Sondergipfel in Brüssel:EU ruft zu Deeskalation in Nahost auf

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Drittländer dürften auf keinen Fall in die Konfrontation hineingezogen werden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock nach einem Treffen mit ihrem jordanischen Kollegen Ayman Safadi. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die Staats- und Regierungschefs verurteilen die iranische Aggression und ermahnen Israel zur Mäßigung. Die Außenminister bringen neue Sanktionen gegen Teheran auf den Weg.

Von Jan Diesteldorf, Josef Kelnberger und Paul-Anton Krüger, Brüssel/Berlin

Die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollten von ihrem zweitägigen Sondergipfel diese Woche eigentlich als zentrale Botschaft aussenden: Die EU weiß, wie sich Europas lahmende Wirtschaft wieder in Schwung bringen lässt. Nach dem iranischen Luftangriff auf Israel vom Samstag wird das Treffen allerdings von der Befürchtung eines großen Kriegs in Nahost überlagert.

Am Mittwochabend wird die Gipfelrunde deshalb wohl eine Erklärung verabschieden, in der sie die iranische Aggression verurteilt - zugleich aber Israel zur Mäßigung aufruft. Die Regierung von Benjamin Netanjahu solle keinen Gegenschlag ausführen, der die Lage außer Kontrolle geraten lässt. "Deeskalation" sei das Gebot der Stunde, erklärten EU-Diplomaten in Brüssel übereinstimmend vor dem Treffen.

Im Entwurf der Gipfelerklärung heißt es, die EU bekräftige ihre "uneingeschränkte Solidarität mit der Bevölkerung Israels" sowie ihr "Eintreten für die Sicherheit Israels". Iran und seine "Stellvertreter" in der Region werden aufgefordert, ihre Angriffe vollständig einzustellen. "Alle Parteien" aber sollten "äußerste Zurückhaltung üben und von jeglichen Maßnahmen absehen, die die Spannungen in der Region verstärken könnten".

Ähnlich äußerte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die am Dienstag zu einer weiteren Reise nach Israel aufbrach. Sie kündigte Konsequenzen für die militärische Eskalation durch Iran an und forderte "besonnenes und verantwortungsvolles Handeln".

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi sagte sie, es dürften auf keinen Fall Drittländer in die Konfrontation hineingezogen werden. Iranische Raketen hatten auch den jordanischen Luftraum verletzt. Zudem hatte die Revolutionsgarde und mit ihnen verbundene Milizen von Syrien, Libanon, Jemen und dem Irak aus wiederholt Ziele in Israel und US-Truppen in der Region angegriffen.

Das iranische Regime unterstützt die palästinensische Hamas, die mit ihrem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte. Die jüngste Eskalation zwischen Iran und Israel begann Anfang April mit einem israelischen Luftangriff auf das iranische Konsulat in Damaskus, bei dem mehrere Generäle der Revolutionsgarde getötet wurden. Unter ihnen war der Kommandeur für Syrien und Libanon, wo Iran die Hisbollah unterstützt. Im Gegenzug attackierte Iran erstmals direkt das israelische Staatsgebiet.

Sanktionen zielen auf die iranische Produktion von Drohnen für Russland

Zum Versuch der EU, Israel zu besänftigen, gehören wohl auch neue Sanktionen gegen Iran. Die Außenministerinnen und Außenminister brachten sie bei einer Videokonferenz am Dienstagabend auf den Weg. Der Beschluss lautet: Die bereits seit Juli 2023 bestehenden EU-Sanktionen, die auf die iranische Produktion von Drohnen für Russland zielen, sollen auf Lieferungen nach Nahost erweitert werden.

Mit diesem Sanktionsregime wird die Ausfuhr von Bauteilen nach Iran verboten, die für den Bau und die Produktion von unbemannten Luftfahrzeugen verwendet werden. Iranische Verantwortliche für das Drohnenprogramm werden mit Reisesperren sowie dem Einfrieren ihres Vermögens bestraft. Drohnen iranischer Bauart spielen allerdings trotz der Sanktionen weiterhin eine große Rolle bei russischen Angriffen auf die Ukraine und kamen auch gegen Israel zum Einsatz.

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Generell werden die Sanktionen gegen Iran in Brüssel vor allem als Symbolhandlung verstanden. Das Regime in Teheran, so heißt es, habe sich über Jahrzehnte hinweg immun gegen die Strafmaßnahmen der internationalen Staatengemeinschaft gezeigt, die sich vor allem gegen das Atomprogramm richteten. Die EU verhängte auch Sanktionen wegen der brutalen Niederschlagung regierungskritischer Proteste.

In Deutschland gibt es jetzt wieder Forderungen, die Revolutionsgarde auf die Terrorliste der EU zu setzen. Dies wäre vor allem ein symbolischer Schritt, denn die damit verbundenen Strafen - Einfrieren der Vermögenswerte, Abbruch der Geschäftsbeziehungen - treffen die iranische Militäreinheit im Wesentlichen schon im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm. Auch mit diesem Thema befassten sich die Außenminister auf Initiative von Baerbock am Dienstagabend.

Als Bremser gilt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Er hoffe immer noch, das im Jahr 2015 geschlossene - und später von US-Präsident Donald Trump gekündigte - Atomabkommen zu retten, sagen seine Kritiker. Aber es gibt auch rechtliche Bedenken. Voraussetzung für die Listung ist, dass es in einem Mitgliedstaat der EU Ermittlungen oder Urteile im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten gibt. Die gebe es nach wie vor nicht, sagte Borrell am Dienstagabend. Er wolle aber den Sachverhalt noch einmal prüfen lassen.

In diesem Zusammenhang verwies Baerbock auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, laut dem "staatliche iranische Stellen" einen Brandanschlag auf eine Synagoge geplant haben; es könnte als Anknüpfungspunkt für eine Listung dienen.

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