Gesellschaftliches Miteinander:Was beim Grillen erlaubt ist und was nicht

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Mit Holzkohle dürfen Mieter in Mehrfamilienhäusern nicht grillen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn Rauchschwaden und Röstgerüche zu den Nachbarn ziehen, kommt es immer wieder zu Beschwerden. Wie Hausverwaltungen damit umgehen und warum ein Gerichtsurteil womöglich sogar kontraproduktiv ist.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn die Temperaturen im Spätfrühling und Sommer steigen, zieht es die Menschen vermehrt nach draußen. Dort greifen viele zum Grill, um das Essen schmackhaft und möglichst unkompliziert zuzubereiten. Gerade in Mehrfamilienhäusern mit vielen unmittelbaren Nachbarn kann es allerdings schnell problematisch werden, auf dem Balkon oder dem Vorgarten im Erdgeschoss zu grillen. Erst im vergangenen März hatte das Landgericht München I einen Wohnungseigentümer in einem Tölzer Mehrfamilienhaus verurteilt, nur noch höchstens viermal im Monat grillen zu dürfen. Das aber nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende und ebenso nicht an zwei aufeinander folgenden Sonn- und Feiertagen.

Eine komplizierte Gemengelage und Anlass, einmal nachzufragen, wie Grillen möglichst konfliktfrei gelingen kann und wo es im Landkreis außerhalb der eigenen vier Wände überhaupt erlaubt ist. In Wolfratshausen betreibt Michael Kramer zwar nur einen kleinen Campingplatz mit 25 Stellplätzen für Touristen und 15 für Dauercamper plus Zeltwiese. Dafür liegt die Anlage am Badweiher mitten im Wohngebiet. Daher dürfen nur vier bis sechs Grills gleichzeitig an sein, sagt er. Damit gelinge es, die Rauch- und Geruchsbelästigung unter den Campern und für die Nachbarn in den angrenzenden Wohnhäusern im Rahmen zu halten. Zur Nachtruhe nach 22 Uhr sei sowieso Schluss. "Die Camper sind vernünftig und sehen das auch ein", so Kramer.

Nur eine begrenzte Zahl von Campern darf auf dem Wolfratshauser Platz gleichzeitig grillen

In den Hitzetagen im Juli hatte Michael Kramer einen seiner beiden Gemeinschafts-Grillplätze in Wolfratshausen gesperrt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dafür dürfen die Gäste am Wolfratshauser Campingplatz mit Elektro- und Gasgeräten sowie Holzkohle grillen. Kramer verleiht auch selbst emissionsarme Holzkohlegrills mit elektrisch betriebener Lüftung, womit die Glut in wenigen Minuten auf Betriebstemperatur sei, wie er selbst sagt. "Da gibt es fast keine Rauchentwicklung." Nur ein einziges Mal hätten sich Nachbarn im angrenzenden Wohngebiet beschwert, als Camper etwa ein Dutzend Grills gleichzeitig angemacht hätten. Dadurch sei eine große Rauchwolke hinübergezogen. Um die Grillaktivitäten zu kanalisieren, gibt es aber auch zwei zentrale Plätze. Den einen auf der Zeltwiese hat Kramer jedoch in der Hitzephase Mitte Juli aus Brandschutzgründen wegen des nahen Walds gesperrt.

Von einem "schwierigen Thema" spricht die Geschäftsführungs-Assistentin in der städtischen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Wolfratshausen (Stäwo), Nicole Matheus. "In der Hausordnung ist festgelegt, dass keine flüssigen oder festen Brennstoffe genutzt werden dürfen." Mit Kohle zu grillen, das sei daher ausgeschlossen. Prinzipiell sei es nur erlaubt, mit einem Elektrogerät zu grillen. Nicht immer hielten sich die Mieter daran. Das führe auch zu Beschwerden. Vonseiten der Stäwo sei es bislang bei Abmahnungen in solchen Fällen geblieben. Es habe keine Gerichtsstreitigkeiten gegeben, so Matheus.

