Galeria Karstadt Kaufhof in München:Politik will um Arbeitsplätze kämpfen

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Ein großes Haus mit auffallend heller Fassade in einer äußerst attraktiven Lage: das Kaufhaus der Gruppe am Stachus. (Foto: Markus Fischer/Imago)

Dieter Reiter kündigt Gespräche mit dem Generalbevollmächtigten der Kette an, die Grünen wollen Eigentümer René Benko in die Pflicht nehmen.

Von Heiner Effern, München

Mit einer Mischung aus Niedergeschlagenheit, Krisenmanagement und Kritik sowie Sorge um den Einzelhandel in der Innenstadt reagiert die Kommunalpolitik auf die angekündigte Schließung von wohl vier Häusern der Galeria Karstadt Kaufhof-Kette in München. Er sei "sehr betroffen", teilte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mit. "Vielen Menschen droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes." Das will der OB nicht einfach hinnehmen und kündigte ein "zeitnahes Gespräch" mit dem Generalbevollmächtigten der Gruppe Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) an. Es müsse jetzt darum gehen, "möglichst viele Arbeitsplätze in München zu erhalten", sagte auch die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden von den Grünen.

Darin ist sich die Stadtspitze einig. Reiter will in seinem Gespräch ausloten, "inwieweit die Stadt unterstützen kann, um die angekündigten Schließungen und damit verbundenen Kündigungen vielleicht doch noch abwenden zu können", erklärte er. Dahinter steckt wohl auch die Hoffnung, an wenigstens einem Standort durch Verhandlungen mit den Gebäude-Eigentümern ein Absenken der Miete und damit einen rentablen Weiterbetrieb der Filiale zu erreichen. Die Grünen wollen aber auch noch einen Schritt weitergehen, die Planungshoheit der Stadt als Pfand nutzen und den GKK-Eigentümer René Benko in die Pflicht nehmen. "Was die künftige Nutzung der von Schließung betroffenen Immobilien anbelangt, müssen wir als Stadt klare Vorgaben machen", forderte Habenschaden.

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Der Eigentümer von GKK, der österreichische Unternehmer Benko und seine Signa Gruppe, ist in der Stadtpolitik bestens bekannt. Dem Investor aus Tirol gehören die Kaufhäuser der GKK am Marienplatz, der Oberpollinger, Karstadt Sports, Sport Scheck, der Kaufhof am Stachus und der gesamte frühere Hertie-Riegel zwischen Stachus und Hauptbahnhof.

Dazu hat Benko auch die Alte Akademie für 65 Jahre auf Erbpacht übernommen, dort soll die Entwicklung nach langem Gezerre um die Planung nun losgehen. Nun aber steht das Streichprogramm bei Galeria Karstadt Kaufhof im Vordergrund. Der Konzern will die Häuser am Nordbad und am Stachus, eines der beiden am Olympia-Einkaufszentrum und wohl auch Karstadt-Sport in der Fußgängerzone schließen. Das sei für die Mitarbeiter "dramatisch", sagte Christian Vorländer, Fraktionsvize der SPD. Doch er fürchtet, dass es für die Beschäftigten im Einzelhandel noch schlimmer kommen könnte.

Die Einschnitte bei GKK könnten "ein Vorbote dessen sein, was an Folgen der Corona-Pandemie noch bevorsteht", sagte Vorländer. Gespräche mit betroffenen Unternehmen seien wichtig, man müsse sich aber auch über die begrenzten Einflussmöglichkeiten der Kommunalpolitik im Klaren sein: "Man darf die Erfolgsaussichten nicht überbewerten."

Auch die CSU spricht sich für einen intensiven Dialog mit Benko und den Verantwortlichen bei GKK aus. Ein solch "solventer Eigentümer" müsse alles dafür tun, um Mitarbeiter zu halten, sagte Fraktionsvize Hans Theiss. Er fürchtet wie die SPD, dass weitere kleine und größere Einzelhändler wegen Corona in Schwierigkeiten geraten könnten. Es gelte aber stets auch genau hinzuschauen, ob Corona nicht als Vorwand diene, schon vorhandene Pläne für einen Stellenabbau umzusetzen.

Die Fraktion von ÖDP und Freien Wählern bedauert, dass neben den Arbeitsplätzen auch große Kaufhäuser wegfielen, die als Gegenpol von Versandriesen wie Amazon eine wichtige soziale und ökologische Aufgabe hätten. Alle vier böten noch eine persönliche Beratung an und seien mit dem öffentlichen Nahverkehr gut erreichbar. Da könne man mit "besserem Gewissen" einkaufen als etwa bei Amazon, wo Mitarbeiter unter unwürdigen Verhältnissen arbeiten müssten und der Lieferverkehr und der Verpackungsmüll die Umwelt belaste, sagt Fraktionschef Ruff. Es gehe nun darum, die Innenstadt attraktiv zu halten, vor allem mit von Inhabern geführten Geschäften.

Auch die Linken fürchten, dass die GKK-Streichpläne erst der Anfang der Krise sind. Das Einkaufsverhalten der Menschen habe sich verändert, sagt Fraktionschef Stefan Jagel. Der Stadtrat müsse überlegen, "wie wir die Innenstadt vor einem Ausverkauf retten".

© SZ vom 23.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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