Heizungsstreit im Bundestag:"Ziehen Sie das Gesetz zurück!"

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Jens Spahn (CDU) kritisierte im Bundestag den Ampel-Entwurf zum Heizungsgesetz. Im Text gebe es noch viele Ungenauigkeiten. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

In der Bundestagsdebatte zum Heizungsgesetz erntet die Ampel viel Kritik. Es ist von "Farce", "Zumutung" und "Schrott" die Rede. Wirtschaftsminister Habeck verteidigt den Kurs der Regierung.

Monatelang haben die Ampelparteien über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) gestritten, vor allem Grüne und FDP. Zwischenzeitlich war offen, ob der Bundestag den Entwurf noch vor der Sommerpause verabschiedet. Nachdem sich SPD, Grüne und FDP Anfang der Woche aber doch noch auf wesentliche Änderungen geeinigt haben, kam das sogenannte Heizungsgesetz nun in den Bundestag. Am Donnerstag berieten die Abgeordneten in erster Lesung über den Entwurf. Es war eine hitzige Debatte mit vielen Vorwürfen der Opposition.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach von einem "verkorksten" Verfahren, das eine "Zumutung" sei. Er forderte: "Ziehen Sie das Gesetz zurück!" Die Ampel und das GEG, das sei "längst ein Running Gag, nur kein lustiger", so Spahn, der von einem "Gesetz für die Tonne" sprach. Im Text gebe es noch viele Ungenauigkeiten, etwa zur Förderung des Umstiegs. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, bezeichnete das Vorgehen der Ampel als "Farce". Ralph Lenkert (Linke) sagte in Richtung Bundesregierung: "Wie Sie agieren und Angst auslösen, ist zum Kotzen." Er nannte den Entwurf "Schrott".

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Die Union kritisierte, dass der Gesetzentwurf veraltet sei, weil SPD, Grüne und FDP sich auf "Leitplanken" zur Beratung des Gesetzes verständigt hatten, die den ursprünglichen Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stark veränderten. Der Entwurf sieht vor, dass vom kommenden Jahr an nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen.

Habeck verteidigte den Kurs der Koalition. Der Kern des Gesetzes, die Dekarbonisierung der Wärme, bleibe erhalten, sagte er. Durch die Verzahnung der Wärmeplanung mit dem Heizungsgesetz ändere sich aber der Einstieg. Ab welcher Größe Kommunen zur Wärmeplanung verpflichtet werden sollen, werde man noch besprechen. Habeck wies die Vorwürfe der Union zurück und sagte, die Ampelkoalition habe in 16 Monaten mehr für die Energiesicherheit und den Klimaschutz getan als die Vorgängerregierung in 16 Jahren.

Auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) kritisierte, unter den Vorgängerregierungen sei viel zu wenig passiert, um bis 2045 Klimaneutralität auch im Gebäudebereich erreichen zu können. Die nun geplante Verknüpfung mit der Wärmeplanung sei sinnvoll. Die Menschen wollten Orientierung. Es gehe nun darum, mit den Bürgern gemeinsam eine Modernisierung der Heizungskeller zu schaffen, verlässlich und möglichst effizient. Geywitz sagte weiter, die Preise für Öl und Gas würden in den kommenden Jahren durch die CO₂-Bepreisung steigen.

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Zeitlich haben sich die Ampelfraktionen beim Heizungsgesetz selbst unter Druck gesetzt. Die Koalition strebt an, dass der Bundestag das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet. Diese beginnt nach dem 7. Juli. Davor müssen aber noch etliche Details geklärt werden. Nach der jetzigen ersten Lesung im Parlament beginnt die Arbeit der Bundestagsausschüsse. Dort werden Experten angehört und Änderungen in den Gesetzestext eingebaut. Wann der Bundesrat das Gesetz dann behandelt, ist offen. Vor der Sommerpause würde das nur mit einer Fristverkürzung am 7. Juli klappen. Der Bundesrat kann gegen das Gesetz allerdings allenfalls Einspruch erheben, eine Zustimmung ist nicht nötig. Vertreter der Kommunen und der Wohnungswirtschaft forderten, das Gesetz erst im Herbst zu verabschieden.

Auswirkungen auf erste Bürger könnte das Gesetz dann bereits im Januar haben - nämlich, wenn man neu baut oder die Heizung kaputtgeht und die Kommune schon eine Wärmeplanung hat. In allen anderen Fällen bleibt mehr Zeit.

Gemäß Einigung der Bundesregierung sollen das Gebäudeenergiegesetz und ein Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden und beide zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Wer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, muss sich keine Gedanken mehr über den Einbau etwa einer Wärmepumpe machen. Eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung soll bis spätestens 2028 eingeführt werden. Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Tausch auch Gasheizungen eingebaut werden dürfen - wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind.

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