Nahverkehr:Ist eine Seilbahn über dem Frankfurter Ring sinnvoll?

Seilbahn über Frankfurter Ring

Im Münchner Norden könnte eine Seilbahn mehrere U-Bahn-Stationen miteinander verbinden. Die Simulation zeigt, wie das aussehen könnte.

(Foto: Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr/Bauchplan (Simulation))
  • Der Stadtrat hat eine Machbarkeitsstudie zu einer möglichen Seilbahn über dem Frankfurter Ring beschlossen.
  • Sie soll klären, ob die viereinhalb Kilometer lange Seilbahn rentabel wäre und sich sinnvoll in den Nahverkehr einfügen würde.
  • Bis zu 540 000 Euro soll die Studie kosten, die Hälfte davon will laut Reiter der Freistaat Bayern übernehmen.

Von Andreas Schubert

Als Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) im Juli zusammen mit der damaligen Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) die Idee einer Seilbahn über dem Frankfurter Ring vorstellte, war die Überraschung ebenso groß, wie die spontane Zustimmung aus dem Stadtrat.

Nun macht die Stadt ernst: Am Mittwoch hat der Stadtrat eine Machbarkeitsstudie beschlossen, die zeigen soll, ob sich eine Seilbahn auf der etwa viereinhalb Kilometer langen Strecke rentieren würde und ob sie sinnvoll an den restlichen Nahverkehr angeschlossen werden kann. Bis zu 540 000 Euro soll die Studie kosten, die Hälfte davon will laut Reiter der Freistaat Bayern übernehmen.

Seilbahnen gelten als relativ sicher, kostengünstig und schnell zu realisieren. Die Hersteller setzen die Baukosten mit etwa der Hälfte einer Straßenbahn und einem Zehntel einer U-Bahn an. Doch zunächst gibt es in der Studie einige Punkte zu klären. So müssen die Gutachter zunächst eine Verkehrsprognose erstellen.

Nach den bisherigen groben Plänen soll die urbane Seilbahn die U-Bahnhöfe Oberwiesenfeld und Frankfurter Ring, die Tramstation Schwabing Nord und den U-Bahnhof Studentenstadt miteinander verbinden. Sie könnte eine Tangentiale sein, derer es in München derzeit noch nicht allzu viele gibt, deren Notwendigkeit die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) aber schon seit Längerem betont. Die MVG wäre auch der Betreiber einer Seilbahn.

Der Frankfurter Ring soll eine Teststrecke sein, der womöglich noch weitere folgen könnten. Unter anderem auch in Dachau oder Germering liebäugelt die Politik bereits mit der Seilbahnidee. Und in München sehen einige Stadträte ebenfalls Potenzial für noch andere Trassen.

Doch der Antrag der Bayernpartei, auch eine Verbindung zwischen Giesing und Thalkirchen prüfen zu lassen, fand am Mittwoch im Stadtrat keine Mehrheit - nicht aus prinzipieller Abneigung gegen diese Idee, sondern weil sich die Machbarkeitsstudie erst einmal auf diese eine Trasse am Frankfurter Ring konzentrieren soll, um keine Zeit zu verlieren. Dass es schnell gehen soll, habe "höchste Priorität", sagte Reiter. Die nun beschlossene Studie wird sich trotzdem nicht auf den Frankfurter Ring beschränken. Sie soll auch klären, ob sich die Trasse noch verlängern ließe, etwa nach Unterföhring.

Eineinviertel Jahre wird das Erstellen der Studie dauern. Dann soll laut Reiter Klarheit herrschen, ob und wie sich das Ganze technisch realisieren lässt, was es kosten wird und wie sich das Projekt finanzieren lässt, also ob Zuschüsse des Bundes möglich sind. Dann könne man immer noch andere Verbindungen prüfen lassen, sagte Reiter.

Obwohl der Stadtrat bis auf die ÖDP fast einhellig der Studie zustimmte, war nicht das komplette Plenum vom Standort Frankfurter Ring überzeugt. So beantragten die Grünen ohne Erfolg, auf derselben Strecke auch eine Machbarkeitsstudie für eine Tram erstellen zu lassen. Ihr Verkehrsexperte Paul Bickelbacher begründete dies damit, dass eine Tram nicht unbedingt teurer sei, wie es so oft von den Herstellen und Verfechtern der Seilbahn betont wird. Weil allein die Kosten für die Zugangsbauwerke schon bei geschätzten zwölf Millionen Euro lägen und pro Kilometer Seilbahnstrecke noch einmal zwei Millionen fällig werden, sei man bei dieser Testrecke schon bei Baukosten von 14 Millionen angelangt. Das entspreche den Kosten einer Tram.

Den Frankfurter Ring halte er für ungeeignet, sagte Bickelbacher, anders als die in der Vergangenheit von seiner Fraktion vorgeschlagenen Seilbahntrassen zwischen Englschalking und Riem, Thalkirchen und Harlaching sowie zwischen Garching und dem Forschungs- und Innovationszentrum von BMW im Münchner Norden. Diese Trassen seien deshalb sinnvoll, weil sie Höhenunterschiede und Hindernisse überwänden, wo keine Straße entlangführt und kein anderes Verkehrsmittel möglich wäre wie an der nun beschlossenen Strecke. Auch Tobias Ruff (ÖDP) zweifelte mit denselben Argumenten am Sinn einer Seilbahn an diesem Ort, für die, wie er schätzte, 60 Meter hohe Türme gebaut werden müssten. Letztlich setzte sich die rot-schwarze Rathausmehrheit aber durch.

Zur Forderung Ruffs an Reiter, er möge sich parallel auch für den S-Bahn-Nordring einsetzen, sagte der OB: Das täte er gerne, nur wollten weder der Freistaat noch der Bund den seit Jahren geforderten Nordring finanzieren. Diese Bahnstrecke würde den Münchner Verkehr weitaus deutlicher entlasten als die nun vorangebrachte Seilbahn. Diese sei nicht die Lösung aller Verkehrsprobleme, räumte auch der Zweite Bürgermeister Manuel Pretzl, der zugleich CSU-Fraktionschef ist. Er sieht in dem Projekt aber einen von vielen Bausteinen für einen besseren öffentlichen Nahverkehr, und das, ohne in den Straßenraum einzugreifen.

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