Nockherberg:"Ein Einlauf für alle, ganz unparteiisch"

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Sehr langer Applaus für den sehr lange amtierenden Paulaner-Chef Andreas Steinfatt, der am Mittwoch zum letzten Mal den Ministerpräsidenten zur ersten Starkbiermass auf die Bühne bat. (Foto: Robert Haas)

Uli Hoeneß hat nur einen Kritikpunkt, Rosalie Thomass ist schon nach der Rede völlig fertig, und Michaela May spricht das höchste Lob aus - die Reaktionen auf Rede und Singspiel.

Von Philipp Crone

Die Frage ist ja schon, ob das noch einmal so möglich ist. Stehen noch einmal alle auf, weil Fastenprediger Maximilian Schafroth sie verbal derart mitreißt, dass die Gäste am Nockherberg nur noch im Stehen applaudieren wollen? Die Antwort ist ja. Auch wenn er seine Rede diesmal ein wenig anders komponiert.

Der Abend beginnt zunächst wie sonst auch. Die Gäste strömen in den Saal am Mittwochabend, es riecht nach Fleischpflanzerl und Damenparfum, man hört vor allem laute Männerstimmen. Die verschiedenen Gewerke verteilen sich auf ihre angestammten Positionen. Hinten rechts von der Bühne aus die Schauspiel-Gilde, rechts vorne Bier und Bälle, also die Vertreter des FC Bayern und Münchner Gastronomen, in der Mitte die Politik. Als sich die Gäste um kurz vor 19 Uhr das erste Mal in größerer Zahl erheben, hat das weniger mit Ehrfurcht und Anerkennung zu tun als mit Neugierde, wie der Ministerpräsident in diesem Jahr wohl zum Defiliermarsch in den Saal schreiten wird.

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Es folgt ein erster besonderer Moment, nämlich ein sehr langer Applaus für den sehr lange amtierenden Paulaner-Chef Andreas Steinfatt, der nun aber nach 28 Jahren zum letzten Mal Markus Söder zur ersten Starkbiermass auf die Bühne bittet. Und davor ein paar gelungene Abschiedsworte findet. Da steigt die Temperatur im Saal, die ersten Männerglatzen beginnen zu glänzen. Dabei hat Schafroth noch keinen Satz gesagt. Dessen Eltern sitzen in der Schauspieler-Ecke, Mutter Gabriele erklärt vorher: "Wenn er seinen Fuß aufstellt und sich nach vorne lehnt, ist er entspannt und drin."

Schafroth kommt mit Trommeltruppe und Warnweste als Protest-Zug auf die Bühne, legt los und stellt seinen Fuß nach vier Sätzen auf, als er zum ersten Mal seinen Lieblingsgegner Hubert Aiwanger verbal verhaut. Da schüttelt es Jan-Christian Dreesen vor Lachen. Der Bayern-Vorstandsvorsitzende wird die nächste Stunde vor allem kichernd verbringen. Früh schon unterbricht Schafroth seine hochfrequenten Kabarett-Spitzen durch ernste Momente, kurze Predigten zwischen ausdauerndem Pointen-Geprassel. Zum Ende überwiegen der Ernst und sein ruhiger Appell an Vernunft und Miteinander.

Zu den prominenten Gästen gehörten Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und der amerikanische Generalkonsul Timothy Liston. (Foto: Robert Haas)

Hoeneß sagt, als er nach dem langen Schlussapplaus wieder sitzt: "Großartig, nur eins fand ich nicht ganz gelungen: Aiwanger hat er viel zu wichtig genommen. Der ist nicht so wichtig." Und Dreesen, noch sichtlich vom Lachen gezeichnet, ergänzt, wie oft Schafroth den Nagel verbal auf den Kopf getroffen habe. Michaela May zwei Tische weiter geht noch weiter: "Er hat ein großes Geschick, locker leicht markige Sachen rauszuhauen und den Leuten auf den Punkt zu sagen, wo die Defizite sind." Sie habe "seit Walter Sedlmayr in den Achtzigern alle Fastenprediger erlebt", das sind neun Rednerinnen und Redner, "aber Schafroth ist der beste".

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Und Rosalie Thomass ist schon völlig fertig: "Es ist einfach herrlich, wie der zwischen den Lachsalven ganz ernst allen einen Einlauf verpasst."

Was dann im Singspiel ganz melodisch-harmonisch so weitergeht. Da hat Gerhard Wittmann als Dieter Reiter als Biene Maja den meistbejubelten Auftritt. Michael Brandner sagt hinterher: "Wunderbar, die haben immer den richtigen Ton getroffen, schön spitz." Das sehen offenbar viele so, denn auch nach dem Singspiel stehen die Gäste wieder und applaudieren im Stehen. Könnte eine neue Tradition werden.

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