Richard Grenell:Washingtons undiplomatischer Diplomat in Berlin

Lesezeit: 3 min

Äußert sich ungewöhnlich deutlich: Richard Grenell während der Botschafterakkreditierung in Berlin (Foto: Odd Andersen/AFP)
  • Richard Grenell ist seit knapp vier Wochen US-Botschafter in Berlin. Er gilt als politischer Hardliner und Trump-Unterstützer der ersten Stunde.
  • In einem Gespräch mit der rechten Meinungsplattform Breitbart London gibt Grenell an, Europas Konservative stärken zu wollen. Er kritisiert die deutsche Verteidigungspolitik. Die Bundesregierung verlangt Aufklärung.
  • Der umstrittene Botschafter hat einen engen Freund in Berlin: den CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn. Die beiden verbindet nicht nur ihr ähnlicher Lebensentwurf.

Von Jana Anzlinger und Kristiana Ludwig, Berlin

Öffentlich über die Bundesregierung schimpfen und dafür eine rechtspopulistische Plattform nutzen: Das klingt wie das Gegenteil von Diplomatie. Trotzdem hat der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, ausgerechnet Reportern von Breitbart London ein Interview gegeben, das nun in Berlin Empörung auslöst. In drei Artikeln fasst die Website Grenells Thesen zusammen: seine Hoffnung auf das Erstarken der europäischen Konservativen, seine Kritik am deutschen Verteidigungshaushalt und seine Meinung zu Angela Merkels Flüchtlingspolitik.

Breitbart London ist ein Ableger der US-amerikanischen rechtspopulistischen Meinungsplattform Breitbart, deren einstiger Chef Steve Bannon eine Weile Top-Berater von US-Präsident Donald Trump war. Das Medium und der Botschafter passen zusammen: Beide unterstützen Trump seit dessen Kandidatur. Und sowohl Breitbart als auch Grenell geben sich konservativ, poltern aber gegen "das Establishment" der Politik.

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Wenn Grenell also mit der Aussage zitiert wird, dass ihn "viele Konservative aus ganz Europa kontaktiert" hätten, weil sie das Gefühl einer baldigen "Wiederauferstehung" hätten, sind mit "Konservativen" womöglich AfD und Ukip gemeint. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, der mit der rechten FPÖ koaliert, bezeichnet er als "Rockstar". Grenell sagt, er wolle "anderen Konservativen in Europa, anderen Führern, zu mehr Macht verhelfen".

Auf Rückfrage versichert die US-Botschaft, Breitbart habe das Gespräch richtig wiedergegeben. Grenell habe seinen Aussagen nichts hinzuzufügen. Doch das Außenministerium will das jetzt genauer wissen. "Wir haben die US-Seite um Aufklärung gebeten", sagte ein Sprecher. Man wolle wissen, ob die Aussagen "tatsächlich so gefallen sind, wie sie wiedergegeben werden".

Der frühere SPD-Chef Martin Schulz kommentiert, Grenell benehme sich "nicht wie ein Diplomat, sondern wie ein rechtsextremer Kolonialoffizier". Nachdem von Grenell keine Entschuldigung kommt, sondern eine ungewöhnliche Einladung des "Rockstars" Kurz nach Berlin, legt Schulz noch einmal nach und erklärt den Botschafter für untragbar: "Ich hoffe, dass der Kurz-Besuch zu einem Kurz-Aufenthalt von Herrn Grenell in seiner Funktion als Botschafter in Deutschland führt."

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Politische Einmischung ist ungewöhnlich für Diplomaten. Entsprechende Kritik weist Grenell jedoch auf Twitter zurück: "Die Idee, dass ich Kandidaten/Parteien unterstütze, ist lächerlich. Ich bleibe aber bei meinen Kommentaren, dass wir ein Erwachen der stillen Mehrheit erleben - die die Eliten und ihre Blase ablehnt."

Der Bundesregierung wirft er schlechte Verteidigungspolitik vor. Er wiederholt Trumps Kritik, dass die europäischen Nato-Mitglieder das Ziel verfehlten, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts ins Militär zu stecken. "Die politische Elite" versuche, die deutsche Wehrlosigkeit zu vertuschen. Dass das Land durchaus über fehlende Gewehre und kaputte Flieger diskutiert, erwähnt er ebenso wenig wie die Reaktion auf den Druck aus Washington: Kanzlerin Angela Merkel hat Trump eine Erhöhung des Wehretats versprochen.

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Schon kurz nach seinem Amtsantritt hatte Grenell mit der Forderung für Ärger gesorgt, die deutsche Wirtschaft solle sich aus Iran zurückziehen. Kurz darauf bezeichnete er sich als "großen Merkel-Fan". Im Breitbart-Gespräch ist davon keine Rede mehr. Ein Mann, den Grenell ebenfalls nicht erwähnt, ist Jens Spahn. Dabei haben der konservative CDU-Gesundheitsminister und der Botschafter in den vergangenen Wochen kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um sich gemeinsam dem Internet zu präsentieren. Schon zur Ankündigung Grenells, dass er bald nach Deutschland gehe, gratulierte ihm Spahn auf Twitter. Die beiden hatten sich da bereits kennengelernt. Gleich nach seiner Ankunft in Berlin trafen sich die beiden zum "Abendessen mit Freunden", inklusive anschließendem Gruppenbild zu fünft: mit beiden Partnern und Hund. Grenell schrieb: "We always love hanging out with you two!" Immer prima, euch zu treffen.

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Spahn und Grenell verbindet ein Lebensentwurf. Sie führen beide homosexuelle Partnerschaften und stehen als Politiker für konservative Werte. Twitter dokumentierte, wie Spahn Grenell Ende Mai eine private Führung durch den Reichstag gab. Am Sonntag erschienen dann Selfies der beiden aus der "Zukunftswerkstatt" - einem Gesprächskreis für junge Unionspolitiker, den Jens Spahn vor fünf Jahren gegründet hatte. Grenell durfte hier am Sonntag seine außenpolitischen Thesen zum Besten geben - kurz nachdem er Breitbart das Interview gegeben hatte.

Außerhalb der Partei kommt das nicht gut an.

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© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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