse, wie auch bei der Kohle: Es dürfe kein weiteres Dorf in der Lausitz abgebaggert werden.

Es zeige sich bereits, dass die Kohlekraft sich schon jetzt nicht mehr rechnet, sagt die sächsische Spitzenkandidatin Katja Meier. Man müsse bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommen. Auch sie nennt die Verkehrs- und Agrarpolitik als wichtige Bereiche.
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Senftleben: CDU will in Brandenburg mit SPD und Grünen regieren


Der Brandenburger CDU-Spitzenkandidat Senftleben zeigt sich am Tag nach seiner Schlappe gefasst. Er verdeutlicht, dass er die CDU und sich selbst trotz des schlechten Ergebnisses in einer neuen Regierungskoalition sieht, um einen "Politikwechsel" zu gestalten. Und er hat eine ziemlich genaue Idee, wie das aussehen soll: "Die CDU wird in Brandenburg nur in eine Regierung eintreten - aufgrund der Ergebnisse - mit SPD und Grünen. Andere Optionen wird es in Brandenburg definitiv nicht geben." Über einen möglichen Koalitionsvertrag will er die CDU-Mitglieder abstimmen lassen - eine Idee, die man sonst eher aus der SPD kennt.
Ingo Senftleben, Annegret Kramp-Karrenbauer und Michael Kretschmer (von links)
Ingo Senftleben, Annegret Kramp-Karrenbauer und Michael Kretschmer (von links). AFP
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Kramp-Karrenbauer: rot-rot-grün in Brandenburg verhindern


Inzwischen haben sich die Spitzengremien der CDU besprochen. Parteichefin Kramp-Karrenbauer erklärt, man sei sich in Vorstand und Präsidium einig gewesen: Die Ergebnisse seien "schwierig" - und "ein Signal für die CDU, die begonnene Erneuerung weiter voranzutreiben". Dann schildert sie, wie die erneuerte CDU "anpacken" wolle, Themen wie Klimapolitik oder innere Sicherheit fokussieren und allgemein volksnäher werden wolle. Mit einer solchen zupackenden Haltung habe Sachsens Ministerpräsident Kretschmer "die Bürgerinnen und Bürger dort überzeugt".

Dann wird die CDU-Chefin etwas deutlicher: Sie betont, dass die CDU in Brandenburg mitregieren will. "Für Brandenburg geht es jetzt darum, eine stabile Regierung zu bilden und die CDU als Stimme der Vernunft mit einzubeziehen. Es liegt jetzt auch bei den Verantwortlichen vor Ort, dafür zu sorgen, dass es in Brandenburg keine rot-rot-grüne Regierung gibt." Der Bundesvorstand der CDU habe Spitzenkandidat Senftleben "und die Freundinnen und Freunde in Sachsen ausdrücklich ermuntert und ermutigt, dieser Verantwortung auch gerecht zu werden".

Im Hinblick auf kommende Wahlen und auf die Koalitionsverhandlungen vor allem in Sachsen bekräftigt AKK, man halte "den Kurs der klaren Abgrenzung zur AfD" und es gelte "auch weiter der Beschluss, dass es mit der AfD keine Regierung geben wird".
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Baerbock: Taktisches Wählen hat Grünen geschadet


Bundesvorsitzende Annalena Baerbock zieht ein positives Fazit, sieht aber auch Schatten: Das taktische Wählen, was bereits Vertreter anderer Parteien ansprachen, habe den Grünen geschadet. Es habe dazu geführt, dass die SPD in Brandenburg und die CDU in Sachsen mehr Stimmen erhielten, damit die AfD nicht stärkste Partei werde. Baerbock sagt, dass für die Grünen die Entwicklung der ländlichen Räume ein wichtiges Thema ist: “Wir haben Regionen wo kein Bus mehr fährt, wo die Kita droht, zuzumachen.” Menschen würden sich zu Recht beschweren, dass da nichts passiere. Das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Grünen würden “natürlich” in Gespräche mit den anderen Parteien gehen.
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Landtagswahl in Brandenburg
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Brandenburg gilt als das rote Bollwerk im Osten, die SPD regiert hier seit 30 Jahren. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Dietmar Woidke muss sich gegen kaum greifbare Gegner verteidigen.

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