Die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplanten Steuererleichterungen für Unternehmen sind am Mittwoch nicht von der Bundesregierung auf den Weg gebracht worden, weil die Ampelkoalition massiv zerstritten ist.
Dem Vernehmen nach blockiert Familienministerin Lisa Paus (Grüne) das Vorhaben und verknüpft ihre Zustimmung mit Forderungen zur Kindergrundsicherung. Daher stand das Gesetzesvorhaben entgegen der Planung nicht auf der Tagesordnung des Kabinetts, das jeden Mittwoch tagt. "Es ist bedauerlich, dass heute ein Kabinettsbeschluss trotz des Einvernehmens mit dem Bundeswirtschaftsministerium nicht möglich war", sagte Lindner.
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Bei dem Gesetzentwurf geht es um knapp 50 steuerpolitische Maßnahmen, die die Wirtschaft um jährlich etwa 6,5 Milliarden Euro entlasten sollen. Kernelement des Wachstumschancengesetzes ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. "Deutschland braucht wieder Wachstum", betonte Lindner. Die strukturellen Bedingungen für die deutsche Wirtschaft müssten verbessert und Investitionen attraktiver werden.
Bereits am Dienstagabend hatte es in der Koalition geheißen, dass "die Meinungsbildung innerhalb der Grünen zum Wachstumschancengesetz (...) noch nicht ganz abgeschlossen" sei. Im Anschluss war nach Angaben mehrerer Regierungsvertreter bis tief in die Nacht und am Mittwochvormittag um eine Einigung gerungen worden.
Die Bundesregierung setzt in ihrem Streit nun auf die Kabinettsklausur in zwei Wochen im brandenburgischen Meseberg. Dort werde sich das Kabinett mit dem Gesetzentwurf seines Ministeriums befassen, sagte Lindner. Aus Kreisen des Finanzministeriums heißt es, man sei zuversichtlich, dass das Gesetz bei der Klausur beschlossen werde - möglicherweise sogar noch erweitert um Maßnahmen für den Wohnungsbau und im Volumen noch größer.
FDP greift die Grünen massiv an
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai attackiert die Grünen scharf. Deren innere Zerstrittenheit verhindere "essenzielle wirtschaftliche Impulse, die Deutschland in der derzeitig schwierigen Lage dringend nötig hat", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Paus spiele "Soziales gegen unsere Wirtschaftskraft aus", so der FDP-Politiker. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte: "Ich kann es offen gestanden kaum fassen: Dem Wirtschaftsminister der Grünen sind die geplanten Entlastungen für unsere Unternehmen eher zu gering und für die Familienministerin sind es zu hohe Entlastungen." Die FDP-Fraktion sei sehr offen für zusätzliche Entlastungsschritte, wie sie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ins Spiel gebracht habe.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, stellt sich hinter Paus. "Das Wachstumschancengesetz setzt zwar ein paar gute wirtschaftliche Impulse, diese sind aber gemessen an den Belastungen für die öffentlichen Haushalte zu gering", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Doch wenn schon Geld dafür da ist, dann muss auch Geld für diejenigen da sein, die es am dringendsten benötigen. Da hat Lisa Paus ganz recht."