Ernährung:Keine Lust mehr auf täglich Fleisch

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Vegetarische Alternativen wie dieser Veggie Burger werden immer beliebter. (Foto: imago images/Westend61)

Vor allem Frauen und Jüngere essen immer weniger tierische Produkte. Die Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage sind für den grünen Ernährungsminister Özdemir eine Genugtuung.

Von Thomas Hummel

Wandel ist auch ohne neue Vorschriften möglich: Vielleicht lassen sich die neuen Erkenntnisse am ehesten so interpretieren. Denn die Deutschen essen weniger Fleisch und Wurst, dafür mehr pflanzliche Produkte. Auch vegetarische Alternativen zu tierischen Lebensmitteln wie Hafermilch oder vegane Nuggets werden populärer, diese Trends bestätigt der Ernährungsreport 2023, den das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung am Freitag vorstellte. Und der dem grünen Minister Cem Özdemir einen Tag der Genugtuung bescherte.

Özdemir befürwortet einen Wandel hin zu Pflanzenkost und Bio, wofür er aus der konservativen Politikecke scharf kritisiert wird, etwa in Bayern von Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Der Tierschutz, der hohe CO₂-Ausstoß bei der Fleischproduktion, das sind die Gründe, die laut Özdemir für diesen Wandel sprechen.

Nun erklärte der Landwirtschaftsminister, viele Menschen seien sehr viel weiter, als einige schrille Töne in der öffentlichen Debatte vermuten lassen. Die repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa ergab, dass der Anteil der Menschen, die täglich Fleisch oder Wurst essen, von 34 Prozent im Jahr 2015 auf jetzt 20 Prozent schrumpfte. Dafür greifen nun täglich zehn Prozent der Leute zu Alternativen tierischer Produkte, doppelt so viele wie 2020. Knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) schränkt den Fleischkonsum bewusst ein - gehört demnach zur Gruppe der "Flexitarier". Acht Prozent gaben an, sich nur vegetarisch zu ernähren, zwei Prozent vegan. Beides stieg leicht an im Vergleich zu 2022. Vor allem Frauen und Jüngere wenden sich immer mehr von Fleisch und Wurst ab.

Industrie und Handel reagieren darauf, zuletzt kündigte der Discounter Lidl an, sein veganes und vegetarisches Angebot deutlich auszuweiten. Und auch preiswerter zu machen. Denn das ist der zweite aktuelle Trend: Die Menschen schauen stärker auf die Kosten. 57 Prozent der Befragten achten darauf, dass Lebensmittel preiswert sind, zehn Prozent mehr als 2022. Inflation und steigende Preise, ausgelöst durch Russlands Krieg in der Ukraine, hinterlassen Spuren. Dennoch fordert weiterhin eine Mehrheit eine artgerechte Tierhaltung, viele seien demnach auch bereit, dafür mehr zu zahlen.

Die Essenswahl solle entpolitisiert werden, findet Özdemir

Am wichtigsten ist den Befragten indes, dass die Lebensmittel schmecken (99 Prozent) und gesund sind (91 Prozent). Das nutzte Özdemir für ein Plädoyer für seinen umstrittenen Gesetzentwurf, eine an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz zu verbieten. Dass sich viele Kinder gerade aus ärmeren und bildungsschwachen Haushalten schlecht ernähren und anschließend mit Fettleibigkeit oder Diabetes zu kämpfen haben, sei nicht hinzunehmen. "Kinder brauchen gutes Essen", sagte der Minister. Der Gesetzentwurf soll nächste Woche ins Bundeskabinett gehen, Kritik daran kommt vor allem aus der FDP.

Beim Thema Fleisch rät der Minister für Ernährung, "den Leuten keine Vorschriften zu machen". Man solle aufhören, das so zu politisieren. Ihm flüsterten Unions-Politiker zu, nun Vegetarier zu sein, was sie aber öffentlich nicht sagen könnten. Andererseits kenne er Grünen-Politiker, die ohne ein Schnitzel pro Tag schlechte Laune hätten. Und in Richtung von CSU-Chef Markus Söder sagte Özdemir: "Wer weniger Fleisch isst, ist auch kein schlechterer Bayer."

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