Die Bundestagswahl in Berlin muss teilweise wiederholt werden, in 455 von 2256 Wahlbezirken. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschieden. Die Wiederholungswahl sei als Zweistimmenwahl durchzuführen, also mit Erst- und Zweitstimme, sagte die Vorsitzende Richterin Doris König. Als möglicher Termin steht laut dem Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler der 11. Februar im Raum.
Der Bundestag hatte im November 2022 mit den Stimmen der Ampelkoalition bereits selbst entschieden, dass ein Teil der Berliner Wahlbezirke die Abstimmung wiederholen muss, nämlich 327 der insgesamt 2256 Wahlbezirke. Daraufhin hatte die Unionsfraktion eine Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt. Aus ihrer Sicht hätte die Wahl in noch mehr Wahlbezirken wiederholt werden müssen. Sie wollte, dass das Verfassungsgericht sechs ganze Wahlkreise, die wiederum aus vielen, kleinen Wahlbezirken bestehen, in die Wiederholungswahl schickt. Da es insgesamt zwölf Wahlkreise in Berlin gibt, hätte mehr oder weniger die halbe Stadt neu wählen müssen.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:Das Debakel von Berlin
Die Pannen bei der Bundestagswahl haben Folgen: In 455 Wahlbezirken der Hauptstadt muss erneut abgestimmt werden. Wie geht es jetzt weiter? Und welche Parteien könnten profitieren? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
So weit ging das Bundesverfassungsgericht nicht in seinem Urteil. Es stimmt der Union nur teilweise zu: Zwar erklärte es die Wahl in 31 weiteren Wahlbezirken für ungültig, sieht den Beschluss des Bundestages aber ansonsten für überwiegend rechtmäßig an.
Nur Auswirkungen auf die Linke ím Bundestag möglich
Große Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestages wird die Wiederholungswahl nicht haben. Die Mehrheit der regierenden Ampelkoalition gilt als nicht gefährdet, da die Stimmen aus Berlin das Ergebnis nicht beeinflussen können. Anders sieht es theoretisch für die Linke aus. Sie konnte bislang nur durch drei Direktmandate in den Bundestag einziehen, davon kamen zwei aus Berlin. Würde die Partei bei der Nachwahl ein Direktmandat verlieren, wäre sie nicht mehr im Bundestag. Denn die Linke hatte bei der Bundestagswahl weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen bekommen.
Dieses Szenario erscheint aber zumindest dem frühen Fraktionschef Dietmar Bartsch als sehr unwahrscheinlich. Diese Teilwiederholung könne den Ausgang in den beiden Wahlkreisen nicht verändern, in denen die Linke Direktmandate gewonnen habe, sagte Bartsch nach der Urteilsverkündung der Deutschen Presse-Agentur. Die Folge: Die direkt gewählten Abgeordneten Gesine Lötzsch und Gregor Gysi bleiben im Bundestag.
Abgeordnetenwahl wurde schon wiederholt
Der Wahltag in der Hauptstadt vor mehr als zwei Jahren verlief chaotisch: In den Wahllokalen fehlten Stimmzettel, davor bildeten sich lange Schlangen und vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18 Uhr geöffnet. Die Wahlfehler könnten dazu geführt haben, dass Menschen nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten, sagte Richter Peter Müller bei der Verhandlung im Juli.
Dass seitdem so viel Zeit vergangen ist, hatte Müller mit dem zweistufigen Prüfverfahren und der hohen Zahl an Einsprüchen erklärt. Die Wahl des Abgeordnetenhauses, die 2021 gleichzeitig stattfand, wurde bereits im Februar 2023 komplett wiederholt, nachdem der Berliner Verfassungsgerichtshof sie wegen "schwerer systemischer Mängel" und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt hatte.