Liveticker zur "Lichtermeer"-Demo in München:Etwa 100 000 Menschen protestieren gegen Rechtsextremismus

Zehntausende demonstrieren auf der Theresienwiese gegen Rechtsextremismus. (Foto: AYHAN UYANIK/REUTERS)

München setzt ein beeindruckendes Zeichen gegen Hass und Hetze. Die Teilnehmerzahlen schwanken je nach Quelle - die Veranstalter sprechen sogar von 300 000 Demonstranten. Die "Lichtermeer"-Kundgebung in der Nachlese.

Alle Entwicklungen im Liveblog:

Wichtige Updates

Polizei korrigiert eigene Teilnehmerzahl deutlich nach oben

Rednerin Düzen Tekkal: „Holen wir uns das Land zurück!“ 

Veranstalter spricht von 300 000 Demonstranten

Polizei: Sicherlich 25 000 Demonstranten - und es kommen noch mehr

Die Kundgebung beginnt

Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Die zweite große Demonstration gegen Hass binnen drei Wochen in München

Willkommen zum Liveticker! An diesem Sonntagabend findet eine "Lichtermeer"-Kundgebung in München statt, in Anlehnung an die berühmte "Lichterkette" von 1992, bei der 400 000 Menschen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt haben. Zu der Kundgebung, die um 18 Uhr auf der Theresienwiese beginnt, sind laut Polizei 30 000 Menschen angemeldet. Wie die Veranstaltung abläuft, darüber halten wir Sie hier auf dem Laufenden!
Katja Schnitzler
Katja Schnitzler

Wer das "Lichtermeer" veranstaltet

Für die Organisation der Demonstration für Demokratie auf der Theresienwiese hat sich "Fridays for Future" mit dem Lichterkette-Verein, "Bellevue di Monaco", "München ist bunt" und "Morgen e.V.", dem Netzwerk Münchner Migrantenorganisationen, zusammengetan. Sie werden nach ihren Angaben zudem von mehr als 90 Gruppen und Institutionen unterstützt, darunter die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Gewerkschaftsbund, das jüdische Museum, die Jusos, Linksjugend und Grüne Jugend, der Kreisjugendring, die Kammerspiele, das Stadtmuseum, das NS-Dokuzentrum, Refugio, Pax Christi, Diakonie sowie der Behindertenverband. 

Mit der Aktion sollen möglichst viele Menschen in München und der Region angesprochen werden: "Mit dem Lichtermeer wollen wir als breite Gesellschaft zusammenkommen und Debatten anstoßen. Wir alle müssen uns fragen, was unsere Rolle im Einsatz für Demokratie ist", so die Veranstalter in einer Mitteilung. Das Lichtermeer soll der Auftakt sein für weitere Aktionen in ganz Bayern in den kommenden Wochen und Monaten.
Katja Schnitzler
Katja Schnitzler

Was soll das "Lichtermeer" von der "Demo gegen rechts" am Siegestor unterscheiden?

Es soll die zweite große Versammlung in München im Zuge der bundesweiten Protestwelle gegen die AfD werden. Ausgelöst wurde diese durch Recherchen von Correctiv und Greenpeace über ein Treffen von Rechtsextremen und AfD-Politikern in Potsdam, bei dem die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland besprochen wurde.

Die Demonstration vor drei Wochen am Siegestor, zu der je nach Zählung zwischen 100 000 und 320 000 Menschen kamen, hatte sich "gemeinsam gegen rechts" gerichtet. Dies führte dazu, dass von der Bühne aus nicht allein die AfD, sondern auch die Ampel- und Unions-Parteien scharf kritisiert wurden, was wiederum Unmut bei vielen Teilnehmenden hervorrief. Dieses Mal fokussieren sich die Veranstalter eindeutig auf den Kampf gegen Rechtsextremismus und die AfD. Damit wollen sie offenbar bewusst die breite demokratische Mitte der Gesellschaft ansprechen. 

