CSU-Parteitag:Die drei Fragezeichen

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Horst Seehofer hat die Delegierten ruhig gestellt, aber ihre Probleme noch nicht gelöst: Wie umgehen mit Merkel? Braucht die CSU 2017 einen neuen Vorsitzenden? Und was passiert mit Markus Söder?

Von Robert Roßmann

Am Wochenende ist der 82. Parteitag der CSU zu Ende gegangen - entgegen mancher Prognose ist es einer der langweiligsten in der Geschichte der Partei geworden. Es gab keine einzige Rede, die in Erinnerung bleiben wird. Das eindruckvollste an diesem Parteitag war die Bühne mit ihren gewaltigen Videowänden. Früher hätte eine derartige Bilanz CSU-Chefs ins Grübeln gebracht - doch diesmal löste genau dieses Fazit Zufriedenheit aus. Horst Seehofer hat es zwar nicht so formuliert, aber sein Ziel war jetzt: Führen durch Sedieren.

Normalerweise putschen CSU-Chefs ihre Delegierten mit kraftstrotzenden Reden auf. Doch angesichts einer zerrissenen Union versuchte es Seehofer diesmal mit Entspannung. Der CSU-Chef hat erkannt, dass seine Grabenkämpfe mit Angela Merkel um die richtige Flüchtlingspolitik inzwischen auch der CSU schaden. Und so gab es in seiner Rede keinen einzigen neuen Angriff auf die Kanzlerin. Im Gegenteil: Seehofer entschuldigte sich indirekt sogar für sein Verhalten gegenüber Merkel auf dem letzten Parteitag.

Drei ehemalige CSU-Chefs leben noch. Einer der Fehler Seehofers im vergangenen Jahr war es, dass er zwei von ihnen praktisch ignoriert hat. Theo Waigel und Erwin Huber sind in der Flüchtlingspolitik nicht als Scharfmacher aufgefallen. Seehofer interessierte sich aber nur für den Rat Edmund Stoibers. Der Ex-Ministerpräsident ist zu einer Art Rasputin der CSU mutiert. Er war es, der Seehofer Wladimir Putin und Viktor Orbán nahebrachte. Und er ist es, der Merkel mit maximaler Härte attackiert. Doch die Zeit, in der Stoibers Kurs die CSU dominierte, ist jetzt vorbei.

Seehofer kalmiert die Partei, ohne ihre Probleme zu lösen

In den nächsten Monaten will Seehofer versuchen, seine Partei auf eine weitere Kanzlerkandidatur Merkels einzuschwören. Gleichzeitig soll das neue CSU-Grundsatzprogramm den konservativen Rand befrieden. "Die Ordnung" heißt das Programm - es soll den Bürgern Antworten auf "die Unordnung in der Welt" geben. Mit einem Plädoyer für einen starken Staat und eine Leitkultur sowie einer Kampfansage an den "politischen Islam" will die CSU die AfD klein halten.

Seehofer ist es am Wochenende gelungen, seine Delegierten zu kalmieren. Am Ende stimmten nur 16 von ihnen für einen Anti-Merkel-Antrag. Trotzdem war es ein unvollendeter Parteitag. Denn alle drei Fragen, die die CSU umtreiben, wurden nicht beantwortet: Wie kann die CSU glaubwürdig eine Kanzlerkandidatur Merkels unterstützen? Sollen das Amt des Ministerpräsidenten und der CSU-Vorsitz nächstes Jahr auf zwei Personen verteilt werden? Und soll dann Markus Söder aufrücken?

Stattdessen hat sich Seehofer auf dem Parteitag von den Delegierten die Prokura abgeholt, in den kommenden Monaten alles nach seinen Vorstellungen gestalten zu dürfen, ohne sagen zu müssen, wie diese Vorstellungen genau aussehen. Der Ministerpräsident hat das "Grundvertrauen" seiner Partei eingefordert - und bekommen. Seehofer ist damit so stark wie lange nicht. Er alleine trägt jetzt aber auch das Risiko.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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