Im klassizistischen Ensemble des Königsplatzes waren am Donnerstagnachmittag ungewohnte Töne zu hören: Zwischen Glyptothek und Antikensammlung bebte der Boden, vor den Propyläen zappelten Menschen zum Takt eines aus großen Lautsprechern wummernden Bass. Auf backsteindicken Sohlen und in überweiten Schlaghosen tanzten sie an gegen die sogenannten "Stillen Tage" wie den Karfreitag, an denen in Bayern alle Unterhaltungsveranstaltungen verboten sind, die nicht dem ernsten Charakter dieser Zeit entsprechen.
Unter dem Motto "Holy shit - let us dance" (zu Deutsch etwa: "Heilige Scheiße, lasst uns tanzen") hatte ein vom Münchner Ravestreamradio angeführtes Bündnis aus der Techno- und Rave-Szene zu der Kundgebung aufgerufen. Ziel ist die Aufhebung des Tanzverbots, wie verschiedene Redner betonten, die zwischen der Musik zu Wort kamen.
Die aus Rücksicht auf die christlichen Kirchen erlassenen Gesetze seien "aus der Zeit gefallen", sagte zum Beispiel Lucas, der als Gründer von "Techno ist bunt" vorgestellt wurde: "Feiertage sind zum Feiern da." Für die Anhänger von Techno und Rave sei diese Musikrichtung "mehr als Tanzen und Feiern", betonte er, nämlich ein Kulturgut. Und das an 365 Tagen im Jahr pflegen zu dürfen, forderten die zunächst rund 250 Demonstranten auf dem Königsplatz ein.
Einige hatten ihr Glaubensbekenntnis auf ein Schild gemalt: "Techno, my religion. Amen". Bei anderen war zu lesen: "Kruzefix - let's dance." Oder: "Subwoofer statt Orgel." Die Kritik richtete sich in erster Linie gegen die staatliche Bevorzugung der christlichen Kirchen, nach deren Vorstellungen sich auch Anders- oder Nichtgläubige zu richten hätten.
Nach der Kundgebung auf dem Königsplatz wurde an anderen Orten weitergetanzt. Die Techno- und Rave-Szene hatte sich in diesem Jahr ja ein Recht auf Tanzveranstaltungen an den stillen Tagen erkämpft, 47 Clubs haben über die Feiertage geöffnet. Zentrale Anlaufstelle war die Nachtgalerie in der Landsberger Straße, kurz: Naga. Dort waren in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag wie zuvor auf dem Königsplatz immer wieder Redebeiträge eingeplant, "darauf legen wir Wert", erklärte der Versammlungsleiter Alexander Ruf als Vertreter von Ravestreamradio: "Wir wollen nicht nur Party machen." Sondern die Tanzwilligen auch für das übergeordnete Anliegen sensibilisieren.