Wie oft gegrillt werden darf, ohne störend zu werden, ist für die Geschäftsführungs-Assistentin der Stäwo eine Grauzone. Sie erwähnt etwa Justizurteile, wonach auch nur einmal im Monat gegrillt werden dürfe. Generell entstünden Konflikte zum Grillen eher in neuen Gebäudeobjekten, in denen sich die Hausgemeinschaft erst finden und kennenlernen müsse.

In den Isarauen ist Grillen verboten

Im Zweifelsfall dürfte wohl helfen, sich mit dem Grillen eher zurückzuhalten und zumindest die Nachbarn zu informieren, um Streitigkeiten zu vermeiden. Stattdessen einfach zur an Wolfratshausen vorbeifließende Isar auszuweichen, ist allerdings kein Lösungsansatz. Denn im Naturschutzgebiet an den Flussauen genauso wie auch in den Landschaftsschutzgebieten ist es verboten, zu grillen oder Feuer zu machen. Nicht jeder hält sich allerdings daran. Wer erwischt wird, wird bestraft. "Im Jahr 2022 waren es 257 Verfahren wegen Feuermachens (Lagerfeuer, Grillen, vereinzelt Rauchen/Shisha) in Schutzgebieten und im Wald", so die Pressestelle im Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen. Oft würde dann auch wegen mehrerer Ordnungswidrigkeiten, wie beispielsweise Wildcampen, eingeschritten.

Inwiefern sich die Problematik in den vergangenen drei Jahren verschärft haben könnte, ist schwer zu beurteilen. 325 vergleichbare Ordnungswidrigkeitsverfahren gab es im ersten Pandemie-Jahr 2020. Im Folgejahr sanken die Zahlen laut dem Landratsamt auf 216, um im Jahr 2022 sich größenordnungsmäßig wieder dazwischen einzupendeln. Zu den schönsten Grillplätzen im Landkreis dürfen die ausgewiesenen Plätze im Erholungsgelände Ambach am Ostufer des Starnberger Sees zählen.

Feuerstelle am Erholungsgelände. (Foto: Hartmut Pöstges)
Außerhalb der ausgewiesenen Plätz sind das Feuermachen und Grillen im Ambacher Erholungsgelände verboten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Allerdings darf auch nur explizit dort gegrillt werden - und das auch nur abends nach 20 Uhr, um Konflikten mit Badegästen vorzubeugen.

Auf Balkonen ist Mietern Holzkohle nicht erlaubt

An die Mieter appelliert daher die Baugenossenschaft (BG) Geretsried, darauf zu achten, dass es zu keiner starken Rauchentwicklung kommt, wenn Elektro- oder Gasgrills verwendet werden. Auf diese Weise sollen Nachbarn möglichst wenig gestört werden. Streitigkeiten über das Grillen gebe es aber immer wieder, so die BG Geretsried. Dann werde im Einzelfall entschieden. "Wir setzen auf das respektvolle Miteinander innerhalb der Mieterschaft und auf einen sicherheitsbewussten Umgang zum Thema Brandschutz", so heißt es. "Aufgrund der erhöhten Brandgefahr ist das Grillen mit Holzkohle auf dem Balkon nicht erlaubt." Die BG empfehle dafür einen Gas- und Elektrogrill.

Nur mit Elektrogerät - in Einzelfällen - erlaubt die Baugenossenschaft Lenggries, ihren Mietern zu grillen. "Die Hausordnung beinhaltet dazu keine Bestimmung, da wir auf gegenseitiges Verständnis in unseren Wohnanlagen bauen", so die Vorstandssprecherin Maria Haubner. Insgesamt beschwerten sich aber Mieter nur selten, wenn Nachbarn grillten. In den meisten Fällen lasse sich das gütlich regeln. Dagegen hält Haubner es in Mehrfamilienhäusern sogar für kontraproduktiv, durch ein Gerichtsurteil festzulegen, wie oft gegrillt werden darf. "Denn bei Anlagen mit mehreren Wohnungen könnte es dann gut vorkommen, dass jeden Tag von einer anderen Mietpartei gegrillt wird."

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