Extreme Schäden nach Hagelsturm:Darum ruft der Landrat nicht den Katastrophenfall aus

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Landrat Josef Niedermaier (Mitte) bei der Pressekonferenz in Benediktbeuern. (Foto: Claudia Koestler/oh)

Das Unwetter hat in Benediktbeuern und anderen Orten unfassbare Schäden hinterlassen. Für Josef Niedermaier aber ist es kein Anlass, formalisierte überregionale Hilfe anzufordern.

Von Claudia Koestler, Benediktbeuern

Nach dem verheerenden Hagelsturm im Süden des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen am Samstag sind die Rettungseinsätze im besonders schwer betroffenen Benediktbeuern auch zwei Tage später noch nicht beendet. Viele der Betroffenen fragen sich nach dem ersten Schock, dem Adrenalin der ersten Notmaßnahmen und anhaltendem Dauerregen, was all das finanziell bedeutet. Kurzum: wer zahlt was - und wann? Die Einrichtung eines Spendenkontos oder eines Härtefallfonds ist seitens der Kreisbehörde noch in der Klärung. Viele fragen sich aber auch, warum der Landkreis nicht den Katastrophenfall ( kurz: K-Fall) ausgerufen hat, zumal Einsatzkräfte auch aus den Nachbar-Landkreisen helfen. Landrat Josef Niedermaier (FW) begründete diese Entscheidung am Sonntag auf SZ-Nachfrage wie folgt: "Der K-Fall bringt jetzt in der Organisation erst einmal nichts, weil die gleichen Leute die gleiche Arbeit machen. Ein K-Fall definiert sich, dass es ein überregionales Ereignis ist, wenn überregionale Kräfte nötig sind, weil es von uns nicht mehr koordiniert werden kann. Im K-Fall hat der Landrat dann Zugriff auf Polizei und auf Privateigentum, das braucht's in dem Fall nicht. Es hätte uns in der Arbeit nichts geholfen, es hätte es uns schwieriger gemacht."

Die Gemeinde Bad Bayersoien im Nachbarlandkreis Garmisch-Partenkirchen hatte sich nach dem dortigen Hagelschlag am Samstag entschlossen, den K-Fall auszurufen. Dort sei die Ausgangslage jedoch anders, erklärte Niedermaier: "Die haben lange keinen Strom, da ist Infrastruktur betroffen. Bad Bayersoien hat kein Trinkwasser mehr. Das ist was, was man nur mit überregionalen Kräften wieder in Ordnung bringen kann."

Die Linie zieht der Landrat so: " Bei einem Waldbrand etwa braucht man Hubschrauber, die müssen überregional angefordert werden, das geht ohne K-Fall nicht." Der K-Fall sei ein rechtliches Konstrukt. Ohne seine Ausrufung laufe es so: "Angeschaffte Hilfsleistungen, etwa Drehleitern aus anderen Kommunen, das ist dann Aufgabe der Gemeinde, das sauber zu dokumentieren, das zahlt die Gemeinde als erstes. Allerdings wird es dann dem Gebäudeeigentümer in Rechnung gestellt und das zahlt dann die Versicherung", erklärte Niedermaier.

In einem K-Fall laufe es anders, "nämlich dass alles, was überörtlich bestellt wird, erst einmal die Gemeinde zahlt und dann der Landkreis. Und dann geschaut wird, wo was gebraucht worden ist und das dann in Rechnung gestellt wird. Das auseinanderzuklamüsern, das macht alles nur viel schwieriger." Nochmal zurück zum Vergleich: "Wir haben keine überregionale Lage, wo wir Hubschrauber brauchen, die einen Haufen Geld kosten. Bei einem Waldbrand gibt's aber auch keinen Hausbesitzer, der versichert ist", sagte Niedermaier.

Allerdings wollte er für die kommenden Tage noch nichts ausschließen, insbesondere hinsichtlich des vorhergesagten Dauerregens: "Wenn das jetzt noch mit Hochwasser kombiniert wird - was ich nicht hoffe -, da schließe ich nichts aus, was dann passiert. Weil dann haben wir keine Einzelbetroffenen mehr, sondern eine Schutzlage für ganze Orte, dann werden wir das hinterfragen." Bisher aber, betonte er, "hätte es nichts einfacher gemacht, der K-Fall."

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