Politik in München:Wie die Zukunft des Grünwalder Stadions aussehen könnte

Lesezeit: 3 min

Rundum geschlossen, damit weniger Lärm nach draußen dringt: So soll das Stadion an der Grünwalder Straße nach der Sanierung aussehen. (Foto: Abbildung: AS+P)

Der Sportausschuss stimmt am Mittwoch über die Sanierung ab. Eine Mehrheit wird sich wohl für die mit 77 Millionen Euro teuerste Variante entscheiden - obwohl nur noch zwei Klubs das Stadion nutzen wollen.

Von Joachim Mölter

Dass der insolvente Fußballklub Türkgücü München gerade seinen Spielbetrieb in der Dritten Liga eingestellt hat, hat auch sein Gutes: Die Anwohner des städtischen Stadions an der Grünwalder Straße haben von sofort an mehr Ruhe. Langfristig könnte die Lärmbelästigung durch Fans sogar noch weiter abnehmen - wenn der Stadtrat den Sanierungsplan für die Arena in dem Umfang befürwortet, der ihm demnächst vermutlich unterbreitet wird.

An diesem Mittwoch befasst sich der Sportausschuss mit einer Vorlage, die vier verschiedene Bauvarianten skizziert. Es zeichnet sich ab, dass eine Mehrheit der Empfehlung der städtischen Experten folgen und der Vollversammlung anschließend die teuerste Lösung vorschlagen wird: die Ertüchtigung des Stadions für rund 77 Millionen Euro. Das ist viel Geld dafür, dass nach dem Rückzug von Türkgücü nur noch zwei Klubs das Stadion nutzen wollen: der Drittligist TSV 1860 und der FC Bayern mit seinem Regionalliga-Team.

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Ein Dach über allen Tribünen dient dem Anwohnerschutz am besten

Die bekämen dann einen zweitligatauglichen Spielplatz. Das Fassungsvermögen soll von 15 000 Zuschauer auf 18 105 erhöht und eine neue, längere Haupttribüne installiert werden, mitsamt VIP-Bereichen. Vor allem sollen alle Besucherplätze überdacht und die Stadionecken geschlossen werden.

"Ein Dach über allen Tribünen dient dem Anwohnerschutz am besten", erklärte Detlev Langer, Abteilungsleiter Hochbau im Baureferat, am Montagabend bei einer digitalen Anhörung den Giesinger Bezirksausschüssen. Wenn außer Fans auch Lautsprecher- und Flutlichtanlagen unterm Dach untergebracht werden, ließen sich Lärm- und Lichtemissionen aufs Stadioninnere eindämmen, so Langer. Das sei der Wunsch vieler Bürger gewesen.

Die für den Sport zuständige Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) bekräftigte bei der Anhörung freilich: "Wir bauen das Stadion nur, wenn wir von den Vereinen eine schriftliche Willensbekundung haben, dass sie auch drin bleiben." In der Sitzungsvorlage ist von einem "klaren Bekenntnis zum langfristigen Spielbetrieb" die Rede als Bedingung für eine Investition; dazu eine "verbindliche Zusage, für Nutzungen des Profisports marktübliche Entgelte (einschließlich der Betriebs- und Nebenkosten) zu bezahlen".

Nachdem die Löwen des TSV 1860 lange gejammert hatten, weil ihnen die Stadionmiete schon jetzt zu hoch ist, haben sie nun Kompromissbereitschaft signalisiert. Damit könnte das bereits seit drei Jahren diskutierte Projekt Fahrt aufnehmen. Die CSU-Fraktion sieht trotz aller Risiken, die der Sport mit sich bringt, jedenfalls keinen Grund, es nicht anzugehen. "Wir haben momentan die einmalige Chance, das Stadion zukunftsfest zu machen", heißt es auf Anfrage: "Uns ist bewusst, dass für eine solche Lösung Geld in die Hand genommen werden muss."

Auch die Linke stünde der teuersten Lösung nicht im Weg, wie ihr Stadtrat Thomas Lechner erklärt: "Wenn man es halbscharig angeht, muss man es nach zehn Jahren eh wieder neu machen. Aber wenn man es einmal richtig macht, hat man die Chance, dass es vierzig Jahre hält." Er sieht das Grünwalder Stadion auch als Symbol des gesellschaftlichen Zusammenhalts, gerade wegen des Engagements der Löwen-Fans gegen rechts: "Wenn man das Stadion auch in diesem Kontext sieht, kann man so viel Geld in die Hand nehmen."

Bloß von den Grünen sind vorsichtige Töne zu hören. "Wir müssen auch haushälterisch denken", sagt Beppo Brem; 77 Millionen Euro seien "schon eine große Hausnummer" in diesen Zeiten. Für die Grünen ist die Zustimmung zur Beschlussvorlage noch keine ausgemachte Sache. Zumal das Stadion vor allem dem TSV 1860 zugutekommt und der erfahrungsgemäß wankelmütig ist.

Vor nicht zu langer Zeit wollte der Investor Hasan Ismaik ein eigenes Stadion bauen; jetzt knausert der Klub bei der Miete. Wie die Stadt unter diesen Umständen eine 77-Millionen-Euro-Investition refinanzieren will, ist ein Rätsel. Selbst wenn das Stadion vierzig Jahre hielte, müsste sie jährlich rund 1,9 Millionen Euro an Einnahmen erwirtschaften.

Eine marktübliche Miete ermöglicht nicht unbedingt auch eine Amortisierung der Kosten

Weil die Vereine wenig zur Refinanzierung beitragen können, wird eine "marktübliche Miete" favorisiert; die orientiert sich daran, was Liga-Konkurrenten zahlen, nicht, was für die Amortisierung nötig ist. Über genaue Zahlen wird am Mittwoch erst im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung diskutiert. Über die Mietfrage "muss letztlich der Stadtrat entscheiden", sagt Bürgermeisterin Dietl. Wenn diese Hürde genommen ist, kann konkret geplant werden.

Ob der Kostenplan noch aktuell ist bei Baubeginn? Im Stadion an der Grünwalder Straße wird kein Bauarbeiter vor Sommer 2026 anrücken. Dann erst ist das Olympiastadion renoviert, das die Stadt als einzige Ausweichstätte für die Kicker anbieten kann.

Es sind also noch Fragen offen, nur eines stellte Jürgen Sonneck, der Leiter des Sportamtes, am Montagabend schon klar: "Durch die Ertüchtigung wird das Stadion zweitligatauglich. Die erste Bundesliga ist dort unrealistisch." Da kann auch die Löwen-affine Sport-Bürgermeisterin Verena Dietl nicht helfen. "Falls 1860 in die Bundesliga aufsteigt", sagte sie, "haben wir ein ganz anderes Thema".

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