Am Sonntag solle es auf der Bühne nur wenige Reden geben, dafür viel Musik, sagt Luc Ouali, Sprecher des Organisations-Teams und aktiv bei „Fridays for Future“. 
Der Andrang war zu groß, sodass die Demo am 21. Januar abgebrochen werden musste.
Der Andrang war zu groß, sodass die Demo am 21. Januar abgebrochen werden musste. Foto: Florian Peljak
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Eisenreich kritisiert erneut "Fridays for Future"

Und auch dieses Mal gibt es im Vorhinein wieder Kritik an einem der Veranstalter, genauer gesagt äußert sich wieder Bayerns Justizminister Georg Eisenreich negativ über "Fridays for Future". Der Grund ist der gleiche wie vor drei Wochen, wie Eisenreich in einem Statement an die SZ schreibt: "'Fridays for Future' versucht, CSU und CDU aus Kalkül in eine rechte Ecke zu schieben und spaltet damit die Solidarität der Demokraten im Kampf gegen den Rechtsextremismus. (...) Erst vor wenigen Tagen hat Luisa Neubauer in einem BR-Interview versucht, die Union in diffamierender Weise in die Nähe der AfD zu rücken. Das ist für mich inakzeptabel."

Dass es dieses Mal klar „für Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und Hetze“ gehe, begrüße er. Deshalb wäre er gern auch am Abend dabeigewesen, er sei aber verhindert, teilt Eisenreich mit.
Sieht konservative Positionen als "rechts" diffamiert: CSU-Minister Georg Eisenreich.
Sieht konservative Positionen als "rechts" diffamiert: CSU-Minister Georg Eisenreich. Foto: imago
Katja Schnitzler
Katja Schnitzler

"Lichtermeer" - aber bitte ohne echte Kerzen

München soll wieder leuchten als Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus und für die Demokratie. Allerdings sollen im Gegensatz zur Lichterkette vor drei Jahrzehnten möglichst keine echten Kerzen mit zur Versammlung auf der Theresienwiese gebracht werden. Hier stehen die Menschen dicht an dicht statt wie damals in langen Reihen in den Straßen. Daher rufen die Veranstalter wegen des Brandschutzes dazu auf, statt offener Kerzen lieber Lichtquellen aller Art mitzubringen.
Leuchten ohne Flammen: Demonstrierende halten bei der Kundgebung "Frankfurt steht auf für Demokratie" am 5. Februar unzählige Lichter in die Höhe.
Leuchten ohne Flammen: Demonstrierende halten bei der Kundgebung "Frankfurt steht auf für Demokratie" am 5. Februar unzählige Lichter in die Höhe. . Foto: Lando Hass/dpa
Katja Schnitzler
Katja Schnitzler

Ein großes Zeichen gegen Rechtsradikale - und doch ganz anders als die Münchner Lichterkette drei Jahrzehnte zuvor

Bereits vor drei Wochen setzten Münchnerinnen und Münchner ein Zeichen mit der Massen-Demo am Siegestor - was diese von der Lichterkette 1992 unterschied, hat SZ-Redakteur Detlef Esslinger beleuchtet:
Kathrin Aldenhoff
Kathrin Aldenhoff

Tausende treten schon am Samstag für die Demokratie ein

Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in Fürstenfeldbruck und Germering für die Demokratie und gegen die AfD demonstriert. Bei Einbruch der Dunkelheit leuchteten die Teilnehmer auf der Amperwiese beim Kloster Fürstenfeldbruck mit Taschenlampen und Handys nach oben. Zuvor hatten sie den Schriftzug: "Nie wieder", gebildet.
Ana Maria März
Ana Maria März

"Wir leben in einem tollen Land, uns geht es gut"

Einige Münchnerinnen und Münchner wären gerne beim "Lichtermeer" dabei, schaffen es aber am Sonntag aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zur Theresienwiese. Auch der Sterne- und Fernsehkoch Ali Güngörmüş hätte gerne mitdemonstriert, kann aber aus beruflichen Gründen nicht. Er hat sich vor der Demo geäußert:

