Politik kompakt:Allawi gesprächsbereit - in alle Richtungen

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Großmut eines irakischen Wahlsiegers: Allawi plant Koalitionsgespräche auch mit dem unterlegen Amtsinhaber al-Maliki. Kurzmeldungen im Überblick.

Nach seinem Wahlsieg im Irak hat sich der ehemalige Ministerpräsident Ijad Allawi offen für Koalitionen in alle Richtungen gezeigt. Dies schließe ausdrücklich die Rechtsstaats-Allianz des amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki ein, sagte Allawi. "Der Irak gehört nicht irgendeiner Person oder irgendeiner Partei, sondern den Irakern."

Allawis säkulares Bündnis gewann nach amtlichen Angaben die Parlamentswahl mit zwei Sitzen Mehrheit. Al-Maliki hat angekündigt, das Ergebnis anfechten zu wollen.

Wegen des knappen Ausgangs werden langwierige Koalitionsgespräche befürchtet. Nach der Wahl 2005 dauerte es fünf Monate, bis die neue Regierung stand. Während dieser Zeit kam es zu einer Welle der Gewalt im Irak.

Der Protest der oppositionellen "Rothemden" in Thailand hält an, die Bank Austria muss möglicherweise einen dreistelligen Millionenbetrag aus SED-Vermögen an den Bund überweisen und Polens Parlamentschef kandidiert für das Präsidentenamt: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, soll eine Kommission zur Überprüfung der Bundeswehr-Strukturen leiten. "Er hat viel Erfahrung darin, große Strukturen zu optimieren", sagte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg der Bild am Sonntag laut Vorabbericht. Er sei froh, dass er Weise für die Aufgabe habe gewinnen können. Der 58-jährige Weise hat bei der Bundeswehr Wirtschaftswissenschaften studiert, ist Oberst der Reserve und hält regelmäßig Wehrübungen ab, die ihn auch nach Afghanistan führten. Er soll dem Bericht zufolge die Aufgabe neben seinem Posten als BA-Chef übernehmen. Guttenberg hatte eine umfassende Überprüfung der Strukturen der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums durch eine Kommission aus Fachleuten angekündigt.

Mehr als tausend Menschen haben am Samstag in Lübeck gegen einen Aufzug von Rechtsextremisten demonstriert. Zu der Aktion hatten Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und zahlreiche gesellschaftliche Gruppen aufgerufen. Am Rande der Demonstration randalierten nach Polizeiangaben einige Autonome, in der Innenstadt gingen mehrere Schaufenster durch Steinwürfe zu Bruch. Insgesamt seien acht Personen vorläufig festgenommen und 14 Störer in Gewahrsam genommen worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Aktion richtete sich gegen eine NPD-Kundgebung zum Jahrestag des britischen Bombenangriffs auf die Hansestadt Lübeck am 28. März 1942. Die Polizei beendete den Aufmarsch nach eigenen Angaben bereits nach wenigen hundert Metern, weil 450 Gegendemonstranten die Route blockierten. An der Kundgebung vor dem Bahnhof nahmen nach Angaben der Polizei rund 1300 Menschen teil, die Veranstalter vom Bündnis "Wir können sie stoppen" sprachen von 2000 bis 3000 Menschen. Während die Aktionen in Lübeck weitgehend friedlich verliefen, gab es in Duisburg bei Protesten gegen einen NPD-Aufmarsch zwei Verletzte. Insgesamt demonstrierten in Duisburg 600 Menschen gegen den Aufmarsch der Neonazis, bei dem 70 Teilnehmer gezählt wurden.

Mehrere zehntausend Menschen haben in Bangkok erneut gegen die thailändische Regierung demonstriert und den Rücktritt von Regierungschef Abhisit Vejjajiva gefordert. Die Aktionen der Anhänger des Oppositionsbündnisses UDD verliefen bislang ohne Zwischenfälle. An einigen Stellen entfernten die Rothemden, wie die Demonstranten nach der Farbe ihrer T-Shirts genannt werden, die von der Polizei aufgestellten Straßenbarrikaden. Polizei und Militär verhielten sich jedoch passiv. Es ist bereits das dritte Wochenende in Folge, an dem Zehntausende Demonstranten die thailändische Hauptstadt besetzen. Sie verlangen den Rücktritt der Regierung und die Auflösung des Parlaments. Regierungschef Abhisit Vejjajiva hat allerdings die Rückendeckung der Armee, der Monarchisten und der alten Bangkoker Eliten. Das Oppositionsbündnis UDD wird zum Teil von dem 2006 gestürzten Regierungschef Thaksin Shinawatra finanziert.

