Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:1000 neue Plätze für Geflüchtete

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2015 gab es schon einmal ein Containerdorf in Reichersbeuern, das vier Jahre später zurückgebaut wurde. Nun braucht der Landkreis dringend Unterbringungsplätze, da derzeit wieder vermehrt Menschen in den Landkreis kommen. (Foto: Manfred Neubauer)

Einige der Unterkünfte sind bereits genehmigt, gegen andere laufen Klagen. Auch das Containerdorf Am Kranzer in Reichersbeuern soll wieder aufgebaut werden und Platz für 240 Menschen bieten. Eine Übersicht.

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Nach dem vorübergehenden Stopp wegen des Hagelunwetters im August vergangenen Jahres werden dem Landkreis seit Januar 2024 wieder jeden Monat etwa 100 Geflüchtete zugewiesen. Um sie unterbringen zu können, sollen heuer rund 1000 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Geplante Standorte sind in Bad Tölz, Geretsried, Wolfratshausen, Benediktbeuern, Dietramszell, Münsing, Lenggries und in der Verwaltungsgemeinschaft Reichersbeuern-Greiling-Sachsenkam.

Nach aktuellem Stand sind vom Landratsamt bereits einige Unterkünfte genehmigt. So werden in Bad Tölz an der Königsdorferstraße, im ehemaligen Hotel "Lindenhof", 95 Plätze geschaffen. In Münsing Am Schlichtfeld sollen etwa ebenso viele Bewohner untergebracht werden, allerdings sei hier eine Klage anhängig, erklärt die Pressesprecherin der Kreisbehörde, Marlis Peischer. Genehmigt sind außerdem 120 Plätze an der Scharfreiterstraße in Lenggries und 100 Plätze in der ehemaligen Öko-Akademie Linden in der Gemeinde Dietramszell.

100 Plätze sollen in der ehemaligen Öko-Akademie Linden entstehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Auch eine Neuauflage der Unterkunft Am Kranzer an der Bundesstraße 13 hat die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Reichersbeuern-Greiling-Sachsenkam im vergangenen Oktober beschlossen. Bereits 2015 gab es dort ein Flüchtlingsdorf mit 38 sogenannten Mobile Homes, in denen zeitweise bis zu 200 Menschen lebten. Im Juli 2019 wurde die Siedlung zurückgebaut, weil die Flüchtlingszahlen damals zurückgingen. Nun sollen dort wieder Container aufgebaut und Platz für 240 Bewohner geschaffen werden. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen Grundstückseigentümerin, Landratsamt und VG. Die Gemeinde Greiling, die gegen die Zuweisung von Geflüchteten geklagt und vom Verwaltungsgericht München in einer Eilentscheidung im Januar vorerst Recht bekommen hat, sei als Mitglied der VG in Bezug auf die Containeranlage Am Kranzer mit im Boot, sagt der Reichersbeurer Bürgermeister und VG-Sprecher Ernst Dieckmann (FW).

In Reichersbeuern gab es von 2015 an ein Containerdorf. Nun soll dort wieder eine solche Anlage entstehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Auch die in den jeweiligen Bauausschüssen in Wolfratshausen und Geretsried abgelehnten Bauanträge sind nicht vom Tisch; sie würden derzeit im Kreisbauamt, das als übergeordnete Behörde die Genehmigung erteilen kann, geprüft, erklärt Peischer. In Wolfratshausen betrifft dies eine Unterkunft am Hans-Urmiller-Ring mit 144 Plätzen. In Geretsried geht es um zwei Vorhaben: eine ehemalige Halle des Unternehmens "Filigran" in der Blumenstraße sowie einen Standort in der Neutraublingerstraße im Gewerbegebiet Gelting. Außerdem befinde sich eine Unterkunft in der Meichelbeckstraße in Benediktbeuern in der Prüfung, erklärt Peischer.

Ob die Filigranhalle in der Blumenstraße in Geretsried als Asylunterkunft fungieren kann, wird derzeit geprüft. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Am Isarleitenweg in Bad Tölz, wo gegen den erklärten Willen der Stadt eine weitere Unterkunft für 96 Bewohner entstehen soll, sei eine Nachbarklage anhängig. Für den Bau dringend benötigter Asylunterkünfte wurden vom Gesetzgeber im vergangenen Juli weitreichende Ausnahmen geschaffen. So kann für diesen Zweck von sämtlichen Vorschriften des Baugesetzbuches abgewichen werden, auch dann, wenn sie geltenden Bebauungsplänen entgegenstehen oder Kommunen Veränderungssperren erlassen haben. Auch in Gewerbegebieten sind Unterkünfte für Geflüchtete möglich und sollten laut Bundesgesetzgeber dort auch zugelassen werden. Wenn Kommunen entsprechende Bauanträge ablehnen, was zuletzt fast standardmäßig der Fall war, werde das gemeindliche Einvernehmen durch das Kreisbauamt ersetzt, wenn dies durch die Gesetzgebung gedeckt sei. Ausnahmemöglichkeiten würden "ausgeschöpft", erklärt Peischer.

Auf dem unbebauten Grundstück hinter dem Isarleitenweg in Bad Tölz sollen Flüchtlingsunterkünfte entstehen, doch eine Nachbarklage ist anhängig. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Unterkunft an der Scharfreiterstraße in Lenggries soll bereits ab Mai belegt werden. Dann könnte die bestehende Containeranlage an der Geiersteinstraße möglicherweise aufgelöst werden - "vorbehaltlich dessen, dass es genügend Plätze gibt", betont die Pressesprecherin. Denn die dortigen Container bei der Schule seien bereits in den Jahren 2015 und 2016 gebraucht gekauft worden und inzwischen stark abgenutzt.

Wie viele Plätze in den Gemeinschaftsunterkünften (GU) jeweils zur Verfügung gestellt werden, hänge von den Möglichkeiten und den nötigen Investitionen ab, erklärt Peischer. Dass eine GU erst ab einer Größe von 80 Plätzen einen Sicherheitsdienst bekomme, sei "ein wichtiges Kriterium". Aktuell leben im Landkreis 3100 Geflüchtete, davon etwa 1500 mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Bis zum Jahresende müssten nach gegenwärtigem Stand noch etwa 900 Menschen zusätzlich untergebracht werden.

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Die Geretsrieder Stadträte betonten, sie lehnten die Unterbringung von Geflüchteten nicht grundsätzlich ab. Lediglich seien die Standorte ungeeignet. Die Kreisbehörde könnte das Einvernehmen jedoch ersetzen.

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