Parteitag in Berlin:CDU bestätigt Merz mit rund 90 Prozent im Amt

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Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz lässt sich am Ende seiner Rede von den Parteitagsdelegierten in Berlin Neukölln feiern. (Foto: Friedrich Bungert)

Der Oppositionsführer fordert eine "Agenda für die Fleißigen" und sieht seine Partei gerüstet, spätestens im Herbst nächsten Jahres Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Von Celine Chorus, Berlin

Friedrich Merz musste sich gedulden, bis er wusste, wie zufrieden die CDU mit seiner ersten Amtszeit ist. Jetzt steht er mit mehr als zwei Stunden Verspätung auf der Bühne des Berliner Estrel-Hotels und bedankt sich bei den Delegierten für ihre breite Unterstützung. Ausgerechnet im Bezirk Neukölln, in dem Merz nach den Silvesterkrawallen einen Eklat ausgelöst hatte, als er die Söhne von Migranten "kleine Paschas" nannte, ist er am Montag von den 1001 Delegierten als CDU-Vorsitzender bestätigt worden. Merz erzielte ein Ergebnis von 89,8 Prozent, von den 972 gültigen Stimmen entfielen 873 auf ihn.

Dabei ging es weniger um die Frage, ob Merz wiedergewählt wird, sondern mit welchem Ergebnis. Merz ist seit Januar 2022 CDU-Vorsitzender. Damals wurde er wegen der Coronavirus-Pandemie auf einem digitalen Parteitag mit 94,6 Prozent und bei der rechtlich verbindlichen Briefwahl mit 95,3 Prozent der Delegiertenstimmen gewählt. Er folgte auf Armin Laschet, der nach seiner Niederlage bei der Bundestagswahl im September 2021 sein Amt zur Verfügung stellte.

In seiner mehr als einstündigen Rede warb Merz für das neue Grundsatzprogramm, das die Delegierten am Dienstag beschließen sollen. Mit ihm sei die CDU sofort oder spätestens im Herbst nächsten Jahres "bereit, wieder Regierungsverantwortung für Deutschland zu übernehmen". Auf dem dreitägigen Parteitag wolle man zeigen: "Die CDU hat eine Idee von der Zukunft. Die CDU hat einen Plan für die großen Aufgaben." Die Niederlage bei der Bundestagswahl im Jahr 2021 sei schmerzhaft gewesen, betonte Merz, aber der Gang in die Opposition habe der CDU die Zeit verschafft, die sie als Partei gebraucht habe.

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Auf dem CDU-Parteitag könnte man fast den Eindruck bekommen, dass es keinen tolleren Chef gibt als Friedrich Merz. Die Partei feiert sich - und lässt erst mal die Kleinigkeit beiseite, dass die Wähler das bis jetzt ganz anders sehen.

Von Henrike Roßbach und Robert Roßmann; Fotos: Friedrich Bungert

Viele Menschen hätten Angst, sagte Merz, und dieser Angst wolle die CDU ein Zeichen der Zuversicht und des Mutes entgegensetzen: "Wir sagen den Menschen: Die Probleme unserer Zeit sind lösbar." Als zentrale Aufgabe bezeichnete es Merz, für die Freiheit zu kämpfen und damit den Frieden auf dem europäischen Kontinent zu wahren und zu sichern. "Frieden entsteht aber nicht allein durch Friedfertigkeit", sagte Merz vor allem in Richtung der SPD, Frieden erfordere mehr als 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr.

Merz forderte von seiner Partei ein konsequentes Eintreten gegen Hass, Gewalt und Extremismus. Übergriffe wie auf den SPD-Kandidaten Matthias Ecke am vergangenen Freitagabend in Dresden seien vollkommen inakzeptabel, sagte Merz: "Das sind Angriffe auf unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie, denen wir entschieden und ohne jeden Zweifel entgegentreten müssen." Merz räumte aber auch ein: "Wir alle müssen uns heute zu Recht sagen und sagen lassen, dass wir den Rechtsextremismus in Deutschland jahrelang unterschätzt haben." Man müsse aufpassen, denselben Fehler nicht gegenüber Islamisten zu wiederholen.

Merz bekräftigte das Ziel seiner Partei, das von der Ampelkoalition reformierte "Bürgergeld" in der bestehenden Form wieder abzuschaffen. Stattdessen forderte er eine "Agenda für die Fleißigen in Deutschland". Die CDU wolle eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, "die verlässlich ist und die vor allem die Fleißigen nicht bestraft, sondern belohnt". Gute Sozialpolitik sei eine Sozialpolitik, die Menschen zur Selbstverantwortung befähige und ihnen Arbeit bringe.

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Die Brutalität, die da in aller Hässlichkeit zutage trat, braut sich seit Jahren zusammen - und das liegt auch an der Politik selbst. Verantwortliche aller demokratischen Parteien sind nun gefordert.

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Auch der AfD hat Merz mit Blick auf die Europawahl und die drei Landtagswahlen in Ostdeutschland den Kampf angesagt. "Es sind Parteien wie die AfD, die viele unserer Werte, aber auch unser Europa ablehnen, verspotten und von innen zerstören wollen", sagte Merz in seiner Rede. Gegen diese Kraft der Zersetzung werde sich die CDU mit aller Macht zur Wehr setzen.

Ein gutes Ergebnis auch für Carsten Linnemann

Im Berliner Estrel-Hotel stand am ersten Tag die personelle Aufstellung der CDU im Mittelpunkt. Carsten Linnemann erhielt bei der Wahl des Generalsekretärs mit 91,4 Prozent (889 von 973 gültigen Stimmen) ebenfalls ein gutes Ergebnis. Er hat maßgeblich an dem Grundsatzprogramm mitgearbeitet, mit dem sich die CDU inhaltlich neu aufstellt. Das alte Programm stammte noch aus dem Jahr 2007, aus der Zeit der damaligen CDU-Kanzlerin Angela Merkel.

Neben Merz und Linnemann wurde auch die restliche Parteispitze gewählt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (87,8 Prozent), der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Jung aus Baden-Württemberg (79,4 Prozent), Silvia Breher aus Niedersachsen (77,4 Prozent) und die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (58,1 Prozent) wurden als Merz' Stellvertreter bestätigt. Für Linnemann, dessen Posten seit seiner Berufung zum Generalsekretär vakant war, ist Karl-Josef Laumann nachgerückt. Der Arbeitsminister aus Nordrhein-Westfalen hat bei der Wahl der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden mit 91,9 Prozent das beste Ergebnis bekommen.

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