Umwelt:Starnberger See und Ammersee: Überall ist Mikroplastik

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Erstmals hat das Landesamt für Umwelt die beiden Gewässer auf winzige Kunststoffteilchen hin untersucht. Über mögliche, konkrete Gefahren wissen die Forscher noch nicht viel.

Von Armin Greune, Starnberg

Plastik in den Meeren beschäftigt die Wissenschaft schon lange, nun hat das Landesamt für Umwelt (LfU) erstmals vier Seen auf Mikroplastik untersucht, darunter Starnberger See und Ammersee. Forscher der Universität Bayreuth hatten die Proben 2014 an Ufern, im Wasser und an der tiefsten Stelle vom Grund genommen - Plastik fanden sie überall.

Die höchsten Konzentrationen wurden an Stränden in Tutzing, Utting und Eching gemessen, wo sich zwischen 80 000 und 130 000 Partikel pro Quadratmeter Ufersediment fanden. Jeweils mehr als 95 Prozent davon gelten mit einem Durchmesser von weniger als einem Millimeter als kleines Mikroplastik. Im Gegensatz dazu registrierte man bei Starnberg und Seeshaupt nur 226 beziehungsweise 778 Teilchen pro Quadratmeter. Die Vergleichswerte von Altmühl- und Chiemsee wiesen eine ähnlich große Streuung auf.

Darüber hinaus hat das LfU auch größere Kunststoffreste an den Ufern erfasst: In Tutzing wurden 184 und in Utting 410 Partikel pro Quadratmeter aufgespürt, die mit Durchmessern von mehr als fünf Millimetern als Makroplastik gelten. In Dießen, Eching, Aidenried und Seeshaupt fanden die Forscher keine der größeren Teilchen.

Die Bodenproben von Ammersee und Chiemsee wiesen mit mehr als 9000 Partikeln pro Quadratmeter deutlich höhere Mikroplastik-Konzentrationen auf als die des Starnberger Sees, wo der Wert bei 2200 lag. Die Forscher führen das auf den Kunststoffeintrag durch die Zuflüsse wie Ammer beziehungsweise Tiroler Ache zurück.

Mikroplastik hat einen Durchmesser kleiner als fünf Millimeter. (Foto: dpa)

Im Oberflächenwasser wurden im Starnberger See und Ammersee geringe Mikroplastik-Konzentrationen zwischen 0,2 und 7,4 Partikel pro Kubikmeter festgestellt, was sich mit den Werten anderer bereits untersuchter Seen in Europa und Nordamerika deckt. Zum Vergleich: Zwei Studien haben in Mineralwasser 300 bis 6000 Partikel pro Liter gefunden - eine Konzentration, die um den Faktor einer Milliarde höher liegt.

Die hohen Konzentrationen an den Ufern liegen freilich teilweise erheblich über den Vergleichswerten 17 anderer Seen. Als Grund dafür vermutet die LfU, dass seine Proben vom Spülsaum der Gewässer stammen, wo sich mehr Mikroplastik ansammeln könnte als an der Wasserkante oder der Hochwasserlinie. In den großen Unterschieden bei den einzelnen Messwerten spiegelten sich Witterungseinflüsse, Strömungsbedingungen sowie Landwirtschaft und Erholungsdruck an den Ufern wieder.

Generell warnen die Wissenschaftler vor einer Überinterpretation ihrer Pilotstudie: Methodische Unsicherheiten und die geringe Anzahl vergleichbarer Arbeiten erschwerten die Auswertung der Ergebnisse. Um die Problematik von Mikroplastik für die Umwelt abzuschätzen, fehle es noch an Erkenntnissen, wie sich die akkumulierten Partikel auf die Gewässer und ihre Lebewesen auswirken. Deshalb untersucht das LfU derzeit, wie Fische und Muscheln auf Mikroplastik reagieren.

Eines aber lässt sich aus der aktuellen Studie jetzt schon ablesen: Primäres Plastik, wie es etwa in Form von Mikroperlen, sogenannten Beads, in Kosmetikartikeln enthalten ist, spielt in und an den Seen kaum eine Rolle. Der ganz überwiegende Teil der Partikel besteht aus sogenanntem sekundären Mikroplastik, das bei der Zersetzung von unsachgemäß entsorgtem Plastikmüll entsteht. Das kann nur als Bestätigung für die Initiativen gewertet werden, die zur Plastikvermeidung im Alltag aufrufen wie "Unverpackt einkaufen im Würmtal" oder "Plastikfreies Dießen".

© SZ vom 11.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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