"Ich finde, das Bild, das Deutschland momentan von sich gibt, ist erschreckend. Ich dachte, wir wären schon viel weiter. Ich habe vergangenes Jahr in den USA gesehen, wie gespalten die Gesellschaft dort ist. Diese Entwicklung befürchte ich auch bei uns. Als ich von den Plänen zur 'Remigration' gelesen habe, war ich geschockt. Auf der anderen Seite hat mich das motiviert, etwas dagegen zu machen. Wir leben in einem tollen Land, uns geht es gut. Es ist nicht so, dass wir hier erschreckende Szenarien hätten. Aber es wird von der AfD so dargestellt, als würde unser Wohlstand bald verloren gehen. Das ist Angstmacherei. Dagegen müssen wir etwas tun. Mein Vater hat immer zu mir gesagt: Die Geschichte wiederholt sich. Das habe ich ihm nicht geglaubt, aber wenn ich die aktuellen Debatten höre und von Angriffen gegen Menschen erfahre, habe ich Angst. Deshalb ist es wichtig, dass wir Demokraten aufstehen, Gesicht zeigen und auch mal auf eine Demonstration gehen. Wir sind immer noch die Mehrheit."
"Wir sind immer noch in der Mehrheit", sagt Ali Güngörmüş
"Wir sind immer noch in der Mehrheit", sagt Ali Güngörmüş . Foto: Catherina Hess
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Unternehmen begehren gegen AfD und Fremdenfeindlichkeit auf

In ganz Deutschland äußern sich immer mehr Firmen und Verbände zu den aktuellen Protesten und warnen davor, dass die AfD die Demokratie und den Wohlstand im Land gefährdet. Auch der Münchner Autohersteller BMW macht in einem Statement an die SZ klar, dass Freiheit, Respekt und Toleranz die "Eckpfeiler unseres Zusammenlebens" sind und "Vielfalt das Fundament ist, auf dem der Erfolg der BMW Group basiert". Bei BMW arbeiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus mehr als 110 Nationen zusammen. "Die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen sind komplex. Es gibt keine einfachen Antworten und Lösungen, wie es Extremisten und Populisten den Bürgerinnen und Bürgern weismachen wollen."

Siemens-Geschäftsführer Roland Busch hat angekündigt, beim "Lichtermeer" am Abend dabei zu sein. “Ich möchte ganz klar sagen: Extremismus jeder Art schadet diesem Land. Wohlstand gründet sich auf Fortschritt und Innovation, auf Austausch und Offenheit, Vielfalt und Verlässlichkeit – und vor allem auf kreative und engagierte Menschen. Und dazu gehören natürlich auch Menschen, die nach Deutschland kommen und sich und ihre Fähigkeiten einbringen wollen.“ 

Und auch Stadtwerke-Chef Florian Bieberbach äußert sich deutlich im Namen seines Unternehmens: "Für die Stadtwerke München kann ich klar sagen: Wir haben als Unternehmen bereits eine Diktatur erlebt – das möchten wir nie wieder durchmachen. Und: Gut 11 000 Beschäftigte bei den SWM aus rund 90 Nationen halten München jeden Tag am Laufen. Ihre Ausgrenzung werden wir nicht tolerieren.“ 
Katja Schnitzler
Katja Schnitzler

Nach einer Stunde ist wieder Schluss

Die Dauer des "Lichtermeers" ist kurz, zumindest der offizielle Teil: Dieser soll etwa nach einer Stunde zu Ende sein. Beginn ist um 18 Uhr, die Polizei rechnet mit 30 000 Teilnehmern.
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

"Keiner soll bei uns Angst haben müssen. Nie wieder"

Eine, die am Abend auch gerne auf der Theresienwiese demonstriert hätte, aber verhindert ist, ist die Fernsehmoderatorin Carolin „Caro“ Matzko. "Ich glaube, dass viele von uns immer noch nicht wirklich realisiert haben, was für ein ungeheuerliches Glück und Privileg es ist, dass wir hier in Bayern in Sicherheit und in Frieden leben. Dass die meisten von uns ein Dach über dem Kopf, eine finanzielle Grundsicherung und gesellschaftliche Teilhabe genießen können", sagt sie. 

