Krim-Krise:Obama bekräftigt Drohungen gegen Moskau

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Treffen im Weißen Haus: US-Präsident Barack Obama und der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk. (Foto: dpa)

+++ US-Präsident Obama sagt Kiew demonstrativ Unterstützung zu +++ Bundeskanzlerin Merkel trifft polnischen Ministerpräsidenten Tusk und droht härtere Strafen an +++ Luftraum über Krim gesperrt +++

Die Entwicklungen im Newsblog

Am 16.März sollen die Bewohner der Krim in einem Referendum über ihre Loslösung von der Ukraine entscheiden. Offizielle Stellen auf der Halbinsel betreiben die Hinwendung zu Russland. Doch der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow will auf einen Militäreinsatz auf der Krim verzichten - aus strategischen Gründen.

Obama sichert Kiew erneut Unterstützung zu: "Wir werden an der Seite der Ukraine stehen", sagt US-Präsident Barack Obama nach einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk in Washington. Die Pläne für ein Referendum lehnt er nachdrücklich ab. Obama bekräftigt, dass Russland "Kosten auferlegt" würden, sollte es in der Ukraine weiterhin internationales Recht brechen. Die Vereinigten Staaten stehen kurz davor, härtere Sanktionen gegen Moskau zu verhängen ( der Entwurf im Überblick). Jazenjuk erklärt, er sei bereit zu Krisengesprächen, fügt aber hinzu, dass sich sein Land "niemals ergeben" werde.

Chronologie der Krim-Krise
:Umstrittene Halbinsel

Russland interveniert auf der Krim und übernimmt die Kontrolle auf der ukrainischen Halbinsel. Die Regierung in Kiew und der Westen schauen konsterniert zu und beschließen Sanktionen. Nun weitet sich der Konflikt auf das Festland aus. Die Ereignisse der vergangenen Wochen im Überblick.

Merkel droht mit härteren Sanktionen: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im ukrainisch-russischen Streit mit weiteren Strafmaßnahmen gegen Moskau gedroht. Wenn es seitens der russischen Seite "keine Änderungen" gebe, wovon derzeit "leider" auszugehen sei, müsse die "Stufe zwei" der Sanktionen umgesetzt werden, sagt Merkel. Im Augenblick ist "Stufe eins", eine weniger scharfe Form von Sanktionen, in Kraft. Wenn es die vom Westen angeregte Kontaktgruppe zur Beilegung der Krise nicht gebe, seien härtere Strafmaßnahmen nicht zu vermeiden, sagt Merkel.

OSZE-Chef telefoniert mit Putin: Der Präsident der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, spricht mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bei dem Telefonat sei es auch um die Bildung einer internationalen Kontaktgruppe gegangen, teilt die OSZE anschließend mit. Auch die Beobachtermission der OSZE sei zur Sprache gekommen. Mitgliedern der Mission war in den vergangenen Tagen mehrfach der Zugang zur Krim verwehrt worden. Die OSZE-Experten sollen Russlands militärische Aktivitäten in der Ukraine beobachten.

Engere Zusammenarbeit mit EU: Bundeskanzlerin Angela Merkel berät mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk über die Situation in der Ukraine. Während einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigen sie an, dass der erste Teil des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der Europäischen Union bereits kommende Woche unterzeichnet werden solle. "Wir sind beide der Auffassung, dass es gut und nützlich wäre, wenn möglichst zügig ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet werden könnte", sagt Tusk. Der "politische Teil" des Abkommens solle deshalb bei der nächsten Sitzung des Europäischen Rats unterschrieben werden. Der mittlerweile abgesetzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hatte Ende vergangenen Jahres die Unterzeichnung verweigert, woraufhin es in Kiew zu den ersten Demonstrationen kam.

G-7-Staaten fordern Truppenabzug: In einer gemeinsamen Erklärung richten sich die Staats-und Regierungschefs der G 7 sowie der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Europäischen Kommission an Russland: "Wir rufen die Russische Föderation auf, alle Versuche zur Änderung des Status der Krim zu beenden, die gegen ukrainisches Recht und das Völkerrecht verstoßen", heißt es ( die komplette Erklärung im Wortlaut). So sollen das bevorstehende Referendum abgesagt und die russischen Truppen abgezogen werden. Bereits Anfang März hatten die sieben großen Industrienationen ihre Teilnahme an den Vorbereitungen des G-8-Gipfels im Juni im russischen Sotschi ausgesetzt.

