Flucht und Migration:Dreimal Nein zu Asylunterkünften

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Die Zukunft der Filigranhalle in der Blumenstraße als Geflüchtetenunterkunft steht infrage. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Geretsrieder Stadträte betonten, sie lehnten die Unterbringung von Geflüchteten nicht grundsätzlich ab. Lediglich seien die Standorte ungeeignet. Die Kreisbehörde könnte das Einvernehmen jedoch ersetzen.

Von Philipp Rahn, Geretsried

Über drei Anträge für Asylbewerberunterkünfte hatte der Bau- und Umweltausschuss der Stadt Geretsried am Dienstag zu entscheiden. Alle drei lehnte das Gremium ab, zwei davon einstimmig. Dabei war es den Ratsmitgliedern jedoch wichtig zu betonen, dass die Abstimmungen kein grundsätzliches Nein zur Unterbringung von Geflüchteten in Geretsried bedeuteten. Vielmehr gehe es um die konkreten Standorte. So bekräftigte Bürgermeister Michael Müller (CSU): "Wir stehen zur Unterbringung von Flüchtlingen."

Beantragt war die Verlängerung der Nutzung der ehemaligen Filigranhalle in der Blumenstraße 15. Dort sind bereits seit 2016 Geflüchtete untergebracht. Die Lagerhalle sollte für weitere fünf Jahre als Asylunterkunft fungieren, laut Bauantrag hätten dort bis zu 110 Personen unterkommen sollen. Zusätzlich wurde ein Vorbescheidsantrag auf Errichtung einer Asylbewerberunterkunft in Modulbauweise auf dem gleichen Gelände gestellt. Ein Vorbescheidsantrag ist die Vorstufe eines Bauantrags; dabei können bereits bestimmte Fragen zur Zulässigkeit eines Vorhabens geklärt werden. Zur Errichtung der Unterkunft hätte wohl ein Teil der Filigranhalle rückgebaut werden sollen, so die Einschätzung der Verwaltung. Dort hätten 243 Personen untergebracht werden sollen. Der dritte Antrag sah den Neubau von drei Containergebäuden zur Unterbringung von bis zu 160 Personen in der Neutraublinger Straße im Gewerbegebiet Gelting vor.

Der Bebauungsplan an der Blumenstraße war im vergangenen Jahr zur "Stärkung und Sicherung des Gewerbegebiets", wie es im Beschluss heißt, geändert worden. "Anlagen für soziale Zwecke sowie Beherbergungsbetriebsnutzungen" im betreffenden Gebiet sind damit ausgeschlossen. Dazu hatte der Stadtrat eine Veränderungssperre erlassen. Diese nahm die Stadtverwaltung nun als Anlass, dem Bauausschuss die Ablehnung des Bauantrags zu empfehlen. Beide Bauvorhaben in der Blumenstraße seien aufgrund der Veränderungssperre "bauplanungsrechtlich nicht zulässig", wie Stadtbaurat Rainer Goldstein erklärte. Auch einer Ausnahme von der Veränderungssperre stimmte das Gremium nicht zu. Lediglich Ann-Kathrin Güner (FW) stimmte gegen den Beschlussvorschlag, der die Ablehnung der Asylunterkunft in der Filigranhalle vorsah: "Nur Nein sagen, ist keine Alternative."

Ansonsten herrschte zu allen Anträgen große Einigkeit im Gremium. So erachtete etwa Patrik Kohlert (Geretsrieder Liste) die vorgeschlagenen Unterkünfte "nicht für geeignet". Andreas Rottmüller (CSU) befand, man könne "die Leute da draußen nicht am langen Arm verhungern lassen". Zudem stellte sich für ihn die Frage, wer sich am Ende um Kindergärten und Schulen kümmere. Auch Güner sagte zu den anderen Anträgen, dass man "Menschen nicht irgendwo in ein Gewerbegebiet" setzen könne. Warum jedoch die Filigranhalle nunmehr ungeeignet sei, blieb in der Sitzung unklar. Auf Nachfrage der SZ erklärt die Kreisbehörde, dass die Halle seit 2016 als Geflüchtetenunterkunft genutzt werde. Gegenwärtig seien dort 110 Plätze verfügbar. "Tatsache ist, dass Unterkünfte für Geflüchtete dringend benötigt werden und der Bundesgesetzgeber hinsichtlich Asylunterkünfte weitreichende Ausnahmen zugelassen hat", so Marlis Peischer, Pressesprecherin des Landratsamts. "Das gemeindliche Einvernehmen wird dann ersetzt, wenn dies durch die Gesetzgebung gedeckt ist. Ob dies hier der Fall ist, gilt es zu prüfen, das gilt natürlich auch für die Veränderungssperre, welche die Stadt erlassen hat." Festzuhalten sei, "dass die Ausnahmemöglichkeiten ausgeschöpft werden."

Zwar hat die Stadt das gemeindliche Einvernehmen und die Ausnahme der Veränderungssperre abgelehnt, doch das Landratsamt könnte diese Entscheidung folglich ersetzen. Ähnliches steht auch in Wolfratshausen zur Debatte. Bürgermeister Müller sieht darin die "faktische Aushebelung des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen."

Geretsried stehe trotz der Ablehnungen aber weiterhin zum Mitwirkungsgebot. "Wir sollen Flächen suchen, das machen wir auch", so Rathauschef Müller. Zudem sei die Solidarität unter den Gemeinden im Landkreis verbesserungswürdig. Die drei Städte im Landkreis würden die Unterbringung derzeit tragen. "Die anderen klagen sich munter raus und lassen sich dann noch feiern", sagte er. Geretsried würde noch immer einen großen Teil der Geflüchteten aufnehmen, auch wenn Bad Tölz derzeit den größten Anteil unterbringe.

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