Glasklares bis smaragdgrünes Wasser, nackte steile Felsen, zerklüftete Spalten und schattenblaue Tiefe: In Ludwig Ganghofers Roman "Der Jäger von Fall" wird die Landschaft südlich des Sylvensteinspeichers zur dramatisch-wildromantischen Alpenkulisse. Vor diesem Tableau entfaltet der einstige Erfolgsautor seine mit Genreklischees spielende Geschichte um die Sennerin Modei, die der Jäger Friedel liebt und der Wildschütz Huisenblasi verführt.
Das Wilderermilieu animierte die Tölzer Autorin Sandra Freudenberg, ihrem 15-jährigen Teenager-Sohn eine zweitägige Tour von Fall über die Tölzer zur Plumsjochhütte im Karwendel schmackhaft zu machen. So persönlich berichtet sie für den inzwischen dritten National-Geographic-Band "Hütten³". Dafür hat der Kochler Fotograf Bernd Ritschel wieder viele stimmungsvolle Bilder aufgenommen. Frank Eberhard ist neben Freudenberg Co-Autor. Das Besondere diesmal: Erstmals verbinden die Touren aus den Alpenanrainerstaaten Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Italien mehrere Hütten auf ausgedehnten Rundtouren miteinander.
Das passt für den Kochler Fotografen Ritschel perfekt in die Gegenwart. So intensiv in die Landschaft einzutauchen, tue den Menschen gut, sagt er. "Und es ist ökologisch." Denn was sei besser, als auf Fernreisen mit dem Flugzeug auch einmal zu verzichten und dafür zu Fuß die Natur zu erkunden. In der Region ist Ritschel selbst viel unterwegs und wird über seine "Bergheimat" in den bayerischen Alpen zum Waldspiele-Festival am Blomberg bei den Open-Air-Kino-Abenden (Mittwoch bis Sonntag, 6. bis 10. Juli) einen Multivisions-Vortrag halten. Zudem ist er das Gesicht der aktuellen Naturschutz-Kampagne im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.
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Mehr noch als Alpinidylle bringt das Trio um Ritschel, Freudenberg und Eberhard dem Leser aber auch den oft harten, langen Hüttenalltag nahe. Sichtlich angetan berichtet Freudenberg von den Murnau-Werdenfelser Mutterkühen, Schweinen und Schafen seltener Rassen auf der privat betriebenen Plumsjochhütte. Der windschiefe, holzverschindelte Altbau erinnert sie an eine "Villa Kunterbunt", wo auch ausrangierte Bergschuhe als Pflanzgefäße dienen dürfen. Der aus ihrer Sicht vor Kurzem teils "wenig inspiriert" sanierten Tölzer Hütte indes attestiert die Autorin mit erfrischender Direktheit einen "Seminarraumcharakter".
So pittoresk insbesondere die Buchband-Bilder die Alpinnatur zu inszenieren scheinen, haben die 17 Touren zu mehr als 40 Hütten Freudenberg auch durchaus nachdenklich gemacht. Die Auswirkungen der Klimaveränderung seien überall im Hochgebirge zu spüren gewesen, berichtet sie - angefangen beim ziemlich instabilen Wetter. Ein Appell für einen respektvollen und umweltschutzorientierten Umgang mit der Natur. Auf keinen Fall sollte das Buch verführen, in den Bergen leichtsinnig zu werden: Für die langen Touren brauche es alpinistische Erfahrung, so Freudenberg. "Das ist nichts für den, der nur ein bisschen wandern will."