Japan:Shorts gegen Spanner

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Cheerleaderinnen tragen oft Rock, wie die jungen Frauen an der Meiji University in Japan. Eine Oberschule hat sie nun in Shorts eingekleidet. (Foto: YUICHI YAMAZAKI/AFP)

In Japan locken knapp bekleidete Cheerleaderinnen Voyeure an. Jetzt will man den Gaffern mit ihren Smartphones das Leben schwer machen.

Von Thomas Hahn, Tokio

Den Spannern geht es schlecht dieses Jahr beim Baseball-Frühlingsturnier der japanischen Oberschulen im Hanshin-Koshien-Stadion von Nishinomiya. In der Vergangenheit hatten sie bei der Traditionsveranstaltung gute Sicht auf die Cheerleaderinnen der teilnehmenden Mannschaften. Der einen oder anderen Anfeuerungstänzerin konnten sie auf der Tribüne bequem unter den Minirock fotografieren. Aber dieser Missbrauch hat die Schulen aufmerksam gemacht. Dieses Jahr sind Lehrer als Sichtschutz im Einsatz, andere zeigen Schilder gegen Fotografier-Wilderei. Und die Oberschule der Universität für Gesundheit und Wohlfahrt in Takasaki hat besonders konsequent vorgebeugt. Ihr Cheerleading-Team wurde neu eingekleidet. Weite Shorts statt kurzer Röcke - ein Grauen für Voyeure.

In einer freien Gesellschaft sollten sich Frauen nicht mit kartoffelsackartiger Kleidung vor Gaffern und anzüglichen Kommentaren schützen müssen. Aber gerade im Sport fühlen sich manche Frauen und Mädchen Blicken ausgesetzt, die sie nicht wollen. Die Smartphone-Fotografie hat die Lage verschärft. Denn sie macht es einfach, Tänze oder eine Starthocke beim Sprint für sexistische Bilder abzulichten und diese dann über soziale Medien zu verbreiten. Deshalb diskutiert man in Japan gerade darüber, wie man Sportlerinnen besser schützen könnte.

Athletinnen können sich den Spannern nicht so leicht entziehen. In Sportarten wie Turnen oder Leichtathletik ist sehr luftige Wettkampfkleidung Standard. Das hat vor allem mit Tragekomfort zu tun, weshalb die meisten Sportlerinnen das in Ordnung finden. Aber PR-Strategien können schon auch dahinterstecken. Als der Volleyball-Weltverband 1999 Bikinis für Beachvolleyballerinnen vorschrieb, folgte eine Sexismusdebatte. Heute gibt es die Bikini-Pflicht nicht mehr. Im Gegenteil: 2021 protestierte das deutsche Beachvolleyball-Duo Karla Borger/Julia Sude vor einem Turnier in Katar erfolgreich gegen das Bikini-Verbot der dortigen Behörden.

Ein Gesetz, das heimliches Fotografieren zum Zweck der sexuellen Ausbeutung unter Strafe stellt, gibt es bereits

In Japan kämpfen Leute wie die frühere Volleyball-Nationalspielerin Kana Oyama für Vorschriften gegen Sportvoyeure. Tatsächlich verabschiedete das Nationalparlament vergangenes Jahr ein Gesetz, das heimliches Fotografieren zum Zweck der sexuellen Ausbeutung unter Strafe stellt. Allerdings gilt das nicht automatisch für Sportwettkämpfe. Denn es liegt in der Natur dieser Ereignisse, dass Protagonistinnen leicht bekleidet sind und viel fotografiert wird - üble Absichten sind da oft schwer nachzuweisen.

Also versuchen die Schulen, eigene Lösungen zu finden für ihre Sportjugend. Cheerleaderinnen weniger Haut zeigen zu lassen, ist dabei keine neue Idee. Das Problem: In Japans Sommerschwüle ist zu viel Stoff nicht gerade gesund. Die Shorts der Oberschul-Cheerleaderinnen aus Takasaki wirken wie ein guter Kompromiss zwischen wenig Sex-Appeal und Beinfreiheit. Unumstritten sind sie trotzdem nicht. Teambetreuerin Yuriko Amemiya sagte in der Zeitung Mainichi , die Schülerinnen hätten sich zwar nicht beschwert, aber "wahrscheinlich wollten sie ihr Lieblingsoutfit tragen". Denn trotz der Spanner - manche Mädchen mögen Röcke.

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