Großeinsatz am Wochenende:Fast 5000 Polizisten zur Sicherheitskonferenz im Einsatz - so viele wie noch nie

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Auf dem Promenadeplatz werden von der Polizei dieses Mal spezielle Korridore für Passanten eingerichtet. (Foto: Stephan Rumpf/Stephan Rumpf)

Zu mehreren konkurrierenden Demonstrationen werden mehr als 10 000 Teilnehmer erwartet. Absperrungen und scharfe Kontrollen gibt es rund ums Tagungshotel.

Von Martin Bernstein

"Die Welt schaut nach München. Wieder einmal." Münchens Polizeivizepräsident Michael Dibowski wird am Wochenende einen Einsatz leiten, wie es ihn in der bayerischen Landeshauptstadt so noch nicht gegeben hat - zumindest nicht anlässlich einer Sicherheitskonferenz (MSC). Etwa 4500 Polizistinnen und Polizisten werden die Teilnehmer des Treffens im Hotel "Bayerischer Hof" schützen, 45 Staatsoberhäupter und Regierungschefs eskortieren, Straßen absperren oder freihalten und insgesamt 19 Demonstrationen im Umfeld der Sicherheitskonferenz begleiten. Zusätzlich sind 300 Bundespolizisten im Einsatz. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bestimmt das Geschehen auch auf Münchens Straßen.

Das bekommen auch die Anwohner am Promenadeplatz, die dortigen Geschäftsleute und ihre Kunden zu spüren. Genügte es in früheren Jahren, an den Einlasskontrollen glaubhaft zu versichern, man sei das eine oder andere, um passieren zu dürfen, müssen von Freitag bis Sonntag jetzt eigens eingerichtete Korridore benutzt werden. Auch Taschenkontrollen wird es geben. Ansonsten muss eigens akkreditiert sein, wer auf den Promenadeplatz will.

Diese verschärften Sicherheitsmaßnahmen sind laut Dibowski der "angespannten weltpolitischen Lage" geschuldet. Die USA werden nach Angaben der MSC-Organisatoren "die größte Delegation aller Zeiten" stellen, erwartet werden Vizepräsidentin Kamala Harris, Verteidigungsminister Lloyd J. Austin, Außenminister Antony Blinken und Vertreter des Kongresses. Insgesamt haben sich mehr als 150 hochrangige Regierungsvertreter angesagt, darunter 83 Außen- und Verteidigungsminister. Vertreter der regimekritischen russischen Zivilgesellschaft sind in München eingeladen, jedoch ausdrücklich keine Regierungsmitglieder. Und auch keine Vertreter der AfD.

Die hat ihre Anhänger dazu aufgerufen, am Samstag um 11 Uhr am Alten Botanischen Garten zusammen mit dem rechtsextremistischen Compact-Magazin gegen die "Nato-Kriegstreiberkonferenz" zu demonstrieren. Auftreten soll unter anderem der Münchner Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, der jüngst durch eine Reise nach Belarus von sich reden machte. Die Teilnehmer der rechten Kundgebung wollen um 13 Uhr weiterziehen zum nahen Königsplatz, wo sich Anhänger der verschwörungsideologischen Szene zu einem Demonstrationszug aufstellen. Gruppen aus dem antifaschistischen Lager haben bereits angekündigt, das verhindern zu wollen.

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Blockadeaktionen werde man auf keinen Fall hinnehmen, kündigt die Münchner Polizei an - und hat dabei Klima-Aktivisten ebenso im Blick wie die autonome Szene. Auch das Demonstrationsgeschehen am Samstag ist wohl ein Grund für die Rekordzahl an Polizistinnen und Polizisten in diesem Jahr. Wie teilnehmerstark die "Versammlung der Querdenker", wie Dibowski sie nennt, auf dem Königsplatz werden wird, ist dabei die große Unbekannte. 500 Teilnehmer hatten Melchior Ibing und seine Gruppierung "München steht auf" ursprünglich beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) angemeldet. "Eine Riesendemo mit Zehntausenden aus ganz Mitteleuropa" kündigt inzwischen einer der Hauptredner, der frühere Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer, auf Twitter an. Die Demoroute unter dem Motto "Macht Frieden!" führt durch die Maxvorstadt, Schwabing und über Leopold- und Ludwigstraße zurück zum Königsplatz.

Den Odeonsplatz tangiert diese Kundgebung nicht - anders als die von Claus Schreer organisierte "Anti-Siko"-Demonstration. Wie schon seit Jahren werden sich die MSC-Gegner aus dem linken Lager um 13 Uhr auf dem Stachus aufstellen und dann versuchen, den Tagungsort der Sicherheitskonferenz durch zwei Demonstrationsflügel durch die Fußgängerzone und über den Odeonsplatz symbolisch zu umzingeln. Auf dem Marienplatz ist eine Abschlusskundgebung geplant, bei der - ebenso wie bei der vom rechten Lager unterstützten Querdenker-Demo übrigens - die Partei "Die Linke" mit einem prominenten Mitglied vertreten sein wird.

"Wir werden dazwischen stehen"

Auch diese Demoroute wird die Münchner Polizei vor besondere Herausforderungen stellen. Während die Nato-Gegner nämlich an der Feldherrnhalle wieder Richtung Marienplatz einschwenken, findet direkt daneben eine Kundgebung von in Bayern lebenden Ukrainerinnen und Ukrainern statt. Dort sollen die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und ihr Grünen-Kollege Anton Hofreiter auftreten und die Forderung der Veranstalter nach Waffenlieferungen für das von Putins Armee überfallene Land unterstützen. Möglicherweise werden sogar hochrangige Vertreter der ukrainischen Regierung vom Bayerischen Hof herüberkommen und sprechen. "Wir werden dazwischen stehen", kündigt Polizeivize Dibowski mit Blick auf eine mögliche verbale Konfrontation zwischen Nato-Gegnern und Ukraine-Unterstützern an.

Für "zumindest abstrakt gefährdet" hält der Einsatzleiter die diesjährige 59. Sicherheitskonferenz. Weswegen das Areal um den Bayerischen Hof nicht nur am Boden abgeriegelt ist und bereits seit Tagen, wie Siegel auf Gullydeckeln zeigen, unterirdisch auf Sprengsätze abgesucht wurde. Auch der Luftraum über der Münchner Innenstadt ist in einem Radius von 5,5 Kilometern gesperrt. Damit sind zwischen Olympiapark und dem Nordrand des Perlacher Forsts auch Drohnenflüge von Freitag bis Sonntag verboten. Verboten ist während der Sicherheitskonferenz auch an vielen Stellen der Stadt das Abstellen von Autos. Wer die Schilder ignoriert, muss damit rechnen, dass die Polizei den Pkw abschleppen lässt - und zwar bereits von Mittwochabend an.

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