Giesing:Versicherungskammer Bayern will in die Höhe bauen

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So könnte der neue Sitz der Versicherungskammer Bayern aussehen: Im Entwurf der Architekten überragt der Neubau die Bäume deutlich, bleibt für ein Hochhaus aber doch eher zwergenhaft. (Foto: Behnisch Architekten / Adler Olesch Landschaftsarchitekten)

Der Versicherer plant einen Neubau an seinem Konzernsitz an der Deisenhofer Straße - mit mehr Stockwerken als ursprünglich vorgesehen. Laut Fachleuten entstehe aber kein "Hochhaus im klassischen Sinn".

Von Lea Kramer

Unweit vom Giesinger Bahnhof wird es bald wieder eine große Baustelle geben. Die Versicherungskammer Bayern (VKB) will ihren Konzernsitz an der Deisenhofener Straße 63 in Giesing modernisieren. Dafür reißt sie das alte Gebäude ab und ersetzt es durch einen Neubau. Dieser soll bis 2027 mit den angrenzenden Verwaltungsgebäuden zu einem "Campus" verdichtet werden. Der Münchner Stadtrat hatte die Planungen bereits vor zwei Jahren auf den Weg gebracht, nun hat der Ausschuss für Planung und Bauordnung den Bebauungsplan für das Gebiet noch einmal diskutiert und die Ergebnisse der vorangegangenen städtebaulichen Workshops verkündet. Nach dem Willen der Unternehmensvertreter sowie eines Expertengremiums - das aus Stadt- und Lokalpolitikern, aber auch aus Architekten und Planern der Stadt bestand - sollen die Entwürfe des Büros "Behnisch Architekten" mit "Adler Olesch Landschaftsarchitekten" den Planungen zugrunde gelegt werden.

Der Entwurf der Architekten sieht für den Neubau bis zu zwölf Geschosse vor, an seiner höchsten Stelle misst das geplante Gebäude 48 Meter Höhe. Damit würde er die Umgebungsbauten um 35 Prozent an Höhe übertreffen, was von den Fachleuten allerdings nicht als problematisch fürs Stadtbild angesehen wird, "da kein Hochhaus im klassischen Sinn vorgeschlagen und so auch nicht wahrgenommen wird", heißt es in der Beschlussvorlage aus dem Planungsreferat. Demnach seien durch die höheren Gebäude auch keine Blickachsen beeinträchtigt. Einzig der Bezirksausschuss Obergiesing-Fasanengarten (BA) habe sich gegen die Höhenentwicklung ausgesprochen.

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Einen Vorteil der Höhenentwicklung sieht das Gremium allerdings darin, dass nun mehr Platz für öffentliches Grün geschaffen werden kann. In der Vergangenheit war der Bürobunker wenig einladend, künftig soll sich ein moderner Bau zum Straßenraum hin öffnen. Durch ein Netz von Wegen wird das Areal weiterhin auch für Menschen, die nicht bei der Versicherungskammer arbeiten, passierbar sein. Darüber hinaus sollen mehrere kleine Grünflächen mit Aufenthaltsmöglichkeiten entstehen, die zum Beispiel auch für Sport oder zur Erholung genutzt werden können. Unter der Erde soll eine Tiefgarage auch für die Bewohner des Viertels zum Anwohnerparken geöffnet werden. "Ein wichtiger Gesichtspunkt, für dessen Umsetzung ich ausdrücklich werbe", so CSU-Stadträtin Heike Kainz.

Bei den Stadträten ist das Bauvorhaben so gut angekommen, dass sie mehrheitlich für die Änderung der Planungsziele stimmten. Wo vorher höchstens neun Geschosse genehmigt werden sollten, dürfen nun zugunsten der gewonnenen Freiflächen an einzelnen Stellen die zwölf Geschosse erreicht werden. "Wir freuen uns, dass der Workshop ein für das Stadtviertel sinnvolles Ergebnis gebracht hat und der Standort ein integrierter bleibt", sagt Christian Müller, Vorsitzender der Stadtratsfraktion SPD/Volt.

Die Versicherungskammer Bayern ist deutschlandweit einer der größten öffentlichen Versicherer. Nach eigenen Angaben ist sie der siebtgrößte Erstversicherer. Bei der Versicherungskammer sind gut 7200 Menschen beschäftigt. Am Konzernsitz in Giesing sowie der früheren Hauptverwaltung im Lehel gibt es mehr als 5000 Arbeitsplätze. Der Giesinger Standort soll wachsen. Allerdings wird dort nun weniger Fläche für neue Arbeitsplätze benötigt als zuvor angenommen. Die Geschossfläche ist von ursprünglich 44 000 Quadratmetern auf 33 700 gesunken. Damit bietet der Neubau trotzdem etwa doppelt so viel Platz wie der alte Bestandsbau. "Um auch in Zukunft erfolgreich arbeiten zu können, werden wir ein hochmodernes Smart-Working-Umfeld mit 1400 bis 1600 Arbeitsplätzen schaffen", sagte Vorstandsvorsitzender Frank Walthes, nachdem das Projekt 2021 im Stadtrat war.

Mehr Arbeitsplätze, neue Probleme

Im Stadtviertel wird befürchtet, dass der Umbau den Druck auf die Kinderbetreuungseinrichtungen erhöhen wird. Der Versorgungsgrad für Kinder zwischen einem und drei Jahren liegt in Obergiesing-Fasanengarten mit 37 Prozent (Stand: September 2022) unter dem stadtweiten Durchschnitt, für Kindergartenkinder liegt er bei 85 Prozent. Daher bitten Lokalpolitiker das Unternehmen, sich am Bau von sozialer Infrastruktur zu beteiligen. Die Stadt selbst kann an dieser Stelle ebenfalls nur den Dialog suchen oder eine Bitte aussprechen - für mehr fehlt die rechtliche Grundlage. Der Planungsausschuss schlägt daher vor, das Planungsreferat solle mit dem Unternehmen ein Konzept für einen anderen Teil des Grundstücks erarbeiten. Dem Referat zufolge sei es angesichts der für Kindertageseinrichtungen geforderten Freiflächen ohnehin schwierig, in den Neubau eine Kita zu integrieren. Die Versicherungskammer habe bereits angekündigt, einen anderen Standort für eine Kita prüfen zu wollen.

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