Drogenpolitik:Ampel verkündet Einigung bei Cannabis-Legalisierung

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Cannabis ist eine alte Kulturpflanze, die nicht nur dazu dient, sich zu berauschen. Sie kommt auch für medizinische Zwecke zum Einsatz oder als Lieferant stabiler Naturfasern, wie die Industriehanfsorte Futura 75. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Diesmal wirklich? Die Droge könne in Deutschland bald legal konsumiert werden, heißt es aus der Koalition. Der Streit über das Gesetz sei beigelegt.

Von Angelika Slavik, Berlin

Die Ampelkoalition hat nach eigenen Angaben die Unstimmigkeiten über die geplante Cannabis-Legalisierung ausgeräumt. Das Gesetz könne zum 1. April in Kraft treten, teilten die Vize-Fraktionschefs Konstantin Kuhle (FDP), Maria Klein-Schmeink (Grüne) und Dagmar Schmidt (SPD) mit. Vorher muss das Gesetz aber noch durch den Bundestag. In den vergangenen Wochen hatte es vor allem innerhalb der SPD-Fraktion Widerstand gegen das Gesetzesvorhaben gegeben.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte für die Verabschiedung des Gesetzes im Parlament die Woche vom 19. bis zum 23. Februar genannt. Auch der Bundesrat muss sich mit den Plänen noch befassen. Die Neuregelung sei "ein echter Meilenstein für eine moderne Drogenpolitik", hieß es von den Fraktionsvertretern. Konsumenten würden entkriminalisiert und der Schwarzmarkt bekämpft. Die Auswirkungen des Gesetzes auf den Kinder- und Jugendschutz sowie auf die organisierte Kriminalität sollten "zeitnah" evaluiert werden, hieß es. Dabei werde auch die Expertise des Bundeskriminalamts einbezogen.

Die Entkriminalisierung von Cannabis galt seit Amtsantritt der Ampelkoalition als eines der Prestigeprojekte dieser Regierung - und als eines der wenigen Vorhaben, bei dem sich die drei ungleichen Partner von Anfang an einig zu sein schienen. Im Laufe der Zeit erfuhr das Projekt allerdings zahlreiche Rückschläge: So scheiterte das ursprüngliche Konzept von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, das unter anderem eine staatlich kontrollierte, aber kommerzielle Vertriebskette vorgesehen hatte, an Bedenken der EU-Kommission. Die abgeschwächten Pläne wiederum stießen kurz vor Weihnachten auf Widerstand in der SPD: Mehrere Innenpolitiker hatten Bedenken, unter anderem wegen des zeitlichen und personellen Kontrollaufwands, der die Einhaltung aller Konsum-Vorgaben sicherstellen soll.

Stimmt der Bundestag zu, kann von April an legal Cannabis konsumiert werden

Grundlage dafür war ein interner Bericht, der im Auftrag der Innenministerkonferenz vom Bundeskriminalamt (BKA) erstellt worden war. Der widerlegte vor allem das Argument, eine Legalisierung würde die Polizei entlasten: "In der Gesamtschau kann festgestellt werden, dass auf die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden der Länder zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen in Form von Personal- und Sachkosten zukommen werden", hieß es darin. Zudem steige "die Wahrscheinlichkeit, dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird". Fahrten unter Einfluss von Cannabis könnten zunehmen, deshalb müsse vor allem in der Anfangsphase verstärkt kontrolliert werden.

All das verstärkte den Widerstand gegen das Gesetzesvorhaben innerhalb der SPD-Fraktion - obwohl auch damals, ähnlich wie jetzt, die koalitionsinterne Einigung bereits verkündet worden war. Vor Weihnachten flog das Cannabis-Gesetz deshalb sogar kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags, aus Sorge, es könnte bei einer Abstimmung durchfallen. Auch in den ersten Sitzungen nach dem Jahreswechsel wurde die finale Abstimmung über die Legalisierung zunächst nicht angesetzt. Stattdessen fanden hinter den Kulissen hektische Gespräche zwischen Lauterbach und seinen Fraktionskollegen statt.

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Sollten diese nun tatsächlich erfolgreich gewesen sein, könnte schon von April an in Deutschland legal Cannabis konsumiert werden. Dem Vernehmen nach soll Lauterbach keineswegs alle, aber ausreichend viele Kritiker in der Fraktion überzeugt haben - entscheidend sei dabei vor allem die Evaluierung gewesen, die die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche dokumentiert.

Laut dem Gesetz sollen Eigenanbau und Besitz der Droge für Erwachsene bis zu bestimmten Höchstgrenzen von April an erlaubt sein. Von Juli an sollen zudem sogenannte Social-Clubs ermöglicht werden, in denen Cannabispflanzen gemeinschaftlich angebaut werden können. An die Mitglieder kann dann eine monatlich definierte Höchstmenge abgegeben werden. Verboten bleibt der Konsum in unmittelbarer Nähe zu Schulen oder Kitas, zudem sollen Präventionsprogramme über die Gefahren des Cannabis-Konsums aufklären.

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