Dazu gehörten auch freie Wahlen und eine freie Meinungsäußerung. "Und trotzdem gibt es in diesem unserem gelobten Freistaat Menschen, die sich bedroht und verfolgt fühlen, weil sie anders aussehen oder an anderen Tagen Kerzen anzünden oder in einer anderen Sprache beten. Und diesen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern müssen wir zeigen, dass sie nicht Angst haben müssen, wenn sie allein im Dunklen nach Hause gehen. Wir machen gemeinsam das Licht an und rücken zusammen. Ihr seid nicht allein. Wir sind nicht allein. Keiner soll bei uns Angst haben müssen. Nie wieder."
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

So kommen Sie zur Theresienwiese

Ein kleiner Service-Tweet für alle unsere Leserinnen und Leser, die aus dem Umland nach München kommen und sich nicht ganz sicher sind, wie sie zur Demo kommen. Ganz wichtig: Sie wollen zur Theresienwiese, also dahin, wo im September wieder das Oktoberfest beginnt, und nicht zur U-Bahnstation Theresienstraße

Direkt an der Theresienwiese halten die U4 und U5. Fußläufig sind auch folgende Haltestellen gut erreichbar: 
  • Mit der S-Bahn: Hauptbahnhof und Hackerbrücke, etwas weiter entfernt Donnersbergerbrücke und Heimeranplatz
  • Mit der U-Bahn: Schwanthalerhöhe (U4/U5), Poccistraße und Goetheplatz (U3/U6)
  • Mit der Tram: Haltestelle Hermann-Lingg-Straße (Tram 18 und 19)
  • Mit dem Bus: Haltestelle Theresienhöhe (Bus 134), Haltestelle Schwanthalerhöhe (Bus 53 zum Beispiel ab Harras oder Rotkreuzplatz), Haltestelle Hans-Fischer-Straße (Bus 62 zum Beispiel ab Heimeranplatz, Hirschgarten oder Sendlinger Tor) oder Haltestelle Georg-Hirth-Platz (Ringlinie 58 zum Beispiel ab Kolumbusplatz)
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Vereint im Kampf gegen Rechtsextremismus

Es wird ein beeindruckender Querschnitt der Münchner Stadtgesellschaft sein, der sich am Abend auf der Theresienwiese versammeln wird. Vom Siemens-CEO zum Mietaktivisten, vom München-Klinik-Geschäftsführer bis zum Clubbetreiber, von der Dragqueen bis zum evangelischen Landesbischof: Sie alle wollen ein Zeichen setzen gegen Hass, Intoleranz und Ausgrenzung und für ein friedliches Miteinander. Sie habe bei dem Gedanken an die Veranstaltung schon jetzt Gänsehaut, sagt etwa Kabarettistin Luise Kinseher, und Gastronom Michael Käfer ist sich sicher: "Wenn man die Lichter sieht, dann bekommt man sicher wieder Hoffnung."

Was andere bekannte Münchnerinnen und Münchner am Abend auf die Theresienwiese treibt, lesen Sie hier:
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Soundcheck auf der Theresienwiese

Eine Stunde vor Versammlungsbeginn ist es noch recht ruhig, schreibt mein Kollege Joachim Mölter. Die Bühne ist in der Mitte der Theresienwiese aufgebaut, die Organisationen checken den Sound. Polizeiwagen und Sanitätsdienste sind schon vorgefahren, ansonsten scheinen eher Spaziergänger über die Theresienwiese zu flanieren als Demo-Teilnehmer. Die Polizei rechnete noch am Mittag mit 30 000. Der Wetter-Gott, so es denn einen gibt, meint es offenbar gut mit den Versammlungsteilnehmern: Pünktlich zum Abend hat es aufgehört zu regnen.
Ihre Botschaft "München ist bunt" trägt eine Demonstrantin sogar auf ihren Hosenbeinen.
Ihre Botschaft "München ist bunt" trägt eine Demonstrantin sogar auf ihren Hosenbeinen. Foto: Jana Kreutzer
Joachim Mölter

Langsam kommen mehr Menschen

Noch eine gute halbe Stunde: Die ersten Zuschauer haben sich auf den kalten Sockelstufen der Bavaria niedergelassen. Von dort erhoffen sie sich den besten Blick auf das Lichtermeer. Jetzt muss es nur noch dunkel werden – und die Menschenmasse kommen. Bislang tröpfeln die Leute eher langsam, aber immerhin stetig.
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