Bauen und Klimaschutz:Plötzlich fehlen zig Millionen Euro

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Für das Bauprojekt in der Karwendelstraße hat die GWG derzeit nach eigenen Angaben noch einen Antrag laufen, der noch nicht bewilligt ist. (Foto: Ingrid Scheffler/GWG)

Wie der Stopp der KfW-Förderung für klimafreundliches Bauen die städtischen Wohnungsgesellschaften in Probleme bringt.

Von Sebastian Krass

Es geht um 24 000 Euro pro Wohnung und um einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr: So viel Geld, das hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG auf Anfrage ausgerechnet, würde fehlen, wenn die Fördermittel für klimafreundliche Bauvorhaben komplett wegfielen. Die Aufregung, die die Bundesregierung mit dem plötzlichen Stopp der Programme vor knapp einer Woche ausgelöst hat, hat also ihren Grund. Denn betroffen sind nicht nur Tausende Menschen, die eine Immobilie bauen oder sanieren wollen und dafür mit der Förderung durch die staatliche KfW-Bank kalkuliert haben, sondern auch große Wohnungsunternehmen, die wie die GWG und ihr Pendant Gewofag den Auftrag haben, möglichst schnell möglichst viel bezahlbaren Wohnraum für Münchnerinnen und Münchner zu schaffen.

Die GWG hat nach eigenen Angaben aktuell bei der KfW-Anträge für zwei Bauvorhaben in der Wiesentfelser Straße 68 (Neuaubing) und an der Plinganser-/Karwendelstraße (Sendling) mit insgesamt 238 Wohnungen und fünf Gewerbeeinheiten laufen, die noch nicht bewilligt sind. Der Förderstopp, den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit der finanziellen Überforderung der KfW durch zu viele Anträge begründete, komme "zur Unzeit", erklärt ein GWG-Sprecher.

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Man sei "folglich sehr gespannt zu erfahren, wie die Alternativprogramme aussehen werden", die Habeck bereits in Aussicht gestellt hat. Die GWG hat für die nächsten fünf Jahre geplant, durchschnittlich 800 Wohnungen pro Jahr fertigzustellen - und dabei mit jenem zweistelligen Millionenbetrag aus dem Förderprogramm für den besonders energieeffizienten KfW40-Standard kalkuliert.

Die Stadt soll helfen, das Bauprogramm wie geplant fortzusetzen

Einen Planungsstopp wird es bei der GWG nicht geben, "mit Unterstützung des Landeshauptstadt München" werde man "das Bauprogramm vorerst aufrecht erhalten", erklärt der GWG-Sprecher, "mittelfristig sind jedoch diese oder andere Förderungen erforderlich". Tatsächlich hat der Stadtrat erst im Januar beschlossen, bis 2030 für das Bauprogramm von GWG und Gewofag 725 Millionen Euro zusätzlich auszugeben. 386 Millionen Euro davon waren allein dafür eingeplant, den KfW40-Standard zu realisieren - ein guter Teil dieses Geldes sollte über Förderung des Bundes zurückfließen. Da noch offen ist, nach welchen Kriterien künftig klimafreundliches Bauen gefördert wird, könnte auch GWG und Gewofag einige Umplanung bevorstehen.

Die Gewofag nennt auf Anfrage keine Zahlen dazu, was der Förderstopp bedeuten würde. Eine Sprecherin schreibt lediglich allgemein, dass die Förderung "einen wesentlichen unverzichtbaren Baustein in der Finanzierung ihrer Neubau- und Modernisierungsprojekte" darstelle. "Wir hoffen sehr", teilt sie mit, dass die Förderung "in wahrscheinlich modifizierter Form bald wieder zur Verfügung steht".

Der Förderstopp wird zum Thema im Rathaus

Auch aus dem Rathaus gab es in den vergangenen Tagen kritische Anmerkungen: SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl warnte auf Twitter, der Wohnungsbau in der Bayernkaserne und in Freiham sei "in Gefahr beziehungsweise verzögert sich, bis ein Nachfolge-Förderprogramm (...) in Kraft ist". Die Fraktion von FDP/Bayernpartei will per Anfrage an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) im Namen der "wohnungssuchenden Münchnerinnen und Münchner" herausfinden, wie sich der Förderstopp auf die Zahl der fertigzustellenden Wohnungen in München in diesem Jahr auswirkt.

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Am Freitag verschickte der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen, ein Zusammenschluss von 490 Mitgliedern aus dem sozialorientierten Wohnungsbau, das Ergebnis einer Umfrage, derzufolge Planungen für etwa 10 000 Wohnungen betroffen seien, die neu gebaut oder saniert werden sollen. Das Investitionsvolumen betrage 2,7 Milliarden Euro, für die 416 Millionen Euro an Fördergeldern fehlen würden, wenn die Situation so bliebe, wie sie gerade ist. "Gerade bei den Sanierungen wird nun häufig aus Kostengründen ein niedriger Energiestandard gewählt werden", warnt Verbandsdirektor Hans Maier.

Drastischer fällt die Wortwahl des BFW Bayern, einer Vereinigung von 230 privaten Immobilienunternehmen, aus. Der vorzeitige Stopp des Förderprogramms, für das die Anmeldefrist eigentlich erst Ende Januar auslaufen sollte, "führt zum Stopp von innovativen und klimafreundlichen Bauprojekten", erklärte BFW-Präsident Andreas Eisele. "Außerdem höhlt es den Glauben an die Rechtsstaatlichkeit aus." Wie es mit der Förderung weitergehen kann, das soll demnächst Thema einer Konferenz das Bauministerinnen und Bauminister von Bund und Ländern werden.

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