Kerry trifft Lawrow: Am Freitag trifft sich Außenminister John Kerry nun doch erneut mit dem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Die Begegnung in London sei der Versuch, die Situation zu "entschärfen", sagt Kerry bei einer Anhörung im Kongress. Obama habe ihn gebeten, die Reise in die britische Hauptstadt zu machen. Obwohl Russland eine enge historische und kulturelle Bindung zur Ukraine und besonders zur Halbinsel Krim habe, würde nichts eine Militärintervention rechtfertigen", sagt der US-Chefdiplomat.

Kein Militäreinsatz auf der Krim : Die Ukraine wird nach den Worten von Übergangspräsident Alexander Turtschinow nicht militärisch auf der Krim eingreifen. Stattdessen soll die Ostgrenze geschützt werden. "Wir können keine militärische Operation auf der Krim starten, weil dann unsere Ostgrenze bloßliegen würde und die Ukraine nicht geschützt wäre", sagt Turtschinow der Nachrichtenagentur AFP. "Darauf zählt die russische Armee", fügt er hinzu. Den für Sonntag geplanten Volksentscheid über einen Beitritt der Halbinsel am Schwarzen Meer zur Russischen Föderation bezeichnet Turtschinow als "Farce": "Was als Referendum bezeichnet wird, spielt sich nicht auf der Krim ab, sondern in den Büros des Kremls." Weiter sagt Turtschinow, Moskau lehne jeden Kontakt zu Kiew ab. Dies betreffe etwa die "Ebene der Außenminister", obwohl die Weltgemeinschaft "den Beginn von Friedensverhandlungen" verlange.

Rechtspopulistische Parteien sollen Referendum beobachten: Eine russische Nichtregierungsorganisation lädt nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP mehrere rechtspopulistische Parteien wie die französische Front National und die österreichische FPÖ ein, Beobachter zu dem Referendum zu schicken. Die Parteileitung habe noch nicht entschieden, ob man die Einladung annehmen werde, sagt Front-National-Parteichefin Marine Le Pen am Mittwoch in Straßburg.

Luftraum eingeschränkt: Die prorussische Führung der Krim schränkt den Luftraum über der Halbinsel ein. Damit solle die Ankunft von "Provokateuren" aus Kiew und der Westukraine verhindert werden, sagte der selbsternannte Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew der Agentur Interfax. Die Maßnahme gelte bis zum 17. März, einen Tag nach der Volksbefragung. Bereits am Vortag waren mehrere Verbindungen von Simferopol in die Hauptstadt Kiew sowie nach Istanbul gestrichen worden. Die türkische Metropole ist ein beliebtes Reiseziel für Angehörige der muslimischen Minderheit der Krimtataren.

Linktipps:

  • Merkel wirft Russland "Annexion" der Krim vor - das prorussische Parlament erklärt die Krim formell für unabhängig: die Ereignisse vom Vortag im Newsblog.
  • 5 Mythen zur Invasion auf der Krim - aufgestellt von Russland, enttarnt durch die "Moscow Times".
  • Wie Russland Informationen über die Krise in der Ukraine manipuliert, hat SZ-Korrespondent Florian Hassel aufgeschrieben.
  • Russland versucht, die Angst vor dem rechten Rand zu schüren. Wie gefährlich sind die Nationalisten wirklich? Antworten liefert Frank Nienhuysen.
  • Anstatt ihn zu verteufeln, sollte der Westen versuchen ihn zu verstehen, kommentiert der ehemalige Entwicklungshilfeminister Erhard Eppler in einem Gastbeitrag.
  • Die Krim-Krise treibt die Ukraine an den Rand der Spaltung, von allen Seiten zerren Interessenparteien an dem Land: Wer welche Ziele verfolgt - ein Überblick.
  • Welche Konsequenzen hätte eine Annektion der Krim? Die Korrespondenten Julian Hans und Tim Neshitov erläutern verschiedene Szenarien.
  • SZ-Chefredakteur Kurt Kister schreibt, welche Rechte sich Wladimir Putin herausnimmt - und was das mit seiner Sozialisierung im KGB des 20. Jahrhunderts zu tun hat.
  • Ronen Steinke erklärt, warum sich Wladimir Putin völkerrechtlich derzeit auf dünnem Eis bewegt.
  • Warum sowohl die Ukraine als auch Russland Anspruch auf die Krim erheben, erklärt Markus C. Schulte von Drach.
  • Tim Neshitov schreibt über die ethnischen Gruppen auf der Krim.
© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/anri/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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