Suche nach einem Eigenheim:"Die Leute rennen einem nicht mehr die Tür ein"

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Das Interesse potenzieller Käufer hält sich bei der Immobilienmesse in der Kleinen Olympiahalle in Grenzen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern geht wegen teurer Zinsen und hoher Inflation zurück. Das merken auch die Aussteller auf der Immobilienmesse in der Kleinen Olympiahalle. Wer verkaufen will, hat nur eine Wahl.

Von Anna Hoben

Luka ist neun, Matea sieben und Klara vier Jahre alt. Zu dritt teilen sie sich ein Kinderzimmer, und wenn man sie fragt, was sie sich wünschen, sind sich zumindest die beiden Großen einig: "Ein eigenes Zimmer!" Mit ihren Eltern Andrea und Paul M. wohnen die Kinder in einer Drei-Zimmer-Wohnung in Riem. Auch die Eltern sagen: "Wir brauchen mehr Raum." Deshalb sind sie hier an diesem Sonntagvormittag, bei der Immobilienmesse in der Kleinen Olympiahalle. Ihren Nachnamen will die Familie lieber für sich behalten, so wie andere Familien auch, die sich auf der Messe nach einem neuen Zuhause umschauen.

Auch die Dawonia gehört zu den Ausstellern: Sie hat ehemalige Mietwohnungen der einst staatlichen GBW im Angebot. (Foto: Stephan Rumpf)

Ungefähr 50 Aussteller sind vertreten. Darunter sind große Immobilienunternehmen wie die Baywobau oder die Dawonia, die an ihrem Stand Eigentumswohnungen in Schwabing anpreist. Es sind ehemalige GBW-Mietwohnungen, die der Freistaat vor zehn Jahren verkauft hat - nun sind sie auf dem Kaufmarkt, bei 620 000 Euro für 55 Quadratmeter im Erdgeschoss geht es los. Ein 70-Quadratmeter-Luxus-Penthouse im neu draufgesetzten Dachgeschoss gibt es für 1,3 Millionen Euro. Man kann aber auch weit über den Münchner Tellerrand hinausblicken bei dieser Messe: An einem anderen Stand wirbt eine Firma mit Villen als Kapitalanlage im türkischen Antalya.

Überlaufen ist es nicht, an vielen Ständen stehen mehr Beraterinnen und Verkäufer als potenzielle Immobilienkäufer. Das spiegelt offenbar den Markt wider, die Nachfrage ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Die Preise für Wohnungen und Häuser sind innerhalb eines halben Jahres laut Maklerverband um bis zu zehn Prozent gesunken - eine Folge der Kombination aus steigenden Zinsen bei der Finanzierung, der hohen Inflationsrate und den massiv gestiegenen Kosten für Baumaterial und Energie.

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In den Zeiten von Niedrigzinsen sei es noch möglich gewesen, mit 30 000 Euro pro Jahr eine Immobilie für eine Million Euro zu finanzieren, sagt Makler Christian Moosbauer am Stand von Aigner Immobilien. 2500 Euro im Monat, eine sehr gut verdienende Familie habe das noch stemmen können. Jetzt brauche es bei vier Prozent Zinsen und zwei Prozent Tilgung 5000 Euro im Monat. "Da trennt sich die Spreu vom Weizen", so drückt es Moosbauer aus. "Die Leute rennen einem nicht mehr die Tür ein", schließlich habe sich deren Budget nicht verdoppelt.

Seine Kollegen und er müssten also mit den Preisen runtergehen, "es geht nicht anders". Höchstens drei Monate habe es früher gedauert, bis er eine Immobilie verkauft habe. Jetzt gebe es keinen Auftrag mehr, der in weniger als einem halben Jahr abgeschlossen sei. Die meisten verkaufswilligen Eigentümer, mit denen Moosbauer zu tun hat, würden einsehen, dass sie nicht mehr so viel verlangen können wie noch vor einiger Zeit; nur manche wollten es noch nicht wahrhaben und senkten den Preis nicht. Für solche Inserate allerdings, "da hab' ich nicht mal Anfragen".

Die Preise in München seien eine Katastrophe für Familien, sagt Mutter Andrea, die für sich, ihren Mann und die drei Kinder gerne mehr Platz hätte. (Foto: Stephan Rumpf)

Gesunkene Preise? Familie M. kommt das bei ihrem Rundgang durch die Kleine Olympiahalle nicht unbedingt so vor. Sie vergleichen die Kosten mit denen, die sie aufbringen mussten, als sie vor zwölf Jahren ihre Wohnung kauften. "Unglaublich, wie die Preise gestiegen sind", sagt Andrea M. "Eine Katastrophe für Familien mit Kindern, es ist eigentlich nicht leistbar."

Mieten allerdings kommt für sie auch eher nicht in Frage, "eine Fünf-Zimmer-Wohnung könnten wir uns nicht leisten". Laut dem jüngst neu veröffentlichten Mietspiegel müssen die Münchnerinnen und Münchner 21 Prozent mehr bezahlen als noch vor zwei Jahren. Also sehen sich die M.s weiter nach einer Kaufimmobilie um. Das tun sie schon seit ein paar Jahren, wenn auch bislang "nicht so intensiv", wie Andrea M. sagt. Gerne würden sie in eine Gemeinde im Landkreis ziehen, wo es etwas ländlicher ist und die Kinder mehr Platz zum Spielen haben.

Auch Familie P. trägt sich schon lange mit dem Gedanken, ein Haus zu kaufen. "Weit vor Corona" hätten sie angefangen sich umzuschauen, sagt Mutter Laura, allerdings "nie mit großem Ehrgeiz". Ihr Mann Jochen führt gerade ein Gespräch an einem der Stände, sie schaut derweil, dass die zwei Kinder, fünf und fast zwei Jahre alt, nicht entwischen.

Noch wohnen sie in Schwabing zur Miete, sie könnten sich vorstellen, an den Stadtrand zu ziehen und zu pendeln - oder auch in München etwas zu kaufen. Aber nur, wenn das "Gesamtpaket" stimmt, wie Laura P. sagt. Im Moment seien Immobilien in der Region einfach überteuert. Wenn eine Doppelhaushälfte für 1,5 Millionen Euro angeboten werden, sei sie das "in keinster Weise wert". Und wenn es das stimmige Gesamtpaket nicht gibt? Dann komme schon der Gedanke auf, "ob man überhaupt in München bleibt", sagt ihr Mann.

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