Tram-Nordtangente:Stadtwerke setzen Baumfällungen für Tramstrecke aus

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So soll es einmal aussehen: An der Fürkhofstraße soll der Raum zwischen den Gleisen begrünt werden, wie eine MVG-Simulation zeigt. (Foto: MVG)

Die notwendigen Genehmigungen liegen - anders als bislang geäußert - noch gar nicht vor. Auch beim Lärmschutzgutachten gibt es Unstimmigkeiten. Im Stadtrat herrscht Verwunderung: Es könne doch nicht sein, "dass 700 Meter Tram so schiefgehen".

Von Sebastian Krass

Neue Unstimmigkeiten um den Bau der Tramstrecke zum S-Bahnhof Johanneskirchen: Die Stadtwerke München (SWM) haben, anders als bisher öffentlich bekundet, doch noch nicht die nötigen Genehmigungen für Baumfällungen auf der Johanneskirchner Straße. Das hat ein Vertreter der SWM am Mittwoch in der Vollversammlung des Stadtrats eingeräumt. Zudem wurde bekannt, dass die Stadtwerke die Genehmigung offenbar bei der falschen Stelle beantragt haben.

Die Unklarkeiten müssen die SWM und ihr Tochterunternehmen Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) nun gemeinsam mit dem Mobilitätsreferenten Georg Dunkel bis zum 18. Oktober ausräumen, dann wird sich der Mobilitätsausschuss erneut mit dem Thema befassen. Es wird auch um einen Fehler im Lärmschutzgutachten gehen, den die MVG bereits eingeräumt hatte. Die bereits geplanten Baumfällungen, die zur Vorbereitung der Baustelle nötig wären, sind vorerst ausgesetzt.

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Öffentlich geworden war das Thema in der vergangenen Woche durch den CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper und den Anwalt Benno Ziegler, der Anwohner der geplanten Tramtrasse an der Freischützstraße vertritt. In dieser Woche nun setzten die eng mit Brannekämper verbundenen CSU-Stadträte Fabian Ewald und Jens Luther das Thema per Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung, um voreilige Fällungen zu stoppen, wie Luther sagte. Die Stadt solle nun erst einmal abwarten, ob von der Regierung von Oberbayern ein Planfeststellungsbeschluss (also die Baugenehmigung) für die Tramtrasse komme.

Es geht in der Diskussion um einen etwa 700 Meter langen Abzweig der bestehenden Tramstrecke von der Cosimastraße bis zum S-Bahnhof Johanneskirchen, der Teil der Tram-Nordtangente werden und als Ausweichmöglichkeit dienen soll, wenn es Probleme auf der S8-Strecke zum Flughafen gibt. Etwa 60 Millionen Euro soll der Bau kosten.

Für die SWM nahm in der Vollversammlung Alex Indra, der Leiter "Großprojekte Mobilität", Stellung, er vertrat den verhinderten MVG-Chef Ingo Wortmann. Indra erläuterte, es gehe derzeit um 34 Bäume "im Mittelkörper" der Straße, man habe eine Fällgenehmigung für acht Bäume, für die übrigen 26 warte man noch auf das Okay vom Referat für Klima- und Umweltschutz. Dazu aber meldete sich Jacqueline Charlier zu Wort, die stellvertretende Leiterin des Planungsreferats. Für Baumfällungen sei grundsätzlich immer noch ihr Haus zuständig, allerdings liege in diesem Falle der Antrag "fälschlicherweise bei uns, das muss von der Regierung von Oberbayern behandelt werden".

"Wir haben keinen Fehler gemacht", sagt der SWM-Vertreter

Indra sprach auch über das Lärmgutachten. Erst seit diesem Mittwochmorgen liege eine Stellungnahme des Verfassers vor. Der mögliche viergleisige Ausbau der S8 sei "aus verschiedenen Gründen nicht berücksichtigt worden", erläuterte Indra. Klar sei aber: "Wir haben keinen Fehler gemacht." Mehr dazu sagen wollte er trotz empörter Nachfragen nicht. "Ein solches Auftreten" sei man "eher von der Deutschen Bahn gewöhnt, nicht von einem städtischen Unternehmen", tadelte Tobias Ruff (ÖDP) daraufhin.

Zur Frage, wie es um die Genehmigung insgesamt stehe, sagte der SWM-Mann Indra: "Aus Sicht der Regierung von Oberbayern steht einem positiven Planfeststellungsbeschluss nichts im Wege." Man hoffe, dass es nun schnell gehe.

FDP-Stadtrat Fritz Roth kritisierte, es sei "blamabel für die Stadt, dass ein destruktiver Geist wie Brannekämper das Thema auf die Agenda heben kann". Brannekämper sei immer nur gegen Projekte, biete nie eigene Lösungsvorschläge. Mit Blick auf das Lärmgutachten und die Baumfällungen sagte Roth, es könne doch nicht sein, "dass 700 Meter Tram so schiefgehen".

Auch Paul Bickelbacher (Grüne) sagte, er wundere sich, "dass da Fehler passiert sind", nun müsse schnell nachgebessert werden. Er äußerte sich ebenso irritiert, dass die CSU, die den öffentlichen Nahverkehr ausbauen wolle, dieses Tramprojekt bekämpfe. Das wiederum nannte Manuel Pretzl, Fraktionschef von CSU/Freien Wählern, "schäbig", die Parteien hätten nun einmal einen "Fokus auf unterschiedliche Projekte". Die CSU ist eher für den Ausbau von U-Bahnen als von Trambahnen.

Dass es auch beim Ausbau des Tramnetzes um grundlegende Konflikte geht, thematisierte Anne Hübner, Fraktionsvorsitzende von SPD/Volt: "Um die Stadt umzugestalten und freundlicher zu machen für Menschen, die mit dem öffentlichen Nahverkehr oder mit dem Rad unterwegs sind, müssen Bäume gefällt werden und Parkplätze wegfallen", erläuterte sie. "Wir müssen das immer abwägen und zu schnellen und guten Entscheidungen kommen."

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