Die Bundesregierung will nach einem Bericht des Magazins Der Spiegel nun womöglich doch Häftlinge aus dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo aufnehmen, die vor der Freilassung stehen. Eine deutsche Delegation habe in der vergangenen Woche in dem US-Militärgefängnis auf Kuba Gespräche mit Insassen geführt, die für eine Aufnahme infrage kämen, berichtete das Magazin.

Vertreter unter anderem des Innenministeriums und des Bundeskriminalamtes hätten sich in Treffen ein Bild von den Häftlingen machen wollen. Auf dieser Grundlage werde Innenminister Thomas de Maiziere eine Entscheidung fällen. Es gehe um eine Handvoll Gefangener, darunter ein Palästinenser, ein Jordanier und ein Syrer.

Im vorigen Jahr hatte die Bundesregierung die Aufnahme von Uiguren aus dem Gefangenenlager abgelehnt. Darüber war es zum Streit in der damaligen großen Koalition gekommen. Während seinerzeit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit einer Aufnahme den Kurs von US-Präsident Barack Obama zur Schließung des Lagers unterstützen wollte, lehnte der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) dies ab.

Mehr als 20 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR könnten aus dem Vermögen der früheren Staatspartei SED bald hunderte Millionen Euro in die neuen Bundesländer fließen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung und das Magazin Focus übereinstimmend berichteten, verurteilte ein Gericht im Schweizer Kanton Zürich die Bank Austria in zweiter Instanz zur Zahlung von 230 Millionen Euro an die Bundesrepublik.

Die Treuhandanstalt - die heute Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) heißt - hatte die heutige Unicredit-Tochter Bank Austria schon 1994 verklagt, aber den ersten Prozess verloren. Jetzt korrigierte das Obergericht von Zürich den Urteilsspruch. Der Unicredit-Bank wurde auferlegt, dem Bundesfinanzministerium 128.355.788,47 Euro zu erstatten, wie die FAZ berichtete. Dies seien am Ende 230 Millionen Euro, berücksichtige man die zuzüglich fälligen fünf Prozent Zins und Zinseszins seit dem 27. Juni 1994. Wird das Urteil rechtskräftig, muss die Bank das Geld laut Focus aus eigener Kasse zahlen.

Deutschland hatte der Bank Austria Beihilfe zur Geldwäsche vorgeworfen. Nach Recherchen der Treuhandanstalt waren 250 Millionen D-Mark 1992 spurlos von Konten der ehemaligen DDR-Handelsgesellschaft Novum und deren Tochtergesellschaft Transcarbon bei der österreichischen Bank verschwunden. Die Zürcher Richter werfen der Bank nach dem Bericht des Focus in ihrem Urteil vor, die Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Die Bank Austria habe wissen müssen, dass über die Millionen nur mit Einwilligung der Treuhandanstalt hätte verfügt werden dürfen.

Die polnische Regierungspartei Bürgerplattform (PO) will Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski in das höchste Staatsamt hieven. Die Liberalkonservativen von Regierungschef Donald Tusk nominierten am Samstag in Warschau Komorowski als ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen in diesem Herbst. Bei einer Vorwahl setzte sich der 57-jährige Konservative gegen seinen parteiinternen Gegenspieler, Außenminister Radoslaw Sikorski (47), klar durch.

Parteichef Tusk hatte die Vorwahl angeordnet, nachdem er - trotz seiner Favoritenrolle - überraschend auf eine Präsidentschaftskandidatur verzichtet hatte. Er will weiterhin Regierungschef bleiben.

Der neue Präsident Polens soll im Herbst gewählt werden. Offen bleibt, ob der national-konservative Amtsinhaber Lech Kaczynski erneut antritt. Er will erst Ende April darüber entscheiden. Umfragen sehen Komorowski unterdessen schon jetzt als klaren Sieger.

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